Vereinigtes Königreich

Trotz Handelsabkommen mit dem Vereinigten Königreich bestehen Hindernisse für den Handel mit Waren und Dienstleistungen sowie für die grenzüberschreitende Mobilität und den grenzüberschreitenden Austausch, die es zuvor nicht gab. Die Regeln und Verfahren im Geschäftsverkehr mit dem VK haben sich zum 1. Januar 2021 grundlegend geändert. Betroffen sind nahezu alle Bereiche.

EU-UK: Einigung zur Umsetzung des Nordirland-Protokolls

Am 27.02.2023 haben sich die Europäische Union und das Vereinigte Königreich auf einen Rahmen für die Umsetzung des Nordirland-Protokolls verständigt, das ein wesentlicher Teil des Brexit-Austrittsabkommens ist. Im sogenannten „Windsor Framework“ sind einige Punkte vereinbart worden, die zur Überwindung der aktuellen Konflikte beitragen sollen. 

Inhalte des “Windsor Framework”

  • Green Lanes: Für Waren aus Großbritannien (GB), die nach Nordirland (NI) geschickt werden und dort verbleiben, sollen sogenannte „Green Lanes“ eingerichtet werden. Die britischen Exporteure müssen sich dafür als „trusted trader“ bei der britischen Zollbehörde registrieren. Zollformalitäten für Sendungen aus Großbritannien mit Endverbleib in Nordirland entfallen für die registrierten „trusted trader“ vollständig.
  • Red Lanes: Für Warensendungen aus GB, die über Nordirland weiter in die Republik Irland und oder in andere Länder der EU gehen sollen, bleiben vollumfängliche Zollkontrollen erforderlich (Red Lanes). Die Kontrollen sollen an nordirischen Häfen erfolgen. Im Gegenzug für die Vereinfachung der Zollabwicklung mittels der “Green Lanes” hat Großbritannien zugesagt, der EU Echtzeitinformationen über alle Warenströme von GB nach NI zukommen zu lassen. Der Vertrieb aller medizinischen Produkte aus Großbritannien ist in Nordirland erlaubt, nicht nur Generika. Für Nahrungsmittel werden die Kontrollen der britischen Einfuhren nach Nordirland reduziert. Großbritannien hat zugesagt, neue Stationen für die tiergesundheitlichen und SPS-Kontrollen an der Grenze zur EU einzuführen.

Vereinbarungen wurden auch für die Anwendung von Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuer zwischen den zwei Wirtschaftsräumen getroffen, die auch den Versand von Paketen zwischen Privatpersonen, zwischen Unternehmen sowie von Unternehmen an Privatpersonen erleichtern sollen.
Mit der „Stormont-Bremse“ können 30 von 90 Abgeordneten des Parlaments in Nordirland bei der britischen Regierung erwirken, dass diese ihr Veto gegen neue EU-Vorschriften einlegt, die einen erheblichen und langfristigen negativen Effekt auf den Nordirland-Handel haben würden.
Der Europäische Gerichtshof bleibt jedoch die letzte Instanz für Entscheidungen in Bezug auf den EU-Binnenmarkt und somit Nordirland. Vorgeschaltet werden soll aber eine außergerichtliche Einigungsmöglichkeit über ein Schiedsgericht.

Anwendung des “Windsor Framework”
Die Vereinbarung von Windsor ist zunächst „nur“ eine politische Übereinkunft. Einschlägige Rechtstexte zur konkreten Ausgestaltung der verschiedenen Themenbereiche (z.B. Zoll, VAT, Vertrieb von Medikamenten, Paketsendungen etc.) müssen erst noch ausgearbeitet werden. Daher bleiben die bisher gültigen Regelungen des Nordirland-Protokolls weiter in Kraft (voraussichtlich bis Ende 2024).
Wenn das “Windsor Framework” nach der Zustimmung des britischen Parlaments und der EU-Botschafter in Kraft tritt und die zugehörigen Rechtstexte ausgearbeitet sind, wird Großbritannien auch wieder Zugang zum EU-Forschungsprogramm Horizont Europa gewährt. Die EU verzichtet darauf, die laufenden rechtlichen Schritte gegen Großbritannien weiter zu verfolgen.

Weitere Informationen zu den Inhalten der erzielten Einigung finden Sie auf der Website der EU und auf der Website der britischen Regierung. Auf der Website der BBC sind die Änderungen bei der Zollabfertigung zwischen Nordirland und Großbritannien ebenfalls anschaulich dargestellt. Ebenso bei GTAI.

(Quelle: DIHK)

Warenverkehr

Unabhängig vom Freihandelsabkommen gelten seit Januar 2021 Zollförmlichkeiten. Zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ist wieder eine Zollgrenze entstanden. Aus innergemeinschaftlichen Lieferungen wurden Exporte beziehungsweise Importe.

