Wann geht das Gehirn den Bach runter?

IHK-Vizepräsident Robin Morgenstern (l.) eröffnete den IHK-Ausbildertag mit Prof. Volker Busch. Foto: Trinkhaus

Doch wie kommt der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie zu seiner These? Kurz gesagt geht es um unser Gehirn und die Frage, wie es auf Dauer gut funktioniert. Was man schon lange weiß: Der Mensch verliert jeden Tag Nervenzellen. Was noch nicht so lang bekannt ist: Unser Gehirn kann immer wieder neue Nervenzellen entwickeln. Aber nur dann, wenn es neue Fähigkeiten erlernen muss, so Busch.

Es braucht also Impulse, um das Zellwachstum anzuheizen. Das kann ein neuer Sport sein, eine neue Sprache – oder eben auch Herausforderungen in der Arbeitswelt. Busch: „Es geht ja im Beruf oft um den Change. Aber was macht der mit uns? Natürlich ist Change anstrengend und mühsam. Aber er ist für unser Gehirn wertvoll, weil er die geistige Leistung herausfordert.“

Renteneintritt ist nur kurzes Glück
Wenn der Mensch diese Stimulanz nicht mehr bekommt, „gehen wir kognitiv den Bach runter“, sagte Volker Busch vor den über 250 Ausbilderinnen und Ausbilder in der voll besetzten IHK-Akademie Reutlingen. Der Renteneintritt sei nur ein kurzfristiger Glückszustand. Dieser halte kaum neun Monate und sei mit der Phase des frisch Verliebtseins vergleichbar. Doch wir brauchen auf Dauer eine sinnvolle Aufgabe und die könne nicht nur in Konsum und Dauerstreamen liegen. Hirnschwund im Alter ist laut Prof. Busch neben bestimmten Krankheiten vor allem auf Einsamkeit, Bewegungsmangel und vor allem auf fehlende Lernimpulse zurückzuführen.

Zeit für den Revolutionstag
Sein Rat zum Abschluss: ab und zu einen Revolutionstag durchführen, an dem man 24 Stunden alles anders macht als sonst. Das fördert das Gehirn, weil es sich umstellen muss, und der Kopf seine erlernten Trampelpfade verlassen muss. „Wir werden es alle nicht schaffen, unser eng getaktetes Leben auf Dauer umzustellen. Aber an einem Tag völlig Neues auszuprobieren, das kann jede und jeder schaffen.“ IHK-Vizepräsident Robin Morgenstern, der den Ausbildertag eröffnete und durch die Diskussion führte, hob in seinem Schlusswort noch einen weiteren, sehr praktischen Aspekt von Impulsen fürs Gehirn hervor: Mitmachen im Ehrenamt bei der IHK oder Teilnehmer/in in einem IHK-Netzwerk werden. Das weitet den Horizont, sorgt für neue Ideen – beides gut für den Kopf.

Zur Person
Prof. Dr. med. Volker Busch ist Facharzt für Neurologie sowie Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg. Busch hält außerdem Vorträge zu Themen von Geist und Gehirn und taucht in die Welt der Neurowissenschaft und Psychologie ein. Im Sommer 2022 verlieh ihm die Rhetorik-Akademie Tübingen die Auszeichnung als „Speaker des Jahres 2021“.