Buchwertneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern

Bei beteiligungsidentischen Personengesellschaften

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 28. November 2023 (Aktenzeichen: 2 BvL 8/13) entschieden, dass die fehlende Möglichkeit, buchwertneutral Wirtschaftsgüter zwischen beteiligungsidentischen Schwester-Personengesellschaften zu übertragen, gegen das Grundgesetz verstößt.

Bei beteiligungsidentischen PersonengesellschaftenFoto: NAMPIX -stock.adobe.com

Das Bundesverfassungsgericht verpflichtete den Gesetzgeber, rückwirkend für Übertragungsvorgänge ab 2001 eine neue Regelung zu treffen. Bis dahin bleibt § 6 Abs. 5 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) mit der Maßgabe anwendbar, dass Übertragungsvorgänge zwischen beteiligungsidentischen Schwester-Personengesellschaften buchwertneutral möglich sind.

Grundsatz: Auflösung stiller Reserven bei Entnahme
Wird ein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen entnommen, sind die stillen Reserven dieses Wirtschaftsgutes aufzudecken und zu versteuern. Abweichend hiervon sieht § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG vor, dass der Buchwert beizubehalten und dementsprechend keine stillen Reserven aufzudecken sind, wenn das Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen übertragen wird.

Ausnahmen in § 6 Abs. 5 EStG
Weitergehende Ausnahmen sehen die folgenden Sätze des § 6 Abs. 5 EStG vor – gerade in Bezug auf die Übertragung zwischen Mitunternehmerschaften respektive deren Sondervermögen. Diese Ausnahmen beinhalten jedoch nicht den Fall, dass Wirtschaftsgüter zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften übertragen werden, obwohl (auch) in diesem Fall die Interessenlage der im Fall der Übertragung zwischen Wirtschaftsgütern zwischen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen (§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG) gleicht.

Ausweitung auch für beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften gefordert
§ 6 Abs. 5 EStG wurde durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 eingefügt. Die Rückausnahme für beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften wurde seinerzeit mit der Verhinderung von Steuergestaltungen begründet. In der Sachverständigen-Anhörung einer folgenden Gesetzesänderung durch das Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetz forderten mehrere Gutachter die Einführung einer Regelung zu Schwesterpersonengesellschaften.

Ausführliche Begründung durch das BVerfG
Das BVerfG begründete ausführlich, dass sich die Nichtberücksichtigung der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften bei den Ausnahmen des § 6 Abs. 5 EStG gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Grundgesetz verstößt.

Keine Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung
Das BVerfG sah keine Möglichkeit, § 6 Abs. 5 EStG in einer Weise auszulegen oder fortzubilden, dass seine Verfassungsmäßigkeit noch gewahrt werden könnte. Darüber hinaus verpflichtete das BVerfG den Gesetzgeber zur rückwirkenden Beseitigung des Verfassungsverstoßes ab 2001 und – ebenfalls ab 2001 – die Finanzverwaltung rückwirkend die Vorschrift des § 6 Abs. 5 EStG auch auf beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften anzuwenden.

Fazit: Die Entscheidung des BVerfG kam für viele in der steuerrechtlichen Fachwelt nicht überraschend. Die Korrektur durch den Gesetzgeber sollte alsbald erfolgen.

Dr. Jens Jasper

Dr. Jens Jasper

Recht und Steuern,
IHK-Zentrale
Position: Bereichsleiter
Schwerpunkte: Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht, außergerichtliche Streitbeilegung, Sachverständigenwesen, Steuern, IHK-Gremium Kreis Tübingen: Geschäftsführung, Koordination Hoheitliche Aufgaben
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