1. Ausfuhr nach Großbritannien
2. Einfuhr in Großbritannien
3. Einfuhr aus Großbritannien
4. Versandhandel
5. Carnet ATA
6. Warenursprung und Präferenzen
7. Exportkontrolle
8. Transport

Unternehmen, die bisher nur innerhalb der EU tätig waren finden grundlegende Informationen zum Warenverkehr mit Drittländern unter diesen Links:

Importe aus Drittländern
Exporte in Drittländer

1. Ausfuhr nach Großbritannien

Für Exporte aus Deutschland bzw. der EU nach Großbritannien muss eine Zollanmeldung abgegeben werden. Für Nordirland hingegen ändert sich nichts, diese Lieferungen werden weiterhin als normale innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt. Dabei sind folgende Zollformalitäten zu beachten:

  • Beantragung einer EORI-Nummer, falls nicht bereits vorhanden
  • elektronische Ausfuhranmeldung mit einer Zollsoftware oder über die Internetzollanmeldung IAA+ (mittels Elster-Online-Zertifikat)
  • Ausfuhrgenehmigungen werden gegebenenfalls für sensible Güter benötigt, alternativ die Nutzung von Allgemeinen Genehmigungen
  • Umsatzsteuerliche Folgen: steuerfreie Ausfuhrlieferung; EU-Richtlinien verlieren in GB Geltung, zum Beispiel für Konsignationslagerregelungen.

Die französsiche Zollverwaltung stellt Informationen zur Grenzabfertigung auch auf Englsich zur Verfügung:

French customs: information available in English (douane.gouv.fr)

2. Einfuhr in Großbritannien

In GB erfolgt eine Einfuhrabfertigung. Die Höhe der Zölle richtet sich grundsätzlich nach dem VK-Zolltarif. Je nach gewählter Lieferbedingung (“frei Haus”) kann es sein, dass der EU-Exporteur für den Import in GB eine britische EORI-Nr. benötigt, was wiederum eine umsatzsteuerliche Registrierung erfordert.

Wichtig: Lieferbedingungen anpassen! Im Binnenmarkt ist das Risiko einer Lieferbedingung „frei Haus” oder DDP überschaubar. Im Warenverkehr mit einem Drittland bedeutet es, dass der Lieferant Kosten und Risiko der Zollabfertigung trägt, Zölle und Steuern zahlen und sich gegebenenfalls im Empfängerland steuerlich registrieren muss.

Die Einfuhrformalitäten im UK werden je nach Warenkateogorie stufenweise eingeführt (Border Operating Model).Nähere Informationen zum 3-Stufenplan finden Sie im Dokument "The Border with the European Union - Importing Goods". Das Dokument wird laufend akualisert.

Die britischen Behörden stellen zudem eine Datenbank mit Zolldienstleistern im Vereinigten Königreich zur Verfügung.

3. Einfuhr aus Großbritannien

Beim Import von Waren aus Großbritannien nach Deutschland bzw. in die EU ist folgendes zu beachten:

4. Versandhandel

Es gibt keine Versandhandelsschwelle. B2C-Lieferungen unterliegen immer der britischen Umsatzsteuer. Versandhändler, die Lieferungen an private Abnehmer mit Wert bis zu 135 GBP tätigen, müssen daher im VK umsatzsteuerlich registriert sein.  Vorhandene Registrierungen und USt-ID-Nummern bleiben aber gültig. Für Nordirland gibt es Sonderregelungen.

Wichtige Unterscheidung ist

  • erfolgt der Verkauf über einen Onine-Marktplatz (OMP) oder nicht
  • hat der britische Kunde eine Umsatzsteuernummer oder nicht (Privatkunden)

Erleichterungen gelten nur für in Großbritannien ansässige Unternehmen. Voraussichtlich wird die Einfuhranmeldung nicht auf B2C-Kunden ausgelagert werden können.
Für Zollformalitäten benötigen Versandhändler künftig grundsätzlich eine britische EORI-Nummer, die mit der britischen USt-ID-Nummer verknüpft wird.
Get an EORI Number: https://www.gov.uk/eori

Versandhändler ohne Niederlassung im UK brauchen einen zuverlässigen Zollagenten, Spediteur oder Paketdienst, der sie bei der Einfuhrabwicklung nach Großbritannien als indirekter Vertreter unterstützt. Dieser muss im britischen Zoll-IT-System CHIEF (entspricht dem deutschen ATLAS-System) Zollerklärungen abgeben dürfen. HMRC hat hierzu eine Liste mit Zolldienstleistern veröffentlicht.
List of customs agents and fast parcel operators

5. Carnet ATA

Das Carnet ATA kann für die vorübergehende Ausfuhr nach Großbritannien genutzt werden. Informationen zur Ausstellung des Carnets finden Sie Informationen zur Ausstellung des Carnets gibt es hier. Der britische Zoll besteht häufig auf der Anmeldung im GMS (siehe auch: Transport), auch wenn die Waren im provaten PKW oder Kleintransporter gelifert werden. Das Thema ist in Klärung mit den beteiligten Zollverwaltungen und dem DIHK.

6. Warenursprung und Präferenzen

Das Vereinigte Königreich und die EU haben ein Handels- und Kooperationsabkommen (Freihandelsabkommen) abgeschlossen.

Eine gegenseitige Zollbefreiung gibt es nur auf präferenzielle Ursprungswaren des jeweiligen Abkommenspartners (EU-UK). Hierzu müssen materiell-rechtliche (Be- und Verarbeitung von Waren) und formell-rechtliche (Dokumentation) Voraussetzungen erfüllt werden. Mehr zum Thema Ursprungsnachweise

Waren, die keinen nachgewiesenen präferenziellen EU- oder GB-Ursprung haben, werden nicht vom zollfreien Handel profitieren, für diese werden Zölle gemäß des gültigen Zolltarifs erhoben.

Begünstigt im Rahmen des Abkommens sind Waren, die

  • vollständig gewonnen oder hergestellt sind 
  • ausreichend be- oder verarbeitet wurden.

