„Politik muss in Jahrzehnten denken!"

Arbeitspapier: Neckar-Alb für Berlin - Politik mit Wirtschaft gemeinsam für die Region

Die Wirtschaftspolitik ist dazu da, Unternehmertum zu ermöglichen und einen Rahmen für unser Handeln als Unternehmerinnen und Unternehmer abzustecken. Das ist die Aufgabenteilung, die sich seit den frühen Tagen der Bundesrepublik Deutschland bewährt hat. Tatsächlich ist der Staat über die letzten Jahre und Jahrzehnte immer stärker aus der Schiedsrichter- in eine Spielerrolle getreten: Der Staat gestaltet auf vielen Ebenen aktiv mit und macht inhaltliche, planerische und technologische Vorgaben. Eine Folge: Die Staatsquote liegt mittlerweile bei über 50 Prozent, die Ausgaben des Bundes für Arbeit und Soziales erreichen allein 33 Prozent.

Die nächste Legislaturperiode muss dafür genutzt werden, die nötigen Schlussfolgerungen aus der Pandemie zu ziehen und das Verhältnis von Staat und Wirtschaft neu zu bewerten. Dazu gehören aus Sicht der regionalen Wirtschaft in den Landkreisen Reutlingen, Tübingen und Zollernalb ein vorausschauendes Pandemie- und Krisenmanagement für die öffentliche Hand, Planungssicherheit für die Wirtschaft des Landes, ein schnelles Zurückfahren der pandemiebedingten Eingriffe, eine umfassende und schnelle Ertüchtigung und Digitalisierung staatlicher Aufgabenerledigung sowie eine offene Aufgabenkritik darüber, wie staatliches Handeln ausgestaltet werden sollte.

Die Wirtschaft der Region Neckar-Alb bringt sich gerne in diese Aufgaben mit Vorschlägen und Erfahrungen ein. Die Unternehmerinnen und Unternehmer der Vollversammlung der IHK Reutlingen laden die Bundestagsabgeordneten in Berlin ein, noch viel stärker mit ihnen ins Gespräch zu gehen und gerade vor wichtigen, die Unternehmen betreffenden Entscheidungen, Rückkopplung und Beratung zu suchen.

Christian O. Erbe                   Dr. Wolfgang Epp
IHK-Präsident                        IHK-Hauptgeschäftsführer

Corona und was wir besser machen müssen

Corona und was wir besser machen müssen

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass staatliches Handeln schnell erfolgen kann, auch wenn Situationen unvorhergesehen sind. Trotzdem sind unbedingt Schlussfolgerungen zu ziehen:

  • Mehr Wertschätzung für Unternehmerinnen und Unternehmer
    In der Pandemie waren es Unternehmen und Selbstständige, die entweder als systemrelevante Player trotz unklarer Ansteckungslage weitergemacht haben oder die ihre Geschäftstätigkeit eingestellt und sich auch damit in den Dienst der Gesellschaft gestellt haben. Wo nötig, gab es oft finanzielle Unterstützung, aber diese wird in den meisten Fällen die entstandenen Defizite nicht auffangen. Es bleibt daher Aufgabe der Politik, noch eine gewisse Zeit mit gezielten Programmen nachzusteuern, um Anpassungen zu ermöglichen, etwa bei der Neuausrichtung von Geschäftsmodellen, der Fachkräfteversorgung oder auch in Einzelfällen bei der Schaffung von Nachfrageimpulsen. Die Leistungen der Wirtschaft bedürfen insgesamt einer stärkeren Wertschätzung, die über ihren Beitrag zu Beschäftigung, Wohlstand und Finanzierung des Gemeinwesens hinausgeht.
     
  • Pandemie- und Krisenmanagement stärken
    Wir brauchen in Deutschland ein vorausschauendes Pandemie- und Krisenmanagement für die öffentliche Hand, das schnellere Entscheidungen, mehr Klarheit über Zuständigkeiten und eine bessere Umsetzbarkeit von Vorschriften für Unternehmen ermöglicht.
     
