Nachfolge im Maschinbau

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Die Firma und ihren guten Namen erhalten – und zukunftsfähig machen. Für viele Nachfolger eine anspruchsvolle Aufgabe. Ganz gleich, ob sie aus dem eigenen Stall kommen oder von außen. Über Stresstests, Neuerungen und Wachstum.

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Mein Vater kann halt nicht loslassen“, sagt Mara Kalkbrenner lachend und im Beisein desselben. Stimmt, schmunzelt Senior Stefan Eggenweiler, aber in einer Phase wie jetzt, könne man auch nicht einfach sagen: Ich bin dann mal weg, jetzt macht mal. Beim Unternehmen Gemoteg ist man mittendrin im Nachfolgeprozess, der Stabübergabe von einer Generation an die nächste. Der Eindruck, den die besagten hierbei vermitteln, ist dennoch offen und gelassen. „Wir profitieren voneinander wie gute Sparringspartner“, ergänzt Florian Kalkbrenner, der Dritte im Bunde.

Seit rund zwanzig Jahren vertreiben und konfektionieren die Hechinger Getriebe und Elektromotoren für Industrie und Handel. Frequenzumrichter und Steuerungssysteme
ergänzen das Portfolio. Mara Kalkbrenner ist mit Know-how rund um Antriebstechniken groß geworden. Ihren Master machte die studierte Betriebswirtin in Management und
Marketing. Gemeinsam mit Ehemann Florian Kalkbrenner ist sie seit fünf Jahren im Unternehmen. Vor einem Jahr traten beide der Geschäftsleitung bei. Die Juniorchefs sind zum einen für Marketing, Personal und
Controlling, zum anderen für Einkauf, Abwicklung und Produktion zuständig. Kundenkontakte im Vertrieb sind nach wie vor das Ressort von Senior Stefan Eggenweiler.

Schwieriger Start
Das erste Jahr in der Geschäftsleitung war für die Neuen ein schwieriges: „Die Pandemie, Kurzarbeit, Homeoffce, die Firma am Laufen halten – die Laune war manchmal
dementsprechend“, sagt Mara Kalkbrenner. Die Corona-Krise hat man dennoch bisher gut bewältigt. Was nicht zuletzt auch an der Digitalisierung der Serviceprozesse lag, die maßgeblich von den heutigen
Juniorchefs etabliert wurde: vom papierlosen Büro und Abrechnungssystem, von Smart Services bis zum Homeoffce. Nicht bei allen Mitarbeitern stieß das gleich auf Gegenliebe. Aber das ausdrückliche Lob kam dann doch. Auch die jährlichen Mitarbeitergespräche im Herbst hätten noch mal unterstrichen, dass die Nachfolge funktioniert, sagt Eggenweiler. „Die Stimmung ist gut.“ Seit der Gründung, so Eggenweiler, habe die Firma keine roten Zahlen geschrieben, auch jetzt nicht. Für den Ausbau des Vertriebsbereichs wurden kürzlich neue Büros angemietet, Stellen ausgeschrieben. Florian Kalkbrenner: „In den nächsten Jahren rechnen wir uns einiges an Aufschwung aus.“

Wachstum wird erwartet
Neuen Aufschwung erlebt auch die Firma Gutekunst in Römerstein. Vor zwei Jahren hat hier der 33-jährige Philipp Egner das operative Ruder
übernommen. Schon mit Mitte zwanzig managte er für den Technologiekonzern Exceet Group Einkäufe und Entwicklung von Firmen. Auf dieser Basis hat Egner sich selbstständig gemacht. Mit seiner Beteiligungsgesellschaft ME Capital, die er zusammen mit seinem Vater Manfred Egner betreibt, kaufte er zwei Unternehmen, die keinen Nachfolger finden konnten.

Neben Gutekunst führt er seit 2016 den Möbelzulieferer Plocher aus Vöhringen. Das Ziel des Jungunternehmers ist, eine Unternehmensgruppe aus produzierenden Mittelständlern
aufzubauen. „Ich muss die Firmen nicht irgendwann wieder verkaufen. Meine Strategie ist langfristig angelegt.“ Gutekunst ist Tiefbohrspezialist und deckt das komplette Spektrum der
Metallbearbeitung und -fertigung ab. Zu den Kunden gehören Firmen aus der Werkzeugmaschinenindustrie, aus Maschinenbau, Chemie und Formenbau. Als Firmengründer
Robert Gutekunst endlich in den Ruhestand wollte, sah Philipp Egner die Chance, seine Selbstständigkeit weiter auszubauen. Die Vorgänger erwarten von ihm Wachstum
und eine langfristige Perspektive für die Mitarbeiter. „Das Wichtigste war der Familie, an keinen Wettbewerber zu verkaufen und die Eigenständigkeit
nicht in einem Konzern zu verlieren.“ Mit dem Umsatz ist der neue Chef zufrieden. Auch wenn Corona dieses Jahr zunächst für Verluste sorgte. Im ersten Halbjahr lag man rund zehn
Prozent unter dem Vorjahresniveau. Doch inzwischen nimmt das Unternehmen wieder an Fahrt auf. Den Abschwung in den Bereichen Automobil und Flugtechnik konnte man im Sektor Medizin wieder ausgleichen. Die Chemie im Betrieb stimmt. Keiner der insgesamt 50 Mitarbeiter ist abgesprungen oder ungewollt entlassen worden, seit Egner da ist. Man legt mehr Fokus auf Ausbildung und den Nachwuchs, gerade auch im Krisenjahr.

Erfahrung sammeln
Die wichtigste Neuerung ist, den Führungskräften mehr Freiheiten zu geben und damit auch mehr Verantwortung. „Diese Rolle nehmen sie auch gerne an“, meint Egner. Seine Aufgabe
sei es, das Potenzial der Leute offenzulegen und Prozesse zu managen. Als Schlüssel für das Wachstum soll smartere Digitalisierung dienen. Das ERP-
System wird ständig ausgebaut, um alle modernen Funktionalitäten nutzen zu können. Zudem möchte man eine Experten-Datenbank aufbauen,
damit bestimmte Erfahrungen und Vorschläge zur Qualitätssicherung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nutzbar sind. Ob er Erfahrungen aus der ersten
Übernahme auch schon bei der zweiten anwenden konnte? „Konsequent sein, aber offen. Sich auch als Chef nicht scheuen, nachzufragen. Und: Übergib den Leuten mehr Verantwortung, denn Mitarbeiter wollen mit der Firma wachsen und sich weiterentwickeln.“