Das Abkommen wurde im Amtsblatt Nr. L444 am 31. Dezember 2020 veröffentlicht. Die Verarbeitungsregeln sowie der Wortlaut der Erklärung zum Ursprung finden sich im Anhang des Abkommens und können über die Zoll-Datenbank "Warenursprung und Präferenzen Online"  komfortabel ermittelt werden.

Zur Anwendung des Abkommens im Bereich der Präferenzen informiert der Zoll auf seiner Webseite. Unter anderem hat die Generalzolldirektion dort en umfangreiches Merkblatt zur Nwendung des Handels- und Kooperationsabkommens publiziert.

Die Schweiz hat ebenfalls ein Handelsabkommen mit dem Vereinigten Königreich unterzeichnet, Da jedoch die Ursprungsregeln beider Abkommen unterschiedlich sind, ist eine Kumulierung nicht möglich. Schweizer Ursprungswaren können also nicht in die Ursprungsermittlung einbezogen werden. Auch profitieren Schweizer Ursprungswaren nicht von der Zollfreiheit in Großbritannien, wenn sie sich zuvor in der EU im freien Verkehr befunden haben.

Britische Waren haben ihren präferenziellen EU-Ursprung gegenüber anderen Abkommensstaaten der EU verloren. Unternehmen sollten daher ihre Ursprungs- bzw. Präferenzkalkulationen überprüfen. Es empfiehlt sich, fertige Produkte, Vormaterialien und auch Lagerwaren hinsichtlich des präferenziellen Ursprungs näher zu betrachten, insbesondere der Anteil der britischen Vorerzeugnisse sollte genau ermittelt werden.

7. Exportkontrolle

Da Lieferungen in das VK nun „Ausfuhren“ sind (ausgenommen Nordirland) besteht entsprechend eine Genehmigungspflicht nach Artikel 3 der EG-Dual-Use-Verordnung. Allgemeine Genehmigungen (EU 001) sind für das VK anwendbar. Darüber hinaus sind die Catch-all Regelungen des Artikels 4 der EG-Dual-Use Verordnung zu beachten.

Weitere Informationen – zum Beispiel zur Allgemeinen Genehmigung Nr. 15 – sowie ein Merkblatt zum Thema "Brexit und Exportkontrolle" gibt es auf der Homepage des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.

8. Transport

Die britische Regierung hat einen Leitfaden für Speditionsunternehmen und gewerbliche Fahrer veröffentlicht, die Waren zwischen Großbritannien (England, Schottland und Wales) und der Europäischen Union befördern. Der Leitfaden informiert deutsche Unternehmen über die neuen Arbeitsabläufe und gibt unter anderem Hinweise darüber, welche Dokumente benötigt werden, welche neuen Regeln für das Verkehrsmanagement an Häfen und welche neuen Grenzkontrollverfahren gelten.

Spediteure/Transporteure die Güter nach Großbritannien befördern, benötigen eine Registrierung im GVMS (Goodes Vehicle Movement Service) um sicherzustellen, dass keine Ware ohne Zollanmeldung die Grenze passiert. Vor Ausreise aus der EU müssen Anmeldedetails in einer sog. Goods Movement Reference (GMR) erfasst sein. Ist dies unvollsätndig besteht die Gefahr, dass LKW nicht an Bord des Zuges oder der Fähre gelassen wird.

Quelle: IHK Südlicher Oberrhein

Sina Gollmer

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Anke Hauser

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Produktzulassung, Zertifizierung und Kennzeichnung

Seit dem 1. Januar 2021 ist das Vereinigte Königreich (VK) nicht mehr Mitglied der Europäischen Union beziehungsweise des europäischen Binnenmarktes. Die Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich regelt ein Handels- und Kooperationsabkommen (Trade and Cooperation Agreement - TCA).

Mit dem Austritt des VK aus der EU sind nichttarifäre Handelshemmnisse entstanden. So ist nun beispielsweise die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen weggefallen und es sind nunmehr die Produktvorschriften und Standards des VK zu beachten.

Im Grundsatz wurden zum 1. Januar 2021 die in der EU geltenden Standards und Vorschriften für die Produktzulassung und Produktkennzeichnung in britische Regelungen und Standards (UK designated standards) überführt. Es ist zu erwarten, dass britische und europäische Produktvorschriften nach und nach auseinanderdriften werden.

Produktzulassung auf dem britischen Markt seit 1. Januar 2021

CE-Kennzeichnung – UKCA

Zum 1. Januar 2021 wurde die CE-Kennzeichnung durch die neue UKCA (United Kingdom Conformity Assessed) Produktkennzeichnung abgelöst. Das gilt für England, Wales und Schottland. Für Nordirland gelten weiterhin die EU-Regelungen.

Das Vereinigte Königreich hatte für die Verwendung der CE-Kennzeichnung eine Übergangsfrist bis 31. Dezember 2024 vorgesehen. Die britische Regierung beabsichtigt nun jedoch, die Anerkennung der CE-Kennzeichnung für das Inverkehrbringen der meisten Waren in Großbritannien auf unbestimmte Zeit über Dezember 2024 hinaus zu verlängern. Diese Aktualisierungen gelten für diejenigen 18 Bereiche, die dem Ministerium für Wirtschaft und Handel (DBT) unterstehen. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Homepage der britischen Regierung.  