  • Bürokratische Strukturen digitalisieren
    Wir haben zu viele Regelungen und die Behörden, die sie anwenden sollen, arbeiten nicht immer auf der Höhe der Zeit. Deswegen müssen die Verwaltungsstrukturen in Deutschland umfassend digitalisiert werden. Die Defizite haben sich in der Corona-Pandemie an vielen Stellen gezeigt: mangelhafte Ausstattung von Gesundheitsämtern, Behördenbeschäftigte im Home-Office ohne Laptop und Telefon oder umständliche Buchungen von Impfterminen. Die Praxis zeigt: Wir leben in einer Welt des Rechts, der Gesetze und der Gerichte, die vor allem auch unternehmerische Initiative immer wieder behindert und lähmt. Stattdessen benötigen wir wieder eine Bürokratie, die vorbildlich organisiert sowie professionell, kompetent, rational und verlässlich ist. Die Region Neckar-Alb bietet sich hier für Modellprojekte an.
     
  • Regelungen abbauen, Reformen anstoßen
    Trotz aller Bemühungen und Diskussionen in den letzten Jahren: Es gibt eine immer weiter steigende Regelungsdichte, die kaum erfassbar ist und längst nicht zur Praxis in den Betrieben passt. Über alle Felder unternehmerischen Handelns wird reguliert und beschränkt – oftmals Dinge, die in der Absolutheit gar nicht zu regeln wären oder unnötig verkompliziert werden, wie die zweijährige Befristung von Arbeitsverträgen ohne Sachgrund, das Statusfeststellungsverfahren für Kleinstunternehmerinnen und Kleinstunternehmer zum Schutz vor Scheinselbstständigkeit oder eher knapp bemessene Grenzwerte bei der Einnahmen-Überschussrechnung für Unternehmen mit wenig Gewinn oder Umsatz. Die Wirtschaft in der Region fordert, die bestehenden Vorschläge aufzugreifen. Dazu gehören unter anderem eine Reform des Genehmigungsrechts, um etwa Bauprojekte viel schneller realisieren zu können, oder die Umsetzung eines einheitlichen europäischen Lieferkettengesetzes, das nationale Alleingänge und Wettbewerbsverzerrungen am europäischen Binnenmarkt verhindert.
     
  • Keine zusätzlichen Belastungen
    Die Bewältigung der Pandemie hat den Staat viel Geld gekostet und die Schulden dafür müssen natürlich zurückgezahlt werden. Diese Lasten dürfen aber nun nicht den Unternehmen und Leistungsträgern über Steuererhöhungen aufgebürdet werden. Der umgekehrte Weg ist richtig: Unternehmen müssen nun entlastet werden, um sie in ihrer Leistungsfähigkeit zu stärken. So können sie am Ende mehr Steuern zahlen, weil sie schneller den Turnaround schaffen und erfolgreicher sind.
     
  • Technologieakzeptanz erhöhen
    Die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig neue medizinische und biotechnologische Innovationen, Methoden der künstlichen Intelligenz oder der Digitalisierung für die Pandemiebekämpfung sind oder sein könnten, wenn wir sie richtig anwenden. Der Nutzen dieser Technologien muss erklärt und das Verständnis verbessert werden. Das ist gerade im Interesse der Wirtschaft in Neckar-Alb, die mit ihren Clustern zu den innovativsten Regionen in Deutschland gehört und stark von grundlegenden technologischen Sprüngen profitiert.

