Viertes Bürokratieentlastungsgesetz

Da geht noch mehr

Das Bundeskabinett hat im März den Regierungsentwurf für ein Viertes Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) beschlossen, mit dem u. a. Aufbewahrungsfristen verkürzt und umsatzsteuerliche Pflichten erleichtert werden sollen.

Da geht noch mehrFoto: H-J Paulsen - Fotolia.com

Das Bundeskabinett hat am 13. März 2024 den Regierungsentwurf eines BEG IV beschlossen. Mit dem BEG IV will die Bundesregierung „unnötige“ Bürokratie abbauen. Diese Entlastung ist auch dringend notwendig, da die jährliche Belastung der Wirtschaft durch Bürokratie nach Schätzungen des Normenkontrollrates (NKR) bereits bei 65 Milliarden Euro liegt.

Damit ist das Ausmaß an Bürokratie zu einem innovations- und wachs­tumshemmenden Standortfaktor geworden. Angesichts noch anstehender Vorhaben, wie der euro­päischen Lieferkettenrichtlinie, der EU-Taxonomie und der Nachhaltigkeitsberichtspflichten für Unter­nehmen zur Umsetzung des EU-Green-Deals, droht diese Belastung weiter anzusteigen.

Positiv ist, dass im Vergleich zum ersten Entwurf des Gesetzes die Entlastung von ursprünglich 682 Millionen Euro noch einmal auf 944 Millionen Euro erhöht wurde.

Das sind die Maßnahmen:

Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht 
Die Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege wird von 10 auf 8 Jahre verkürzt. Im Einzelnen betrifft dies Änderungen des Handelsgesetzbuchs (HGB; Artikel 1 Nummer 2) und der Abgabenordnung (AO; Artikel 3 (alle Verweise auf Artikel ohne Bezeichnung beziehen sich auf das BEG IV-E)) sowie die Ände­rung des Umsatzsteuergesetzes. Die Verkürzung der Frist leistet mit einer Reduktion des Erfüllungs­aufwands für die Wirtschaft in Höhe von jährlich rund 626 Millionen Euro einen wesentlichen Beitrag zur Entlastungswirkung des BEG IV-E.

Abschaffung der Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige
Mit Änderungen im Bundesmeldegesetz und in der Beherbergungsmeldedatenverordnung wird für deutsche Staatsangehörige die Meldepflicht bei touristischen Übernachtungen abgeschafft. Die Abschaffung der Hotelmeldepflicht führt zu einer erheblichen Entlastung der Beherbergungs­wirtschaft von rund 62 Millionen Euro Erfüllungsaufwand.

Zentrale Vollmachtsdatenbank der Steuerberaterinnen und Steuer­berater
Entlastungen in Höhe von 202 Millionen Euro soll es durch die Einrichtung einer zentrale Vollmachtsdatenbank der Steuerberaterinnen und Steuer­berater geben. So sollen Arbeitgeber ihren Steuerberatern nicht mehr zahlreiche schriftliche Vollmachten für die jeweiligen Träger der sozialen Sicherung ausstel­len müssen. Genügen soll eine Generalvollmacht, die in der Vollmachtsdatenbank elektronisch eingetragen und von allen Trägern der sozialen Sicherung abgerufen werden kann.

Weitere Maßnahmen
In einer Reihe von Gesetzen werden Schriftformerfordernisse herabgestuft oder abgeschafft. Die Schriftform verlangt die eigenhändige Unterschrift auf Papier und verursacht somit Medienbrüche in digitalisierten Prozessen. Der Entwurf senkt Formerfordernisse mit Änderungen im BGB, beispiels­weise das Schriftformerfordernis für Gewerberaum-Mietverträge. Weitere Erleichterungen im Hin­blick auf Formerfordernisse betreffen das Vereinsrecht und das Schuldrecht. Auch im Wirtschafts­recht und in verschiedenen berufsrechtlichen Bestimmungen werden Schriftformerfordernisse herab­gestuft. Insgesamt sollen 19 Gesetze geändert werden.

Durch die Änderung des Investmentsteuergesetzes wird ein unbeabsichtigt entstandener Zusatz­aufwand bei der Veranlagung von Spezial-Investmentfonds korrigiert und ein ähnlicher Rechtszu­stand wie vor dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz hergestellt.