Für Medizinprodukte, Bauprodukte, Seilbahnen, ortsbewegliche Druckgeräte, unbemannte Luftfahrtsysteme, Schienenfahrzeuge und Schiffsausrüstung gelten gesonderte Regeln. 

Um die Umstellung auf das britische UKCA-Label zu erleichtern, hat die britische Regierung folgende Vereinfachungen eingeführt:  

  • Neu-Zertifizierungen für Produkte, die bis zum 31. Dezember 2024 eingeführt werden und das CE-Zeichen tragen, sind nicht zwingend verpflichtend.
  • Bereits importierte Ware muss nicht erneut etikettiert werden.
  • Ersatzteile von bereits importierter und konformer Ware benötigen keine weitere UKCA-Kennzeichnung.
  • Das UKCA-Kennzeichen darf bis 31. Dezember 2027 auch auf Begleitdokumenten oder Etiketten angebracht werden. Danach hat die UKCA-Kennzeichnung am Produkt selbst zu erfolgen.

Weitere Informationen zu den Erleichterungen gibt es auf der Website der britischen Regierung.

Ab dem 1. Januar 2028 muss die UKCA-Kennzeichnung zwingend auf dem Produkt selbst angebracht werden. Eine Kennzeichnung nur auf Etiketten oder den Begleitdokumenten ist dann nicht mehr zulässig. Auch müssen ab dem 1.1.2028 die Kontaktdaten des Importeurs auf dem Produkt angegeben werden. Die Angabe dieser Daten lediglich auf Etiketten oder Begleitdokumenten ist nicht ausreichend. 

Die EU-Datenbank Acccess2 Markets bietet produktgruppenbezogene Informationen zu Zöllen, Ursprungsregeln und Produktanforderungen, die bei der Einfuhr von Waren in Drittländer gelten. Durch die Eingabe der Warentarif-Nummer, dem Herkunfts- sowie dem Bestimmungsland Ihrer Produkte erhalten Sie unter der Rubrik „Verfahren und Formalitäten“ die land- und produktspezifischen Informationen zu technischen Vorschriften, Normen und Konformitätsbewertungsverfahren. 

UK Approved Bodies

Produkte, für die eine Zertifizierung durch Dritte vorgeschrieben ist, müssen die Konformität durch eine britische Prüfstelle bescheinigen lassen. Das Vereinigte Königreich hat die bisher in der EU zugelassenen Prüfstellen ("Notified Bodies" oder "Benannte Stellen") mit Sitz im Vereinigten Königreich als "UK Approved Bodies" anerkannt.

Nur die im Vereinigten Königreich ansässigen "UK Approved Bodies" dürfen britische Konformitätsbewertungen vornehmen. Dabei bescheinigen diese den Produkten, die auf dem britischen Markt in Umlauf gebracht werden, dass die im Vereinigten Königreich geltenden Vorschriften erfüllt sind.

Die Datenbank der "UK Market Conformity Assessment Bodies" (UKMCAB) listet alle offiziellen Stellen auf, die Konformitätsbewertungen für den britischen Markt vornehmen können.

UK Declaration of Conformity

Eine UK-Konformitätserklärung (UK Declaration of Conformity - UK DoC) ist der EU-Konformitätserklärung sehr ähnlich. Sie muss bestimmten Mindestanforderungen genügen. Mehr dazu auf der Website der britischen Regierung

Rolle der Importeure

Produkte, die von Deutschland ins Vereinigte Königreich und dort in Verkehr gebracht werden, müssen mit Name und Anschrift eines “Importers” (Importeur) gekennzeichnet werden. Der Importeur muss im Vereinigten Königreich ansässig sein und trägt die Verantwortung, dass geltende britische Vorschriften hinsichtlich der Anforderungen an Konformität, Sicherheit, Verpackung und Etikettierung eingehalten werden. Als Importeur kann beispielsweise ein Vertriebspartner oder auch ein Zollvertreter eingesetzt werden.

Für den Vertrieb von Medikamenten, Medizinprodukten oder Kosmetikprodukten aus der EU ins Vereinigte Königreich muss eine dort ansässige “Responsible Person” oder ein “Authorised Representative” benannt werden, die im Auftrag des Herstellers die Anforderungen an Zertifizierung und Produktsicherheit sicher stellen müssen. Eine Liste mit potenziellen Ansprechpartnern bietet die Deutsch-Britische Industrie- und Handelskammer online an..

Zulassung von Chemikalien

Unternehmen, die chemische Substanzen, Gemische, Verpackungen oder Biozide, die unter die geltenden REACH-, CLP-, BPR- oder PIC-Verordnungen fallen, mit dem VK handeln, müssen die geänderten Spielregeln beachten. Mit "UK REACH"  hat das Vereinigte Königreich zum 1. Januar 2021 eine eigene nationale Chemikalienverordnung eingeführt. Die bestehenden EU-REACH-Regeln wurden in britisches Recht übernommen. Übergangsregeln und -fristen wurden eingeführt.

Exporteure mit Sitz in der EU können einen Alleinvertreter („Only Representative“) mit Sitz im Vereinigten Königreich beauftragen, um die bestehende Registrierung in das neue UK REACH zu überführen (Grandfathering). Hierfür müssen der zusändigen britischen Behörde "Health and Safety Executive" (HSE) bestimmte Basisinformationen übermittelt werden. Die Übermittlung erfolgt über das IT-System "Comply with UK REACH".

