Abschaffung der 22-Euro-Schwelle und ATLAS-IMPOST

Importsendungen mit einem Wert bis zu 150 Euro sind zollfrei. Bis zu einem Wert von 22 Euro sind sie zusätzlich von der Einfuhrumsatzsteuer befreit und werden daher regelmäßig zollrechtlich nur konkludent angemeldet. Diese Freigrenze entfällt am 1. Juli 2021. Was bedeutet das für Unternehmen?

Warum schafft die EU die EUSt-Befreiung ab?

Durch den E-Commerce steigt der Import dieser so genannten Kleinsendungen seit Jahren massiv an. Dabei geben ausländische Exporteure zum Teil bewusst fiktive niedrige Werte an. Das führt durch die Masse der Sendungen zu einer Benachteiligung inländischer Anbieter, für die es keine Mehrwertsteuer-Befreiung gibt. Außerdem entgehen dem Fiskus beträchtliche Einnahmen. Deswegen wurde im EU-Mehrwertsteuerdigitalpaket festgeschrieben, dass die 22-Euro-Schwelle zum 1. Juli 2021 entfallen und Einfuhrumsatzsteuer ab dem ersten Euro fällig wird. Außerdem sollen die Inhalte der Kleinsendungen besser kontrolliert werden: Erfüllen die Waren die in der EU vorgeschriebenen Normen und Standards tatsächlich?

Warum Importanmeldungen für Kleinsendungen Pflicht werden

Die Folge: um die Einfuhrumsatzsteuer korrekt berechnen zu können, sind ab diesem Zeitpunkt für Millionen von Kleinsendungen Zollanmeldungen abzugeben. Die Regelung trifft Unternehmen, weil sie deutlich mehr Einfuhrsendungen als bisher werden anmelden müssen, auch für Muster- und Dokumentensendungen. Erschwerend kommt hinzu, dass durch den Brexit ebenfalls Zollanmeldungen nötig geworden sind. Wirtschaft wie Zollverwaltung benötigen für diese zusätzlichen Zollformalitäten Kapazitäten.

Wie erfolgt die Zollanmeldung?

Die Abgabe elektronischer Einfuhrzollanmeldungen wird für alle Waren Pflicht. Entweder wird eine Einfuhrzollanmeldung mit dem kompletten Datensatz abgegeben oder für Waren bis 150 Euro, die weder Verbrauchsteuern noch sogenannten Verboten und Beschränkungen bei der Einfuhr unterliegen, kann eine vereinfachte Zollanmeldung gemäßt Artikel 143a UZK-DA vorgelegt werden (ATLAS-Info 0182/21). Diese zusätzliche Möglichkeit einer „kleinen Zollanmeldung” sieht einen reduzierten Datensatz, den „super reduced data set” vor. Statt der 11-stelligen Zolltarifnummer, die sonst bei Importanmeldungen erforderlich ist, genügt hierbei die Angabe des 6-Stellers. Der Zoll führt wegen des zu erwartenden signifikanten Mehraufkommens an Zollanmeldungen ein neues webbasiertes ATLAS-IT-Modul ein: ATLAS-IMPOST. Dieses ist nur für Sendungen bis 150 Euro nutzbar und wird ab Januar 2022 zur Verfügung stehen. Der Zoll informiert im Internet ausführlich über ATLAS-IMPOST und über das Thema E-Commerce ab 1. Juli 2021.

Einfuhrumsatzsteuer: Steuerportal IOSS

Im Anschluss an die Zollanmeldung gibt es für die Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer im Massenverfahren zwei Varianten:  den EU-weit anwendbaren Import-One-Stop-Shop und für Waren, die nur der deutschen Einfuhrumsatzsteuer unterliegen, ein sogenanntes special arrangement.  Auf dem EU-weit anwendbaren Import One Stop Shop (IOSS) beim Bundeszentralamt für Steuern können sich insbesondere drittländische Verkäufer oder in deren Auftrag handelnde, in der EU ansässige Vertreter steuerlich registrieren. Die Importanmeldung wird mit der IOSS-Registrierung verknüpft. Voraussetzung: Es muss sich um private Endkunden handeln. Die Umsatzsteuer wird dann zum Zeitpunkt des Verkaufs direkt an den EU-Käufer berechnet und der zuständigen Finanzbehörde des jeweiligen Mitgliedsstaates erklärt.

