IHK-Stellungnahme zum PFAS-Verbotsvorschlag

Einfach nicht ersetzbar

Die Europäische Union plant das Verbot von 10.000 chemischen Substanzen. Die regionale Wirtschaft sieht das pauschale Verbot mit großer Sorge und wendet sich mit einer umfassenden Stellungnahme an Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und Umweltministerin Thekla Walker.

Einfach nicht ersetzbar

Es geht um einen Vorschlag der Europäischen Chemikalienagentur ECHA aus Februar 2023. Sie schlug vor, auf einen Schlag rund 10.000 per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, kurz PFAS, zu verbieten – sowohl die Herstellung wie den Import und die Verwendung. Der Vorschlag wurde von Behörden aus Deutschland, Dänemark, den Niederlanden, Norwegen und Schweden eingebracht. Der Grund für den Vorschlag: Einige PFAS sind potenziell gefährlich für Mensch und Umwelt.

„Ein Verbot mit der Rasenmäher-Methode hätte massive Folgen für Unternehmen wie Kunden. PFAS kommen in vielen Produkten vor – in der Medizin, PV-Anlagen, Brennstoffzellen, Kochgeschirr oder Outdoor-Bekleidung. Es gibt in den allermeisten Fällen gar keinen Ersatz. Deswegen darf nicht pauschal verboten werden, sondern muss der Gesetzgeber genauer hinschauen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Epp. Die Stellungnahme der IHK wurde im Rahmen eines Runden Tisches zusammen mit zehn Unternehmen aus der Region erstellt, die unmittelbar betroffen wären. Sie stammen aus Automotive, Medizintechnik, Energietechnik, industriellem Prozessequipment und Textilindustrie und nutzen PFAS unter anderem für Medizinprodukte, Oberflächenbeschichtungen, Wasserbehandlung oder Lebensmittelverarbeitung.

Mit der Stellungnahme an die beiden Ministerinnen sowie die regionalen Abgeordneten aus Europa, Bund und Land und zahlreiche Expertinnen und Experten aus Europäischer Kommission sowie Bundes- und Landesministerien spricht sich die IHK Reutlingen für eine Prüfung im Detail aus. Stoffgruppen, die unproblematisch sind, müssen weiter erlaubt sein. In anderen Fällen sind angemessene Übergangsfristen nötig, um Alternativen zu finden. Dazu kommt: Ein Verbot in Europa könnte dazu führen, dass die Produktionen von PFAS künftig in anderen Teilen der Welt stattfinden. „Der vorliegende Vorschlag führt insgesamt ins Dilemma. Wir haben ambitionierte Klimaziele, aber die Technologie dafür soll teilweise verboten werden. Ein Grund mehr, ein mögliches Verbot von Substanzen sehr genau zu prüfen“, so Epp.

Sieben wesentliche Forderungen lauten:

PFAS differenzieren: Ausnahmeregelung für Fluorpolymere ermöglichen
Der Beschränkungsvorschlag bezieht sich auf die gesamte Stoffgruppe. Eine differenzierte Betrachtung und Bewertung ist aber erforderlich. Fluorpolymere, die von der OECD als Polymers of Low Concern (PLCs) eingestuft sind, sollten von dem Verbot ausgenommen werden, so zum Beispiel Polytetrafluorethylen (PTFE) oder Polyvinylidenfluorid PVDF).

Verbot gegenüber gesellschaftlichem Nutzen abwägen
Das Verbot muss gegenüber dem gesellschaftlichen Nutzen der Anwendungen, etwa in den Bereichen Patientenversorgung, Zukunftsbranchen und Klimaschutz, abgewogen werden.

Ausnahmeregelungen für kontrollierte Entsorgung ermöglichen
Unternehmen, die PFAS-Stoffe in verschiedenen Anwendungen etwa Patientenversorgung, Zukunftsbranchen und Klimaschutz kontrolliert anwenden und sich für eine umweltschonende Entsorgung einsetzen, sollte die Verwendung weiterhin erlaubt werden.

Ausnahmeregelungen ganzheitlich bedenken und angemessene Übergangsfristen gewährleisten
Da es gegenwärtig und auch mittelfristig in der Forschung keine Alternativen gibt, sollten Ausnahmeregelungen geschaffen werden und angemessene Übergangsfristen eingeräumt werden.

Standortsicherung: Wirtschaftlichkeit und internationale Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten
- Verbot hat Auswirkungen auf Produktion von PFAS, Verlagerung ins Ausland, vor allem Asien
- Neben der PFAS-Herstellung hat das Verbot auch Folgen für den Import von PFAS, da sich das Verbot auch auf den Import bezieht und für diesen Konzentrationsgrenzen festgelegt sind
- Auch die Verarbeitungsqualitäten werden darunter leiden

Klimaschutz stärken
PFAS-Verbot steht im Widerspruch zu den Klimazielen des Green Deal, da für innovative Energietechnologien wie PV-Module, Windenergieanlagen, Brennstoffzellen, Wasserstoffanwendungen und Computer-Chips Fluorpolymere benötigt werden.

Forschungsaktivitäten zu Alternativen stärken und subventionieren
Alternativen müssen schnell gefunden werden.

Die Stellungnahme zum Download

Dr. Elisabeth Musch

Dr. Elisabeth Musch

Innovation und Umwelt
IHK-Zentrale
Position: Projektmanagerin Green Deal
Schwerpunkte: Institut für Nachhaltiges Wirtschaften (INaWi), Green Deal, Nachhaltigkeit, Fördermittel Umwelt/Energie, IHK-Netzwerk Umwelt, Enterprise Europe Network, Verpackungsgesetz, REACH
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