Der gesamte Überführungsprozess muss innerhalb von zwei, vier oder sechs Jahren abgeschlossen sein. Grundlage für die jeweilge Dauer beziehungsweise Frist ist die Gefahrenklasse der jeweiligen Substanz sowie die Tonnage.

Informationen und Handlungsempfehlungen bietet die europäische Chemikalienagentur ECHA. Auch die britische Regierung stellt hierzu Leitlinien sowie weitere ausführliche Informationen zur Verfügung.

Für Nordirland gelten aufgrund des bestehenden Sonderstatus weiterhin die EU-REACH-Vorschriften.

Lebensmittelkennzeichnung

Auch für die Lebensmittelkennzeichnung ergeben sich Änderungen, die jedoch erst nach einer Übergangsfrist bis zum 1. Oktober 2022 greifen sollen. Während der Übergangsphase darf ein Produkt auf dem britischen Markt vertrieben werden, solange auf der Verpackung eine Adresse innerhalb der EU angegeben ist. Ab 1. Oktober 2022 müssen britische Kontaktdaten angegeben werden. Hat das Lebensmittelunternehmen keinen Sitz im Vereinigten Königreich, ist die Adresse des britischen Importeurs anzugeben.

Falls eine Herkunftskennzeichnung vorgeschrieben ist, so kann bis 30. September 2022 weiterhin die Angabe "EU" verwendet werden. Dies gilt jedoch nur für Produkte, die für den britischen Markt bestimmt sind. Ab 1. Oktober 2022 muss bei Herkunftsangaben von Lebensmitteln zwischen "UK" und "non-UK" unterschieden und diese entsprechend gekennzeichnet werden.

Weitere Informationen enthält eine Handreichung der britischen Regierung zur Lebensmittelkennzeichnung.

Zulassung britischer Produkte auf dem EU-Markt seit 1. Januar 2021

Zertifikate, Bescheinigungen oder Zulassungen, die von Prüfstellen im Vereinigten Königreich ausgestellt wurden, gelten seit dem 1. Januar 2021 für das Inverkehrbringen von Produkten in der EU nicht mehr.

Ist nach EU-Recht eine Zertifizierung durch eine benannte Stelle der EU erforderlich, wie etwa bei einigen Medizinprodukten, so dürfen Produkte, die von im Vereinigten Königreich niedergelassenen Stellen zertifiziert wurden, nicht mehr in der EU in Verkehr gebracht werden.

Weitere Hinweise hierzu gibt die Website der deutschen Zollverwaltung.

Steuerthemen

Zum 1. Januar 2021 wurde der Brexit endgültig vollzogen. Dadurch ergeben sich auch Auswirkungen auf das Steuerrecht, insbesondere das Umsatz- und Verbrauchsteuerrecht. Neu ist die Plastiksteuer.

Umsatzsteuer

Einfuhrumsatzsteuer
Lieferungen von Waren nach Großbritannien (ohne Nordirland) sind nun als Ausfuhrlieferung steuerbefreit (vgl. § 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. §6 UStG). In Großbritannien fällt Einfuhrumsatzsteuer an. Gleichzeitig gelten entsprechende Nachweisvorschriften (vgl. §§ 8 bis 17 UStDV). Entsprechend unterliegen Lieferungen aus Großbritannien in Deutschland der Einfuhrumsatzsteuer.

Großbritannien hat bei Einfuhren eine zeitlich verschobene Verrechnung der Umsatzsteuer ("Postponed VAT Accounting") eingeführt. Damit fällt diese unter bestimmten Voraussetzungen nicht zum Zeitpunkt der Einfuhr an, sondern kann zusammen mit dem Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuererklärung gemeldet werden. Nicht im Vereinigten Königreich niedergelassene Unternehmen benötigen dafür eine umsatzsteuerliche Registrierung im Vereinigten Königreich, eine britische EORI-Nummer sowie einen dort ansässigen Zollagenten für die Einfuhrabwicklung.

Weitere Informationen zur Umsatzbesteuerung von grenzüberschreitenden Warensendungen ins Vereinigte Königreich gibt es auf den Internetseiten der Deutsch-Britischen Handelskammer (AHK London).

Für Nordirland gelten aufgrund des Nordirland-Protokolls im Bereich der Warenlieferungen weiterhin die Regelungen des EU-Binnenmarktes und damit des Umsatzsteuerrechts der EU. Damit gelten Lieferungen von und nach Nordirland als innergemeinschaftlicher Erwerb beziehungsweise innergemeinschaftliche Lieferung. Für nordirische Umsatzsteuer-Identifikationsnummern findet nun das Präfix "XI" Anwendung.

Fernverkauf
Werden Waren im Wert von bis zu 135 Pfund Sterling direkt an Endverbraucher in Großbritannien (England, Schottland und Wales) versandt (B2C-Handel) wird die britische Umsatzsteuer nicht bei der Einfuhr sondern zum Zeitpunkt des Verkaufs (Point of Sale) erhoben. Dabei bezieht sich die 135-Pfund-Grenze auf den Gesamtwert und nicht auf die einzelnen Gegenstände einer Sendung. Der Verkäufer muss sich entsprechend in Großbritannien umsatzsteuerlich registrieren und die Umsatzsteuer abführen.

Wird der Verkauf durch eine Online-Plattform (Online Marketplace – OMP) unterstützt, verlagert sich die Pflicht zur Registrierung und Abrechnung der britischen Umsatzsteuer auf diese.