Standorte stärken

Standorte stärken

  • Verkehr zukunftsorientiert denken
    Alternative Antriebstechniken und die Verlagerung von Verkehrsanteilen auf andere Verkehrsträger sowie neue Mobilitätsformen prägen derzeit die Diskussion um die Zukunft des Verkehrs. Ziel muss die schnelle Einführung von leistungsstarken Alternativen zum herkömmlichen Verbrennungsmotor sein. Die IHK Reutlingen fordert daher alle Kandidatinnen und Kandidaten im Bundestagswahlkampf dazu auf, sich für massive Investitionen in die Erforschung und Erprobung von alternativen Antriebsformen und Logistikkonzepten einzusetzen. Verbote ohne Alternativen sind zu vermeiden. Nur so kann die Mobilitätswende erfolgreich gestaltet werden. Gleichzeitig ist der Ausbau des regionalen Verkehrsnetzes voranzutreiben: Regionalstadtbahn, B 27 (Ortsumfahrung Tübingen/Schindhaubasistunnel, Bodelshausen - Nehren), B 463 (Ortsumfahrung Lautlingen) und B 464 (Ortsumfahrung Reutlingen/Dietwegtrasse) sind unverzichtbare Maßnahmen.

  • Breitband- und Mobilfunkinfrastruktur ausbauen
    Die Corona-Pandemie hat die digitale Infrastruktur an ihre Belastungsgrenze geführt. Sie hat drastisch und schonungslos aufgezeigt, wie wichtig eine leistungsstarke Breitbandinfrastruktur ist, um Wirtschaftsprozesse aufrecht zu erhalten. Die IHK Reutlingen fordert alle zukünftigen Bundestagsabgeordneten auf, sich nachdrücklich für eine Forcierung des Breitbandausbaus und der Glasfaserinfrastruktur unter Nutzung aller einsetzbaren Verlegetechniken einzusetzen. Für die Region müssen die Weichen auf den Ausbau von 5G gestellt werden: geeignete Standorte zum Ausbau des Mobilfunknetzes sind zu finden. Das Glasfasernetz muss so leistungsfähig ausgebaut sein, dass der neue Mobilfunkstandard erfolgreich etabliert werden kann.

  • Flächenentwicklung wirtschaftsfreundlich ausgestalten
    Unternehmen und Fachkräfte brauchen Flächen – für Wohnraum und für Ansiedlungen. Das zeigen immer wieder die regionalen Standortumfragen der IHK. Mit dem Baulandmobilisierungsgesetz hat die Bundespolitik einen Baustein dafür gelegt, in dem leichter Befreiungen von bestehenden Bebauungsplänen zugunsten des Wohnungsbaus erteilt werden können. Aus Sicht der Wirtschaft sollten Arbeiten und Wohnen hier gleichermaßen berücksichtigt werden, da auch Betrieben vielerorts Gewerberäume oder Flächen für Standorterweiterungen fehlen. Insgesamt sollten Genehmigungsverfahren für Bauland schneller, digital und planungsrechtlich sicher durchgeführt werden. Neue Vorschriften wie das Gebäudeenergiegesetz sollten unbürokratisch gehalten werden.

  • Belastungen zurückführen, Steuerrecht vereinfachen
    Die Ausgestaltung des Steuerrechts und die Höhe der Steuern sind wichtige Standortfaktoren für die Wirtschaft. Leitbild der Steuerpolitik sollte ein einfaches, bürokratiearmes und investitionsfreundliches Steuerrecht mit zielgenauen Bemessungsgrundlagen und wettbewerbsfähigen Steuersätzen sein. Die regionale Wirtschaft fordert als Leitlinien für das wirtschaftspolitische Handeln: Investitionskraft und Eigenkapital der Unternehmen stärken, international wettbewerbsfähige Steuerbelastung herstellen, Steuerverfahren modernisieren, Steuern handhabbar und internationale Steuerregeln konsistent gestalten. Unsere regionalen Befragungen zeigen, dass diese Leitlinien ein entscheidender Standortfaktor für Unternehmen sind.