Durch Änderung des Einkommensteuergesetzes (EStG; Artikel 31) wird die Geltungsdauer von Frei­stellungsbescheinigungen bei der Kapitalertragsteuer und beim Steuerabzug bei beschränkt Steu­erpflichtigen gemäß §50a EStG von drei auf fünf Jahre verlängert. Hierdurch wird sowohl der Ver­waltungsaufwand für die Beantragung von Freistellungsbescheinigungen bei Steuerpflichtigen wie der Steuerverwaltung reduziert.

Mit der Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch werden Stichprobenprüfungen von Ein­künften aus Kapitalvermögen bei der Grundrente abgeschafft. Die Annahmen, dass diese Stichpro­ben erforderlich seien, haben sich nicht bestätigt.

Die Änderungen im Siebten Buch Sozialgesetzbuch und die Folgeänderungen in der Unfallver­sicherungs-Anzeigeverordnung schaffen einen vereinfachten, einheitlichen Meldeweg für Ver­sicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung (Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten).

Zudem wurden zahlreiche Projekte zur Verwaltungsvereinfachung und zum weiteren Abbau von Informationspflichten vereinbart, wie zum Beispiel:

  • Im Umsatzsteuergesetz werden die Schwellenwerte angehoben, ab der eine Umsatzsteuer-Voran­meldung abzugeben ist. Die Anzahl der abzugebenden Erklärungen wird so deutlich reduziert. Ebenfalls ist im Entwurf die Anhebung der Bagatellgrenze bei der Differenzbesteuerung in § 25a Absatz 4 UStG enthalten. Hierdurch können Entlastungen bei der Ermittlung der umsatzsteuer­rechtlichen Bemessungsgrundlage erzielt werden.
  • Durch die Einführung der Möglichkeit der angemessenen Verkürzung der Äußerungsfrist im Rah­men der Umweltverträglichkeitsprüfung (Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung) wird die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung in Zulassungsverfahren mit Umweltverträglichkeits­prüfung, in denen aufgrund von Änderungen des Vorhabens eine erneute Beteiligung der Öffent­lichkeit erforderlich ist, beschleunigt.
  • Durch eine Ergänzung der BNotO wird klargestellt, dass Notare, die Erklärungen im Zusammen­hang mit einer Unternehmensgründung beurkunden oder beglaubigen, befugt sind, für die Betei­ligten Anzeigen zu erstatten, Mitteilungen vorzunehmen und Anträge zu stellen, die im Zusam­menhang mit der Gründung stehen.

Die DIHK wird weiterhin Vorschläge für einen noch umfangreicheren Abbau von Bürokratie und für noch mehr Tempo bei Verwaltungsvorgängen einbringen.

Zwei Beispiele:

  • Bei den Steuerverfahren ließen sich noch viele Dinge vereinfachen, etwa bei den vielen kleinen Betrieben, die eine „Einnahme-Überschuss-Rechnung“ erstellen. Dieses Verfahren könnte man noch deutlich vereinfachen. Oder bei der Abschreibung von „Geringwertigen Wirtschafts­gütern“. Auch hier könnte man mutiger sein und die Grenze deutlich anheben (derzeit 800 Euro; im Wachstumschancengesetz auf 1.000 Euro vorgeschlagen – das wurde aber wieder gestrichen, weil es angeblich zu hohe Steuermindereinnahmen zur Folge hat).
  • Die umfassenden Registrierungspflichten im Verpackungsregister (LUCID) sollten beseitigt werden, indem die ursprüngliche Regelung zur Registrierungspflicht wiederhergestellt wird. Damit würden enorme Belastungen in der gesamten Wertschöpfungskette abgebaut.

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Dr. Jens Jasper

Dr. Jens Jasper

Recht und Steuern,
IHK-Zentrale
Position: Bereichsleiter
Schwerpunkte: Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht, außergerichtliche Streitbeilegung, Sachverständigenwesen, Steuern, IHK-Gremium Kreis Tübingen: Geschäftsführung, Koordination Hoheitliche Aufgaben
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