Für den Fernverkauf mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren beziehungsweise nicht-kommerziellen Waren (zum Beispiel Geschenke) gelten abweichende Regeln.

Werden Waren im Wert von bis zu 135 Pfund an Kunden, die eine britische Umsatzsteuer vorweisen, verschickt (B2B), kommt eine sogenannte Reverse-Charge-Regel zur Anwendung und die Steuerschuld kann auf den Warenempfänger verlagert werden.

Das Merkblatt der AHK London enthält weitere Details zu den neuen Regelungen für den Versandhandel mit dem Vereinigte Königreich.

Umsatzsteuer bei sonstigen Leistungen
Auch im Dienstleistungsverkehr (sonstige Leistungen) wurde Großbritannien umsatzsteuerrechtlich zum Drittlandsgebiet, das gilt im Übrigen auch für Nordirland.

Bei der Erbringung von sonstigen Leistungen an Unternehmen (B2B) im Vereinigten Königreich gilt in zahlreichen Fällen eine grundsätzliche Reverse-Charge-Regel, analog zum Reverse-Charge-Verfahren bei innergemeinschaftlichen sonstigen Leistungen. Damit verlagert sich in diesen Fällen die Steuerschuld auf den im VK ansässigen Leistungsempfänger.

Werden sonstige Leistungen an Nichtunternehmer (B2C) im Vereinigten Königreich erbracht, werden diese im Grundsatz am Sitz des leistenden Unternehmens ausgeführt. Zu beachten ist jedoch, dass nach deutschem Umsatzsteuerrecht bei sogenannten Katalogleistungen (zum Beispiel Rechtsberatung, Werbeleistungen, Ingenieurleistungen) der Leistungsort im Vereinigten Königreich liegt, so dass gegebenenfalls eine Nichtbesteuerung eintritt. Elektronische beziehungsweise digitale Leistungen an Privatkunden im VK sind dort steuerbar und steuerpflichtig und somit muss sich das leistende Unternehmen dort umsatzsteuerlich registrieren.

In beiden Konstellationen (B2B und B2C) gibt es Sonderregeln (zum Beispiel für elektronische Dienstleistungen B2C), die jeweils die Grundregel verdrängen, das heißt es kann dann zu umsatzsteuerlichen Registrierungspflichten kommen.

Nähere Details enthält ein Merkblatt der AHK London.

Weitere Informationen zu den Auswirkungen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union auf die umsatzsteuerliche Abwicklung enthält ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. Dezember 2020.

Vorsteuerrückvergütung
In Deutschland ansässige Unternehmen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind und im Zusammenhang mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit in Großbritannien Vorsteuerbeträge entrichtet haben, können diese in einem besonderen Verfahren vergütet bekommen. Weitere Details zu den Voraussetzungen sowie das Antragsformular gibt es auf der Website der britischen Regierung.

Verbrauchsteuer

Mit dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs erlöschen alle verbrauchsteuerrechtlichen Erlaubnisse und Zulassungen sowie Registrierungen von Wirtschaftsbeteiligten mit Sitz im Vereinigten Königreich.

Verbrauchsteuerrechtlich ist ein direktes Versenden oder Empfangen von unversteuerten und versteuerten verbrauchsteuerpflichtigen Waren in das und aus dem Vereinigten Königreich nicht mehr möglich. Vielmehr sind derartige Vorgänge als zollrechtliche Ausfuhren beziehungsweise Einfuhren zu behandeln, für die die Bestimmungen des Zollrechts Anwendung finden.

Der deutsche Zoll informiert in seiner EMCS-Info 09/20 vom 16. Dezember 2020 über die Beförderung verbrauchssteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung ins Vereinigte Königreich beziehungsweise aus dem Vereinigten Königreich. Die Meldung beinhaltet insbesondere Hinweise zur mehrstufigen Abwicklung offener EMCS-Vorgänge innerhalb des IT-Verfahrens EMCS sowie zur Eröffnung von EMCS-Vorgängen mit Nordirland seit 1. Januar 2021.

EMCS-Infos auf der Website der Zollverwaltung

Weitergehende Informationen zur Verbrauchssteuer auf der Website der deutschen Zollverwaltung.

Plastiksteuer

Seit April 2022 werden Unternehmen, die mehr als 10 Tonnen Kunststoffverpackungen über einen Zeitraum von 12 Monaten im Vereinigten Königreich herstellen oder in das Vereinigte Königreich importieren, mit der neuen britischen Steuer auf Kunststoffverpackungen (UK Plastic Packaging Tax) belegt.

Sollten deutsche Unternehmen einen britischen Importeur haben, muss sich Letzterer bei der britischen Finanzbehörde “HM Revenue and Customs” (HMRC) für die Steuer registrieren.

Die Höhe der “Plastiksteuer” liegt bei 200 Pfund pro Tonne auf Kunststoffverpackungen mit weniger als 30% recyceltem Kunststoffanteil.
Mehr dazu auf der Website der AHK London

Dienstleistungsverkehr und Einreisebestimmungen

Mit dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus dem EU-Binnenmarkt endete die Dienstleistungsfreiheit. Das Handels- und Kooperationsabkommen (Wortlaut auf EUR-Lex) zwischen Europäischer Union (EU) und Vereinigtem Königreich (VK) trifft daher neue Regelungen für die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen.

