Vermietung von Betriebsvorrichtungen

Steuerfrei oder nicht?

Ist die Vermietung von Betriebsvorrichtung immer steuerpflichtig? Muss ein einheitliches Entgelt für die (steuerfreie) Vermietung eines Grundstücks und die (steuerpflichtige) Vermietung der Betriebsvorrichtung stets aufgeteilt werden? Oder ist im Fall einer einheitlichen Leistung das Aufteilungsgebot des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nicht anwendbar? Der EuGH hat sich jüngst zu dieser Fragestellung geäußert.

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kommt in seiner Entscheidung vom 4. Mai 2023 in der Rs. C-516/21 (Finanzamt X) zu dem Ergebnis, dass die Beurteilung einer einheitlichen Leistung Vorrang vor dem Aufteilungsgebot nach Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c) MwStSystRL (entspricht § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) hat. Wird die Vermietung von Betriebsvorrichtungen als Nebenleistung zur Gebäudeverpachtung eingestuft, findet das Aufteilungsgebot keine Anwendung und die Vermietung kann insgesamt der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG unterliegen.

Prüfung durch BFH abzuwarten
Im Entscheidungsfall scheint der EuGH zwar von einer einheitlichen Leistung auszugehen; letztlich obliegt aber dem Bundesfinanzhof (BFH) die abschließende Prüfung, ob es sich im vorgelegten Fall tatsächlich um Haupt- und Nebenleistungen handelt, die eine einheitliche Leistung bilden. Die Auffassung, dass die Vermietung und Verpachtung von Betriebsvorrichtungen auch dann als steuerpflichtig anzusehen sind, wenn sie wesentlicher Bestandteil des Gebäudes sind, dürfte nach der Entscheidung des EuGH allerdings nicht mehr uneingeschränkt aufrechterhalten werden können.

Auswirkung auf weitere Aufteilungsfälle möglich
Gespannt sein darf man, wie sich die Entscheidung des EuGH auf weitere beim BFH anhängige Verfahren auswirken wird. Auch bei Beherbergungsumsätzen enthält das Gesetz ein Aufteilungsgebot. Entsprechend § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG muss zwischen Leistungen, die unmittelbar der Vermietung dienen und solchen, die hierfür nicht unmittelbar erforderlich sind (zum Beispiel Frühstück) unterschieden werden. Der BFH hatte bereits ernstliche Zweifel an diesem Aufteilungsgebot geäußert und das entsprechende Verfahren mit Blick auf die nun vorliegende EuGH-Entscheidung ausgesetzt. Der Folgeentscheidung des BFH kann damit weitreichende Wirkung zukommen.

Hintergrund
Die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und Gebäuden ist grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG). Hingegen ist die Vermietung und Verpachtung sogenannter Betriebsvorrichtungen gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtig. Unter Betriebsvorrichtungen sind Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art zu verstehen, die zu einer Betriebsanlage gehören und in einer so engen Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbebetrieb stehen, dass dieser unmittelbar mit ihnen betrieben wird.

Bei der Vermietung eines Grundstücks beziehungsweise Gebäudes inklusive Betriebsvorrichtungen stellt sich die grundsätzliche Frage, ob entsprechend dem Aufteilungsgebot stets eine Aufteilung zu erfolgen hat. Wird hingegen eine einheitliche steuerfreie Vermietungsleistung angenommen, bei der die Überlassung der Betriebsvorrichtungen als Nebenleistung der Vermietung angesehen wird, würde diese „das umsatzsteuerliche Schicksal“ der steuerfreien Vermietungsleistung teilen.

Vorlagefall
In dem deutschen Vorlagefall hatte der Kläger die Verpachtung eines Stallgebäudes zur Putenzucht als steuerfreien Umsatz nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG erklärt. Das einheitliche Entgelt umfasste auch die Überlassung spezieller Fütterungsvorrichtungen sowie besonderer Heizungs-, Lüftungs- und Beleuchtungsanlagen. Diese auf Dauer in das Gebäude eingebauten Vorrichtungen und Maschinen dienten der konkreten Nutzung als Putenaufzuchtstall. Mit Hinweis auf das Aufteilungsgebots (§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) teilte das Finanzamt das einheitliche Entgelt auf und unterwarf den aus seiner Sicht auf die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen entfallenden Teil der Umsatzsteuer.

Der EuGH geht im Ausgangsverfahren davon aus, dass es sich um die Verpachtung eines Zuchtstalls und der in diesem Gebäude auf Dauer eingebauten Anlagen handelt, die speziell an diese Zucht angepasst sind, wobei der Pachtvertrag zwischen denselben Parteien geschlossen ist und ein einheitliches Entgelt vorliegt. Gleichzeitig betont der EuGH, dass dem vorlegenden BFH die Prüfung obliegt, ob diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellen. Sofern dies der Fall ist, hat die Einheitlichkeit der Leistung Vorrang vor dem Aufteilungsgebot.

Dr. Jens Jasper

Dr. Jens Jasper

Recht und Steuern,
IHK-Zentrale
Position: Bereichsleiter
Schwerpunkte: Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht, außergerichtliche Streitbeilegung, Sachverständigenwesen, Steuern, IHK-Gremium Kreis Tübingen: Geschäftsführung, Koordination Hoheitliche Aufgaben
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