IHK analysiert Stärken und Schwächen von Neckar-Alb
Region ist gut aufgestellt
Gute Nachrichten verzeichnet die neue IHK-Studie beim Themenfeld Innovationen. Seit Mitte der 1990er Jahre sind die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in der Region um 465 Prozent gestiegen. Neckar-Alb liegt damit im Landesvergleich auf Rang 3. Jüngste Investitionen, wie von Cellforce, Bosch oder rund um das Cyber-Valley, die in dieser Statistik noch nicht berücksichtigt sind, werden diesen Wert noch einmal deutlich nach oben schieben. Zusammen mit einem hohen Anteil von Studierenden an der Gesamtbevölkerung sind aus Sicht der IHK sehr gute Grundlagen für den Innovationstandort gelegt, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Epp. „Kapital und Köpfe sind zwei zentrale Voraussetzungen für Innovationen. Wir sind gut unterwegs und müssen jetzt vor allem darauf achten, dass wir unsere Innovationskraft auch in die Umsetzung und den Markt bekommen.“ Beim Innovationsindex belegt die Region derzeit Rang sieben. Die neuen Cluster IT & KI sowie Biotechnologie werden in den kommenden Jahren helfen, „die Position der Region weiter zu verbessern“, so Epp.
Globale Zusammenarbeit ausbauen
Bei der Internationalisierung hat die Region in den letzten Jahren deutlich zugelegt. Das zeigt vor allem die regionale Exportquote. Sie liegt aktuell bei 55,7 Prozent und damit im Vergleich zu 2002 um 14 Prozentpunkte höher. Ende 2021 wurden 10,8 Milliarden Euro an Waren und Dienstleistungen aus dem produzierenden Gewerbe ins Ausland geliefert. Das ist landesweit Platz vier. Zum Vergleich: Noch 2002 lag das Volumen bei 4,3 Milliarden Euro, also bei 40 Prozent des heutigen Auslandsumsatzes.
Dabei hat Neckar-Alb bei der Internationalisierung noch etwas Luft nach oben. Beim Auslandsumsatz pro Kopf sind die 15.271 Euro der Region im landesweiten Vergleich noch unter dem Durchschnitt von 17.563 Euro. Für den IHK-Hauptgeschäftsführer lässt dieser Befund nur eine Schlussfolgerung zu: „Wir brauchen mehr grenzüberschreitende und auch weltweite Zusammenarbeit und nicht weniger. Unser Erfolg und unserer Wohlstand sind untrennbar mit der arbeitsteiligen Wirtschaft verbunden und die funktioniert global“, so Wolfgang Epp.
Herausforderung Arbeitsmarkt
Sorgen bereitet der IHK insgesamt das Feld Demografie und Arbeitsmarkt. Erfreulich ist die über viele Jahre niedrige Arbeitslosenquote von 3,7 Prozent (2021). Es herrscht damit faktisch Vollbeschäftigung. Tatsächlich zeigt die weitere Analyse jedoch, dass das in der Region vorhandene Arbeitskräfteangebot noch nicht gänzlich ausgeschöpft wird.
In Neckar-Alb sind 383 von 1.000 Einwohnerinnen und Einwohnern tatsächlich sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Der Schnitt liegt in Baden-Württemberg bei 426. „Angesichts des enormen Fachkräftemangels ist der Arbeitsmarkt ein Feld, auf dem wir weiter aktiv werden müssen“, mahnt Epp.
Die IHK forciert seit geraumer Zeit die Themen Aus- und Weiterbildung und engagiert sich bei der Integration von Geflüchteten sowie der Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland. Weiter muss es gelingen, mehr Studierende nach ihrem Abschluss in der Region zu halten, derzeit bleiben nur 22 Prozent der Absolventinnen und Absolventen, und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie auszubauen. Aktuell haben 30 Prozent der unter 3-Jährigen einen Kitaplatz. „Mit mehr Angebot kommen Mütter und Väter sicher schneller zurück ins Berufsleben. Die verlässliche Betreuung bleibt für Eltern ein entscheidender Faktor“, so Dr. Wolfgang Epp.
Etwas unterdurchschnittlich entwickelt sich derzeit die Bevölkerungsentwicklung. Seit 2010 wächst die Region zwar um 2,2 Prozent. Im Landesvergleich (3,1 Prozent) ist das aber unter dem Durchschnitt. Epp: „Demografie und Fachkräfteentwicklung gehen Hand in Hand. Wir müssen daher auf vielen Wegen versuchen, gut ausgebildete Menschen für uns zu gewinnen.“ Die IHK plädiert für eine weiter vereinfachte Zuwanderung und dafür, Menschen, die schon hier und qualifiziert sind, zu halten – etwa Geflüchtete oder auch Studierende aus anderen Staaten. Allein letztere machen 13 Prozent aller Studierenden in der Region aus.
Flächen fehlen
Defizite macht die IHK weiter bei den Standortfaktoren aus. Bei der Breitbandversorgung kommt die Region kaum flächendeckend auf 50 Mbit/s – wobei dieser Wert schon längst für zahlreiche Anwendungen nicht mehr ausreicht. Beim Mobilfunk ist mit 5G DSS (Dynamic Spectrum Sharing) immerhin größtenteils die Vorstufe zu 5G erreicht. Es gibt jedoch noch viele 4G- und 2G-Flecken.
Auch für neue Betriebe oder solche, die wachsen wollen, fehlt es laut Umfragen regelmäßig an den nötigen Flächen. Dabei liegt die Region mit einem Flächenanteil für Gewerbe von 1,9 Prozent im Landesvergleich auf einen Mittelfeldplatz. „Für neues Wachstum brauchen wir Innovationen und Flächen. Wir haben immer noch Platz, ohne dass wir uns gleich zubauen, wie manche befürchten.“ Ähnliches gilt für den Standortfaktor Wohnen.
Hintergrund
Die Stärken-Schwächen-Untersuchung analysiert die Region anhand von mehr als 20 Faktoren und das im Vergleich zum Land und den anderen Regionen in Baden-Württemberg. Sie knüpft damit an die zuletzt 2016 durchgeführte Prognos-Studie für die Region an. Die Stärken-Schwächen-Analyse ist bei der IHK auf Anfrage zu erhalten.