Das Abkommen sieht gewisse Erleichterungen für den Handel mit Dienstleistungen und Investitionen vor. Allerdings gibt es Dienstleistungsbereiche, für welche die vorgesehenen Erleichterungen nicht gelten, dazu zählen diverse Verkehrsdienstleistungen und audiovisuelle Dienstleistungen.

Für gewisse Dienstleistungen gibt es Beschränkungen. Zum Beispiel können vorherige Genehmigungen oder Lizenzen erforderlich sein.

Lizenzfinder
Die britische Regierung hat das Tool "Licence finder" eingerichtet, das Auskunft über die zur Dienstleistungserbringung potenziell notwendigen Lizenzen gibt.

Dienstreisen und Entsendungen
Vom Wegfall der Dienstleistungsfreiheit mit dem Vereinigten Königreich (VK) sind vor allem Unternehmen betroffen, die ihre Mitarbeiter regelmäßig zur Erbringung von Dienstleistungen ins VK schicken, zum Beispiel zur Montage oder Inbetriebnahme von Maschinen und Anlagen.

Grundsätzlich ist zu beachten, dass die einschlägigen EU-Verordnungen (zum Beispiel die Entsenderichtlinie) und Regeln im Verhältnis zum VK nicht mehr anwendbar sind. Im Grundsatz benötigen Unternehmen und Selbständige nun eine vorherige Genehmigung zur Erbringung von Dienstleistungen im Vereinigten Königreich. Dazu sind unter Umständen bestimmte Qualifikationen nachzuweisen. Es gibt allerdings eine “Positivliste”, die diejenigen Tätigkeiten beziehungsweise vertraglichen Dienstleistungen listet, die ausdrücklich erlaubt sind, darunter Dienstleistungen in den Bereichen Buchhaltung und Rechnungswesen, Steuerberatung, Architektur-, Bau- und Ingenieursleistungen, technische Beratungsleistungen, Computerdienstleistungen, Wartung und Instandsetzung bestimmter Produkte, Werbung und Marktforschung. Eine ähnliche Liste existiert für freiberufliche Tätigkeiten. Allerdings gibt es auf diesen Listen sogenannte “Vorbehalte (reservations)” für einen freien Marktzugang.

Aufenthalts- und Immigrationsrecht

Einreise ohne Visum
Für einfache Geschäftsreisen ohne “öffentliche Leistungserbringung” ist die Einreise als "Standard Visitor" über die sogenannte Besucher-Route erlaubt. Hierfür ist für Arbeitnehmer mit deutscher Nationalität gundsätzlich kein gesondertes Einreisevisum erforderlich. Ein Aufenthalt bis zu 6 Monaten ist möglich, der “Visitor” kann innerhalb dieses Zeitraums auch mehrfach in das VK einreisen.

Allerdings dürfen hier in der Regel nur bestimmte Aktivitäten im Vereinigten Königreich ausgeübt werden:

  • Teilnahme an Sitzungen, Konferenzen, Seminaren, Interviews, Schulungsangeboten
  • Verhandlungen mit Geschäftspartnern und Vertragsunterzeichnung
  • Teilnahme an Messen oder Ausstellungen zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit (kein Direktverkauf)
  • Besuche innerhalb der Unternehmensgruppe
  • Montage und Demontage, Instandsetzung beziehungsweise Reparatur, Wartung oder Beratung und Schulung im Zusammenhang mit dem Verkauf, der Lieferung oder der Vermietung gewerblicher oder industrieller Ausrüstung oder Maschinen, einschließlich Computersoftware (“after-sales” oder “after-lease services”). Die Möglichkeit zur visumsfreien Einreise zur Erbringung verkaufsnaher Dienstleistungen greift nicht nur für Mitarbeiter des Herstellers oder Lieferanten sondern auch für Mitarbeiter ausländischer Gesellschaften, die zwar weder Hersteller noch Lieferannten gleichwohl aber Teil einer vertraglichen Vereinbarung über Kundendienstleistungen sind. Das gilt zum Beispiel für Dienstleistungenn im Rahmen von Garantie- oder Reparaturleistungen. Die Vereinbarung muss jedoch im Zeitpunkt des Verkaufs oder der Vermietung getroffen worden sein.
  • Marktrecherche und -analyse
  • Übersetzungs- und Dolmetschertätigkeiten
  • Reiseführertätigkeit

Die britische Regierung veröffentlicht auf ihrer Internetseite eine Liste der im Rahmen der britischen Immigration Rules erlaubten Tätigkeiten.

Bei der Einreise sollten entsandte Arbeitskräfte bzw. Dienstreisende Dokumente vorlegen können, die den Zweck der Reise belegen. Das könnten sein: Verträge, Eintrittskarten für Messen, Einladungen zu Geschäftstreffen, Geschäftskorrespondenz, etc. Eine Anleitung der britischen Regierung führt aus, welche Art von Begleitpapieren bei der Einreise mitgeführt werden sollten.

Einreise mit Visum
Für alle übrigen Geschäftsreisen und für solche von über 6 Monate Dauer ist in der Regel ein Visum erforderlich. Basierend auf einem punktebasierten System wird anhand von Faktoren wie Fähigkeiten, Sprachkenntnisse, Höhe des Einkommens über ein Visum entschieden. Weitere Details dazu gibt es auf der Website der britischen Regierung.