  • Versorgungssicherheit, Klimaschutz und Energiewende
    Eine wettbewerbsfähige Industrie braucht international wettbewerbsfähige Energiekosten und Versorgungssicherheit. Im Sinne der Energiewende und des Klimaschutzes muss der Stromtransport von Nord- nach Süddeutschland schnellstens realisiert werden. Gleichzeitig sollte regional hergestellter Strom aus Wind, Biomasse und Photovoltaik weiter an Bedeutung gewinnen. Regionale Technologieunternehmen sollen, beispielsweise in Kooperation mit den Stadtwerken, die Möglichkeit bekommen, Innovationen schnell im Markt umzusetzen. Durch die Sektorenkopplung von Wärme, Strom, Gas und Mobilität ergeben sich viele interessante Zukunftsfelder. Gebündelt sind diese Aktivitäten mit hoher ökologischer und ökonomischer Bedeutung im Virtuellen Kraftwerk Neckar-Alb, das weiter ausgebaut werden soll. Die IHK Reutlingen gründet ein Institut für nachhaltiges Wirtschaften, das die regionale Wirtschaft rund um die Themen Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Energiewende, Green Deal, etc. berät und unterstützt.

  • Tourismusbranche unterstützen
    Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region Neckar-Alb und von der Pandemie besonders betroffen. Neben den Aktivitäten auf Landesebene, muss vor allem der Messe- und Geschäftstourismus auch durch Initiativen des Bundes angekurbelt werden. Die Wirtschaft fordert Investitionen in neue Geschäftsmodelle, innovative Eventlocations und Veranstaltungstechnik für digitale Veranstaltungen durch Fördermaßnahmen zu ermöglichen.

  • Innenstädten und Ortszentren helfen
    Die Zentren und die dort vertretenen Betriebe stehen unter enormem Druck. Die Pandemie hat die Situation noch einmal verschärft, wie in vielen Gemeinden der Region Neckar-Alb deutlich sichtbar wird: Firmenaufgaben, Leerstände und ein zurückgehendes Angebotsspektrum prägen teilweise das Bild. Für die Revitalisierung der Innenstädte und Ortskerne kann auch der Bund wichtige Maßnahmen ermöglichen, in dem er seine Städtebauförderung ausbaut und entsprechend fokussiert. Die Städtebauförderung sollte dabei auch für öffentlich-private Partnerschaften geöffnet werden. In eine neue Innenstadtstrategie des Bundes sollten ebenfalls kommunale Citylogistik-Konzepte gehören. Nicht zuletzt gilt es auch auf Bundesebene, die Akzeptanz für verkaufsoffene Sonntage und ihre Bedeutung für den regionalen Einzelhandel zu schaffen.

Die Zukunft gewinnen und gestalten

Die Zukunft gewinnen und gestalten

  • Digitalisierung vorantreiben
    Die Digitalisierung bleibt die Herausforderung für die regionale Wirtschaft. Nach wie vor haben zahlreiche Unternehmen ihre Geschäftsmodelle noch nicht ausreichend digitalisiert. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen und Selbstständige schaffen in ihrem Tagesgeschäft nicht den Schwenk. Sie benötigen Unterstützung in Form von Beratung und Best-Practice-Beispielen, von denen sie lernen können. Daneben braucht es Weiterbildungsangebote, die auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Lage versetzen, sich fit zu machen für die Digitalisierung. Der Gesamtprozess wird sicher die gesamte Legislaturperiode andauern. In diesem Zusammenhang steigen auch die Anforderungen an die digitale Sicherheit. Hier liegen sowohl Unternehmen wie öffentliche Stellen in Teilen noch zurück. Über gut und speziell auf Sicherheitsthemen ausgerichtete Digitalisierungsförderprogramme auf Bundesebene lassen sich Impulse durch die Politik setzen.

  • Regionale (Zukunfts-) Cluster ausbauen
    Zu den jungen Clustern der Region Neckar-Alb, die viel Potenzial zur Stärkung unseres Wirtschaftsstandortes haben, zählen die Künstliche Intelligenz und die Biotechnologie. Hier gilt es, die Möglichkeiten der Wissenschaft zu nutzen. Durch gezielte Transferangebote, die sich am Bedarf der Wirtschaft orientieren, können etablierte Unternehmen unterstützt werden und wertvolle Start-ups entstehen. Völlig neue Geschäftsmodelle sind im Bereich der individualisierten Medizin möglich. Dabei sollten gerade im Gesundheitssektor die gesetzlichen Rahmenbedingungen so gestaltet sein, dass sie Innovationen am Standort begünstigen. Das gilt auch für die Umsetzung der im Entwurf vorliegenden EU-KI-Verordnung.

