Produkte für kleine und große Kinder sind die Renner unter den Weihnachtsgeschenken. WNA hat sich bei einem Modellbauhersteller und zwei Spielwarenläden umgehört, wie die Geschäfte laufen.

Aero-Naut GmbH & Co. KGSieht fast aus wie echt – und fliegt auch: ein Flugzeugmodell der Reutlinger Aero-Naut GmbH. Foto: PR

„Mit der Inflation 1922 hat alles angefangen – hoffentlich endet’s nicht mit ihr.“ Es schwingt eine Prise Skepsis mit, wenn Thorsten Rechthaler über die mittlerweile 101-jährige Geschichte seiner Firma spricht. Er führt die Reutlinger Aero-Naut GmbH & Co. KG, die unter dem Namen Eggenweiler Modellbau gegründet wurde, in vierter Generation. Das Traditionsunternehmen ist einer der größten Hersteller von Bausätzen für ferngesteuerte Schiffs- und Flugzeugmodelle in Europa. „Wir liefern weltweit, von Tokio bis Buenos Aires“, sagt Rechthaler. „Wir sind mit unseren Eigenentwicklungen bei Innovationen vorne mit dabei und bieten echtes ‚made in Germany‘ in hervorragender Produktqualität.“

Dennoch setzt die Konkurrenz aus Asien das Unternehmen seit einigen Jahren unter Druck. „Zuerst nur im Preis, zunehmend bei der Qualität“, so Rechthaler. In einem entscheidenden Punkt sieht er seine Firma jedoch klar im Vorteil. „Wir bekommen täglich stapelweise E-Mails mit Ersatzteil-Anforderungen. Selbst für Modelle aus den 1950ern können wir diese noch liefern“, berichtet der technische Kaufmann, der 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. „Diese Nachhaltigkeit hebt uns ab und stärkt unseren guten Ruf.“

Spagat zwischen Retro und Hightech
Die Modellbausätze schaffen den Spagat zwischen Retro und High-tech. Sie reichen von der originalgetreuen Unicorn-Fregatte bis hin zum Segelflugzeug mit vier Metern Spannweite. So mancher Modell-begeisterte Mittfünfziger hat schon in der Grundschule mit Eggenweiler-Bausätzen den Zusammenhang von Handwerklichem, Material und Technik erforscht – und ist der Firma bis heute treu geblieben.

Blick in den Spielzeugladen Hits für KidsMarcus Koch, Geschäftsführer der Hits für Kids Spielwarenmarkt GmbH. Foto: PR

Dies macht jedoch zugleich deutlich, was eine der größten Herausforderungen für das Unternehmen ist: Die Kundschaft wird immer älter und nur wenige junge Kunden wachsen nach. „Die Jugend hat viele andere Interessen. Da sind handwerkliche Hobbys leider nicht mehr so im Fokus wie es früher einmal war“, sagt Rechthaler. Verluste hat Aero-Naut in diesem Jahr trotzdem nicht eingefahren. „Im Moment stehen wir international auf einer soliden Basis. Nicht überall gibt es Inflation.“

Stationärer Handel schlägt Online
Was auf den Wunschzetteln der Kinder in diesem Jahr ganz oben steht, das weiß Marcus Koch, der Geschäftsführer der Hits für Kids Spielwarenmarkt GmbH. Die Renner in seinen Geschäften in Riederich und Metzingen sind Pokémon-Karten sowie Produkte rund um Barbie, Super Mario und Paw Patrol. Aber auch die Klassiker sind gefragt: Lego, Playmobil, Fischertechnik, Brettspiele, Puppen und Plüschtiere, Saisonartikel, Experimentierbaukästen. Gleichzeitig gehe der Trend hin zu klimaneutral hergestellten Produkten und  Bio-Spielzeug, berichtet Koch, der auch ein kleines Sortiment mit Spielwaren aus der Ukraine anbietet.

„Die stationären Geschäfte nach zeitgemäßem Muster funktionieren bestens“, sagt er. Seinen Laden in Riederich gibt es seit zehn Jahren. Mehr als 10.000 Artikel sind auf 600 Quadratmetern zu finden. Das zweite, 120 Quadratmeter große Geschäft in der Metzinger Outletcity hat er erst vor Kurzem eröffnet. Weitere Expansionspläne sind nicht ausgeschlossen. Vom Weihnachtsgeschäft erwartet Marcus Koch dennoch nicht übertrieben viel. Seit Corona und Ukraine-Krieg würden die Kunden pro Kopf und Einkauf rund zehn Prozent weniger ausgeben als früher. „Es gilt durchzuhalten, bis die Kauflust wieder steigt.“ Erstmals hat Koch in diesem Jahr einen sechsseitigen Weihnachtsflyer mit Preishits im Lagerverkauf drucken lassen. Vom Onlinehandel lässt der Kaufmann inzwischen die Finger: „Es gibt die eine große Händlerplattform, auf der man gegen Provision verkaufen kann. Rechnet man alle Kosten gegen, bleibt aber gerade mal eine Gewinnspanne von 10 Prozent.“

Der Preis von Holzspielzeug, das in Werkstätten von Menschen mit Behinderung gefertigt wird, hat sich in fünf Jahren verdoppelt

Georg Holtfreter, Inhaber des Tübinger Spielzeugladens FroschgasseGeorg Holtfreter, Inhaber des Tübinger Spielzeugladens Froschgasse. Foto: PR

Konkurrenz durch Discountangebote
Georg Holtfreter vom Spielzeugladen Froschgasse in Tübingen hat sein kleines Geschäft über die Jahre immer weiter ausgebaut. Mainstream? „Gibt’s hier nicht“, betont der Spielwarenhändler und Gitarrenbauer, der je nach Saison zwei bis drei Angestellte beschäftigt. Sein Angebot umfasst nachhaltig-nostalgisches, pädagogisches und „begreifliches“ Spielzeug, auch für Kleinkinder. Spezialgebiete sind Brett- und Boulespiele, Holzspiel- und Kinderwerkzeug, Drachen, Papo-Figuren, Handspielpuppen Blechspielzeug, Baukästen zum Experimentieren und sinnvollen Lernen – sowie unzählige Artikel rund um Zirkus und Jonglage.

Der Laden hat viele Stammkunden, vor allem junge Familien, lebt aber auch von Innenstadt-Touristen. Die großen Herausforderungen sieht Holtfreter in der Konkurrenz durch Discountangebote, vor allem im Internet. „Bei den Bezugsquellen hat sich ebenfalls viel verändert“, erklärt er. „Der Preis von Holzspielzeug, das in Werkstätten von Menschen mit Behinderung gefertigt wird, hat sich in fünf Jahren verdoppelt.“ Ein Lieferant lässt inzwischen in China nach deutschen Standards produzieren. Für günstige Artikel wie Murmeln lohnt sich der Import finanziell nicht mehr. Glück im Unglück: Georg Holtfreter ist Eigentümer der Ladenräumlichkeiten. Müsste er Miete zahlen, wäre seine Altstadt-Perle während der Corona-Zeit unrentabel geworden. /

(Dieser Artikel erschien in der WNA Ausgabe 12/2023+1/2024.)