Ist ein Visum erforderlich und sind alle notwendigen Voraussetzungen dafür erfüllt, kann kostenpflichtig ein Visum für die Einreise beantragt werden und zwar frühestens drei Monate vor Arbeitsbeginn.

Seit April 2022 gibt es hierfür das “Global Business Mobility Visa”, das 5 sogenannte Einreiserouten vorsieht:

  • Service Supplier
  • Secondment Worker
  • Senior or Specialist Worker
  • Graduate Trainee
  • UK Expansion Worker

Die oben genannten Routen basieren auf einer auf der Website der britischen Regierung verfügbaren Liste von Tätigkeiten, die im Rahmen des “Global Business Mobility Visa” erlaubt sind.

Das für sogenannte “Contractual Service Suppliers” (Angestellte sowie Selbständige) relevante Visum ist das "Service Supplier" Visum. Es kann zum Beispiel für Arbeitnehmer deutscher Unternehmen (ohne britische Betriebsstätte), die Dienstleistungen im VK erbringen, beantragt werden. Erlaubt sind Aktivitäten, die im Anhang des EU-VK-Handels- und Kooperationabkommens gelistet sind und nicht unter die britischen Vorbehalte fallen. Voraussetzung zum Erhalt dieses Visums ist eine mindestens einjährige Beschäftigung in der aktuellen Firma. Zudem braucht es ein “certificate of sponsorship” ausgestellt durch einen "Licenced Sponsor", zum Beispiel den britischen Geschäftspartner. Nähere Informationen gibt der Leitfaden der britischen Regierung.

Ebenso zur Verfügung steht hier die "Secondment Worker" Route. Sie gilt allerdings nur bei einem “High-Value Contract” mit einem britischen Sponsor mit einem Wert von mindestens 50 Millionen GBP. Die geplante Tätigkeit im VK muss unter den “Skilled Occupations” gelistet sein. Auch hier ist ein “Certificate of Sponsorship” gefordert.

Für konzerninterne Entsendungen ins Vereinigte Königreich kämen die Routen "Senior or Specialist Worker" beziehungsweise "Graduate Trainee" infrage. Der “Senior or Specialist Worker” muss zuvor mindestens ein Jahr bei dem Konzernunternehmen im Herkunftsland beschäftigt gewesen sein. Auch bei diesen beiden Routen gilt das “sponsorship” Prinzip. In diesem Falle wäre dann die britische Konzerngesellschaft der “licenced sponsor”. Zudem ist ein Mindestjahresgehalt gefordert.

Schließlich gibt es noch die "Expansion Worker" Route. Diese Route bietet sich an, wenn Sie eine Niederlassung oder Tochtergesellschaft im Vereinigten Königreich aufbauen wollen und hierfür Personal entsenden möchten.

Für Grenzgänger besteht die Möglichkeit, eine Grenzgänger-Erlaubnis (Frontier Worker Permit) zu beantragen. Der Antragsteller muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Zum Beispiel muss er mindestens einmal in einem 12-Monats-Zeitraum als Grenzgänger im Vereinigten Königreich aktiv gewesen sein und bereits vor dem 1. Januar 2021 regelmäßig im VK gearbeitet haben. Der Antrag muss online eingereicht werden.

Im Übrigen benötigen EU-Bürger seit Oktober 2021 generell – mit nur wenigen Ausnahmen – einen Reisepass für die Einreise ins Vereinigte Königreich. Der Personalausweis ist nicht mehr ausreichend. Diese Regelung gilt auch für Dienstreisende und LKW-Fahrer. Ausnahme gibt es für Personen, die aufgrund eines zu EU-Zeiten erworbenen Rechts in das VK einreisen dürfen: Inhaber einer Grenzgänger-Erlaubnis ("Frontier Worker Permit") und des so genannten "Settled Status". Allerdings ist diese Ausnahmeregel befristet und wird voraussichtlich zum Ende des Jahres 2025 auslaufen.

Die derzeit im Vereinigten Königreich geltenden “Immigration Rules” auf der Website der britischen Regierung.

Sozialversicherungspflicht
Die im Rahmen eines Protokolls zum oben genannten Abkommen getroffenen Regelungen im Bereich der Sozialversicherungspflicht bei vorübergehender Entsendung besagen, dass der entsandte Arbeitnehmer weiterhin im Heimatland sozialversichert bleibt, vorausgesetzt

  • die Dauer der Auslandsbeschäftigung überschreitet nicht 24 Monate, und
  • der entsandte Mitarbeiter löst nicht einen anderen entsandten Mitarbeiter ab.

Ähnliches gilt auch für selbstständig Tätige.

Für das Formular A1 wie auch für die Europäische Krankenversicherungskarte regelt das Protokoll, dass diese bis auf Weiteres weiterverwandt werden sollen.

Lohnsteuer
Die lohnsteuerliche Behandlung entsandter Arbeitnehmer richtet sich nach dem "Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen" (DBA Großbritannien) vom 30. März 2010 (in Kraft seit 30. Dezember 2010). Seit dem 1. Januar 2016 findet das Protokoll vom 17. März 2014 zur Änderung des Deutsch-Britischen Doppelbesteuerungsabkommens Anwendung. Demnach ist die Vergütung von Ortskräften, die im Vereinigten Königreich tätig sind und die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, ausschließlich in Deutschland zu versteuern. Das DBA ist auf der Webseite des Bundesministeriums der Finanzen abrufbar.

Martin Fahling

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Katrin Glaser

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