    Die Weltraumtechnik hat ebenfalls das Potenzial ein regionales Zukunftscluster zu werden. Ein Fokus kann dabei der Aufbau ökologisch ausgerichteter Geschäftsmodelle sein (Green Space).

    Für eine erfolgreiche und innovative Gründerszene, gerade im Hightech-Bereich, muss die aufkommende Venture-Capital-Kultur in Deutschland dringend weiterentwickelt und gefördert werden. Der High-Tech-Gründerfonds und die Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIN-D) sind gute Beispiele. Die Fördermaßnahmen im Gründungsbereich sind stark konzentriert auf den wissenschaftlichen bzw. Hochschulbereich. Ein ähnlich gelegter Fokus auf Unternehmensausgründungen verspricht eine sehr viel größere Hebelwirkung. Gerade unsere Region Neckar-Alb hat hier viele Potenziale. Erste Projekte in diesem Bereich, wie die Tätigkeiten des Business Angel Netzwerks der IHK Reutlingen, sind vielversprechend.

  • Neue Märkte entwickeln
    Aus Sicht der regionalen Wirtschaft sollte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit weiter ausgebaut und stärker als Außenwirtschaftsförderung verstanden werden. Dafür spricht die regionale Exportquote, die mittlerweile bei deutlich über 50 Prozent liegt. Heimische Betriebe benötigen zusätzliche Auslandsmärkte und Zugänge, um wachsen zu können. Aus diesem Grund engagiert sich die IHK in drei Auslandsprojekten in Myanmar, Äthiopien und Ecuador. Außerdem sind bei der IHK Reutlingen seit neun Jahren Business-Scouts angesiedelt, die Unternehmen auf dem Weg in schwierige Märkte begleiten.

    Für diesen Markteinstieg brauchen Unternehmen passgenaue Unterstützung. Gerade kleine Betriebe benötigen in der Regel wenig Mittel, nehmen diese aber nur in Anspruch, wenn sie leicht zu beantragen sind. Die IHK spricht sich außerdem dafür aus, die Export- und Investitionsabsicherung deutlich zu erhöhen. In anderen Industriestaaten erreicht sie bis zu 100 Prozent.

  • Wissenschaftsregion ausbauen, Transfer erleichtern
    Neckar-Alb ist eine Wissenschaftsregion. Das hat nicht zuletzt die Studie „Wirtschaftsfaktor Wissenschaft“ der IHK unter Beweis gestellt. Es gilt daher, die Stärken der hochschulischen und außeruniversitären Forschung in Neckar-Alb im internationalen und innerdeutschen Wettbewerb zu halten und weiter auszubauen. Dafür kann auch die Bundespolitik ihren Beitrag leisten, indem sie den Einrichtungen mehr Handlungsfreiheit, Flexibilität und Planungssicherheit zubilligt und Bürokratie abbaut. Davon profitieren am Ende auch die Zusammenarbeit mit heimischen Unternehmen und der Transfer in die Wirtschaft. Darüber hinaus müssen steuer-, beihilfe- und vergaberechtliche Vorgaben auf Bundes- und auf Europaebene evaluiert und verschlankt werden. Die steuerliche Forschungsförderung – als die wichtigste Maßnahme gerade für kleine und mittlere Unternehmen – sollte stärker beworben und durch eine weitere Anhebung der bestehenden Bemessungsgrenze attraktiver werden.