Unabhängig von der Ansässigkeit können auch Plattformbetreiber und inländische Unternehmen, die unmittelbar Waren aus dem Drittland in die EU einführen und hier verkaufen, den IOSS nutzen. In Deutschland erfolgt die IOSS-Registrierung auf elektronischem Weg über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).

Das BZSt informiert ausführlich über den IOSS.

Bei vielen Sendungen gibt es die Möglichkeit eines sogenannten “special arrangement”, hier ist eine monatliche Sammelmeldung über das Hauptzollamt zum 10. des Folgemonats möglich, getrennt nach zugestellten, nicht zugestellten und nicht zustellbaren Sendungen. Zielgruppe hier sind primär Post- und Kurierdienste.

Übergangsregelung für Importanmeldungen

Das zur Abwicklung von Kleinsendungen bis 150 Euro vorgesehene neue IT-System ATLAS-IMPOST wird nicht fristgerecht zum 1. Juli 2021 zur Verfügung stehen. Die Generalzolldirektion (GZD) geht derzeit von einer Inbetriebnahme am 15. Januar 2022 aus. Zur Überbrückung ist eine Übergangsregelung geplant. Der Zoll bittet Unternehmen, die ein hohes Aufkommen an nun neu zu erfassenden Sendungen – insbesondere bis 22 Euro – erwarten, diese außerhalb der der Standard-IT-Anwendung ATLAS-Zollbehandlung (ATLAS ZB) abzuwickeln. Hierzu sollen Unternehmen die Daten der Sendungen in Form von so genannten Manifesten (Excel-Listen) bündeln und an die Zollverwaltung übermitteln. Auf Basis der so erhobenen Daten erstelllt die Verwaltung einen zusammengefassten Abgabenbescheid. Die GZD bittet diejenigen Unternehmen, die ein sehr hohes tägliches Importvolumen von 3000 und mehr  Sendungen bis 22 Euro haben oder ab dem 1. Juli 2021 erwarten, um zeitnahe Kontaktaufnahme per E-Mail an DVA2.gzd(at)zoll.bund.de

Die wichtigsten Fakten in Kürze

Die Generalzolldirektion fasst die anstehenden Änderungen für Unternehmen in einem Schreiben Informationen zum eCommerce ab dem 1. Juli 2021 (Stand Mai 2021) zusammen.

Fazit: Was ist zu tun?

Unternehmen sollten prüfen, welcher zusätzliche Aufwand entsteht: Wieviele Sendungen erwarten Sie zusätzlich? Wie fertigen Sie heute die bisher zollfreien Sendungen bis 150 Euro und die bisher EUSt-freien Sendungen bis 22 Euro ab? Wollen Sie bis ATLAS-IMPOST bereit steht, zusätzlich normale EInfuhranmledungen mit vollem Datenkranz abgeben, obwohl die Daten je nach Unternehmen oft nicht vorhanden sind? Ein Großteil der Anmeldungen wird über Kurier-, Express- und Postdienste erfolgen – mithin der häufigste Zustellweg. Es liegt daher nahe, dass diese Dienstleister künftig auch für die Kleinsendungen die Zollabfertigung anbieten, zumindest bis ATLAS-IMPOST einsetzbar ist.

Um den KEP-Dienstleistern korrekte Anmeldungen zu ermöglichen, sind korrekte Daten und Werte auf den Handelspapieren unerlässlich. Unternehmen sollten daher auf ihre Lieferanten im Ausland zugehen, von denen sie häufig Kleinsendungen erhalten, und an diese appellieren, korrekte und vollständige Werte anzugeben.

Anke Hauser

Anke Hauser

International und internationale Fachkräfte
IHK-Zentrale
Position: Projektmanagerin Zoll und internationaler Warenverkehr
Schwerpunkte: Carnet ATA, Ursprungszeugnisse, Bescheinigungen, Formulare, Export- und Importabwicklung
Telefon: 07121 201-215
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Sina Gollmer

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