Recht kurz, bitte!

Vergütung von Praktika

Fachanwältinnen und -anwälte aus der Region beantworten an dieser Stelle Fragen zum Arbeitsrecht. Diesmal beantwortet Stephanie Thelen, Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeitsrecht bei der Reutlinger SLP Anwaltskanzlei GmbH, die Frage: Bin ich als Arbeitgeber verpflichtet, Praktika zu vergüten?

Vergütung von PraktikaFoto: Tania Kitura / Shutterstock.com

Bei der Beantwortung dieser Frage kommt es aufs Detail an: Nach § 22 Abs. 1 des Mindestlohngesetzes (MiLoG) gelten Praktikantinnen und Praktikanten als Arbeitnehmer, weshalb sie einen Anspruch auf den Mindestlohn haben.

Das gilt jedoch nicht für alle Praktikumsformen: Ob ein Anspruch auf eine angemessene Vergütung nach §§ 26, 17 Abs. 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) besteht, ist gesondert zu beurteilen. Dies ist nicht der Fall, wenn das Praktikum nicht Bestandteil einer Universitäts- oder (Fach-)Hochschulausbildung – also ein sogenanntes Pflichtpraktikum – ist.

Mindestlohnanspruch oder nicht?  
Analog dazu besteht kein Mindestlohnanspruch bei Praktika, die aufgrund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung, im Rahmen eines dualen Studiengangs oder einer Ausbildung an einer Berufsakademie (Pflichtpraktikum) geleistet werden.

Dient das Praktikum der beruflichen Orientierung oder ist es Voraussetzung für die Aufnahme eines Studiums und dauert es nicht länger als drei Monate, besteht für Arbeitgeber zwar keine Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns, aber gegebenenfalls dennoch zur angemessenen Vergütung. Gleiches gilt, wenn ein Praktikum begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung erfolgt und zuvor kein Praktikumsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestanden hat. Praktika mit einer Dauer von über drei Monaten sind ab dem ersten Tag mindestlohnpflichtig.

Soweit Praktika als Einstiegsqualifizierung nach § 54 a des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch oder zur Berufsausbildungsvorbereitung nach § 68 des Berufsbildungsgesetzes absolviert werden, besteht wiederum kein Mindestlohnanspruch.

Da das Mindestlohngesetz nicht regelt, wie ein Pflichtpraktikum nachzuweisen ist, sollten Arbeitgeber im Vorfeld eine Bescheinigung der (Hoch-)Schule oder die einschlägige Ausbildungs- oder Studienordnung einfordern. /

Autorin: Stephanie Thelen, Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeitsrecht bei der Reutlinger SLP Anwaltskanzlei GmbH

(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 2+3/2024.)

Dr. Jens Jasper

Dr. Jens Jasper

Recht und Steuern,
IHK-Zentrale
Position: Bereichsleiter
Schwerpunkte: Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht, außergerichtliche Streitbeilegung, Sachverständigenwesen, Steuern, IHK-Gremium Kreis Tübingen: Geschäftsführung, Koordination Hoheitliche Aufgaben
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