  • Ausbildung fördern
    Die regionale Wirtschaft spricht sich gegen eine Ausbildungsplatzabgabe zur Finanzierung einer sogenannten „Ausbildungsgarantie“ aus. Es bedarf keiner neuen, marktfernen Ausbildungsstruktur, die sich an Wunschberufen orientiert und finanzielle Belastungen nach sich zieht. Die hohe Zahl abgeschlossener Lehrverträge vor Corona zeigt, dass die Unternehmen aus den drei Landkreisen der Region sich intensiv und sehr professionell um ihren Nachwuchs kümmern. In zahlreichen Berufen konnten längst nicht alle Ausbildungsplätze besetzt werden. Es kommt viel mehr darauf an, die duale Berufsausbildung in Industrie, Handel und Dienstleistungsgewerbe auch von politischer Seite öffentlichkeitswirksam als attraktive Alternative zum Hochschulstudium darzustellen, ihre Modernisierung mit voranzutreiben und zu helfen, die Nachfrage von jungen Menschen und die freien Ausbildungsplätze der Wirtschaft besser zusammenzubringen. Ebenso muss, im Sinne des lebenslangen Lernens, die betriebliche Weiterbildung gestärkt werden.

    Nicht zuletzt gilt es, die neuen Abschlussbezeichnungen „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ in der Höheren Berufsbildung im Rahmen der Ordnungsverfahren auf Bundesebene zügig umzusetzen. Außerdem sollte der Zugang zum Masterstudium für Personen mit abgeschlossener Aufstiegsfortbildung auf der zweiten Stufe bundesweit einheitlich geregelt werden.

  • Zuzug von Fachkräften vereinfachen
    Das Thema Fachkräftemangel ist in den letzten Monaten von der Corona-Krise überlagert worden. Der Bedarf an gut qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bleibt jedoch bestehen. Der Mangel ist struktureller Natur. Insofern war das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ein richtiger Schritt. Die IHK Reutlingen unterstützt Unternehmen mit Fachkräftemangel mit dem Projekt „Hand in Hand for International Talents“, über das Fachkräfte aus Brasilien, Indien und Vietnam für die deutsche Wirtschaft angeworben werden sollen. Mit Blick auf eine erfolgreiche Fachkräfteeinwanderung spricht sich die regionale Wirtschaft dafür aus, die begleitenden Strukturen weiter anzupassen und etwa das Berufsanerkennungs- und Visumsverfahren für ausländische Fachkräfte mit Berufsabschluss zu beschleunigen.

Plädoyer für Austausch und Gespräch

Plädoyer für Austausch und Gespräch

Die regionale Wirtschaft will sich in die Weichenstellungen der Politik auch auf Bundesebene einbringen. Mehr noch: Sie will helfen, politische und administrative Entscheidungen besser und die Folgen für Unternehmen von ganz klein bis ganz groß deutlicher zu machen. Den Bedarf an rechtzeitigem Austausch zeigen viele anstehende Projekte vom Green Deal bis hin zum Lieferkettengesetz. Ähnlich wie die Einführung neuer Produkte und Prozesse in der Wirtschaft funktioniert, sollten Gesetze und Verordnungen einem Markttest unterworfen und auf ihre Folgen für Unternehmen abgeklopft werden. Das kann konkret über Beiräte, Workshops oder Planspiele erfolgen.

Insgesamt ist die Wirtschaft der Region Neckar-Alb gerne Begleiter und Sparringspartner der heimischen Abgeordneten in Berlin. Lassen Sie uns ins Gespräch kommen, im Gespräch bleiben und gemeinsam für einen starken Standort Neckar-Alb wirken.

Das vorliegende Papier ist unter Einbeziehung der Vollversammlung der IHK Reutlingen, der Regionalgremien und der Fachausschüsse erarbeitet worden.

Neben dem vorliegenden Forderungspapier zur Bundestagswahl 2021 sind für die politische Arbeit immer auch die von den Regionalgremien und Fachausschüssen der IHK erarbeiteten und von der Vollversammlung verabschiedeten Grundsatzpapiere maßgeblich. Diese sind über www.ihkrt.de/forderungen abrufbar.

Dr. Wolfgang Epp

Dr. Wolfgang Epp

Hauptgeschäftsführung,
IHK-Zentrale
Position: Hauptgeschäftsführer
Schwerpunkte: Gesamtleitung
Telefon: 07121 201-260
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