Events

„Jedes Ticket zählt“

Zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie sind große Events wieder möglich. Doch wie schnell wird sich die Veranstaltungsbranche von den zurückliegenden beiden Jahren im Ausnahmezustand erholen? WNA hat sich bei regionalen Veranstaltern und Betreibern von Eventlocations umgehört.

Stefan BuckFoto: PR

Stefan Buck, Geschäftsführer SB Entertainment GmbH & Co. KG, Reutlingen
„Im Frühjahr 2020 dachten wir, wenn wir alle Veranstaltungen um zwei Monate verschieben, können wir im Herbst wie gewohnt weitermachen. Daraus wurden dann 16 Monate – und manche Termine haben wir inzwischen zwei- oder dreimal verschoben. Als vorigen Sommer vereinzelte Events möglich wurden, war zwar der organisatorische Aufwand enorm, weil die Hygienekonzepte mit den wechselnden Vorschriften mithalten mussten – aber immerhin kamen so noch etwa 40 Prozent unseres Programms, das wir als Konzertveranstalter planen und betreuen, auf die Bühne. Da wir dieses Jahr sicherer planen können, haben wir für den Sommer mehrere große Open-Air-Termine angesetzt, darunter Johannes Oerding und die „SWR1 Pop & Poesie“ im Sparkassen Carré Tübingen sowie Hillu’s Herzdropfa und ein Konzert der Spider Murphy Gang im Naturtheater Hayingen. Damit sich die Besucher nach zwei Jahren Abstand und Maske bei diesen Live-Events wohl fühlen, hoffen wir nun sehr, dass das Infektionsgeschehen im Sommer deutlich nachlässt und keine neuen Restriktionen nötig werden.“ /

Ruben Dekorsy, Junior Project Manager Elements Festival, Dormettingen
„Anders als die meisten Open-Air-Events findet das Elements Festival nicht im Sommer, sondern im Frühjahr statt. In der Pandemie war das eher ungünstig: Sowohl 2020 als auch 2021 mussten wir kurzfristig absagen. Dass wir für dieses Jahr Planungssicherheit haben, freut uns daher sehr – auch weil so viele Besucherinnen und Besucher darauf verzichtet haben, ihre Tickets gegen Gutscheine einzutauschen. Dafür, dass sie uns so die Treue gehalten haben, wollen wir ihnen am 27. und 28. Mai 2022 wieder echtes Festival-Feeling bieten. Jetzt, wo es endlich weitergeht, zeigt sich allerdings auch, wie sehr sich die Branche während der Corona-Zeit verändert hat. Wir haben zwar inzwischen für jede Situation das passende Hygienekonzept, aber viele Zulieferer und Dienstleister, die für Festivals unerlässlich sind – etwa Security oder Event-Gastronomie – haben Schwierigkeiten, die gewohnten Personalkontingente aufzubringen. Bis sich die Branche von den Folgen der langen Kurzarbeit erholt hat, wird es sicher noch eine Weile dauern.“ /

Ruben DekorskyFoto: PR
Matthias KleinFoto: PR

Matthias Klein, Geschäftsführer, Stadthalle Balingen
„Die Stadthalle Balingen organisiert jährlich rund 90 eigene Veranstaltungen – und dazu kommen all die Events, für die unsere Halle als Location gebucht wird. Seit Beginn der Pandemie mussten wir rund 260 Termine absagen und über 80 weitere verschieben. Dank Überbrückungshilfen und Förderprogrammen wie „Neustart Kultur“ hat uns das aber nicht ganz so hart getroffen wie andere in der Branche. Aus Solidarität mit den Künstlerinnen und Künstlern sowie den Zulieferbetrieben war es uns wichtig, auch mit reduzierten Platzzahlen möglichst viele Veranstaltungen durchzuführen: Jedes Ticket zählt – und dass die Einschränkungen für die Hallenbelegung fallen, freut uns daher sehr. Wie sich das Ende der Corona-Maßnahmen auf die Besucherzahlen auswirkt, ist im Moment aber noch nicht abzusehen. Kommen nun die Zuschauerinnen und Zuschauer zurück, die Kulturveranstaltungen mit Maske nicht so recht genießen konnten? Oder bleiben eher die Zuschauerinnen und Zuschauer aus, die Innenräume ohne Maske als unsicher empfinden? Ich glaube, da können wir nur abwarten und beobachten.“ /

Petra Roser, Geschäftsführerin Stadthalle Reutlingen
„Anstatt Veranstaltungen zu organisieren, haben wir uns in der Pandemie vor allem mit juristischen Fragen beschäftigt. Wenn ich ganz ehrlich bin, hatte ich den Eindruck, dass Bund und Länder es sich da oft leicht gemacht und die Frage, wie die Coronaverordnungen umgesetzt werden können, auf die Betriebe abgewälzt haben. Das Ende der Maßnahmen und die endlich wieder sinkenden Fallzahlen lassen mich daher hoffen, dass jetzt die Rückkehr zu so etwas wie Normalität beginnt. Sowohl für die Veranstaltungsbranche als auch für die damit verbundenen Gewerbe wie Hotellerie und Gastronomie wird das allerdings ein langer Weg. Viele Veranstalter verschieben ihre Termine derzeit auf den Herbst oder gleich ins nächste Jahr, weil ihnen das Risiko kurzfristiger Ausfälle zu groß ist. Erschwerend kommt außerdem hinzu, dass internationale Tourneen und Kongresse geöffnete Grenzen voraussetzen – und kaum, dass sich das Infektionsgeschehen beruhigt, folgt mit dem Ukraine-Krieg direkt die nächste globale Krise.“ /

Petra RoserFoto: PR
Ferenc RottFoto: PR

Ferenc Rott, Geschäftsführer TuS Metzingen Handball-Bundesliga GmbH
„Als sich die Corona-Lage im Frühjahr 2020 zuspitzte, wurde die Meisterschaft der Handball-Bundesliga abgebrochen. Daher waren wir froh, dass wir im Herbst wieder spielen konnten, auch wenn es eine Saison ohne Zuschauerinnen und Zuschauer wurde. Wir wissen, dass wir damit zu den Privilegierten zählen: Die Bundesliga durfte weitermachen, während unterklassige Mannschaften aussetzen mussten. Seit Herbst 2021 sind wieder begrenzte Zuschauerzahlen möglich, aber mit Maske und Abstand ist die Stimmung natürlich eine ganz andere als in der ausverkauften Halle mit 1.100 Fans. Auch wenn ich insgesamt optimistisch bin, glaube ich nicht, dass wir direkt nach Ende der Maßnahmen an Zahlen wie diese anknüpfen können: Wir müssen abwarten, wie sich die Situation entwickelt – nicht nur für die Fans, auch für die Mannschaften. Wir haben aktuell drei Heimspiele nachzuholen, die aufgrund von Corona-Fällen verschoben wurden, und hoffen, dass nicht kurz vor Saisonende noch jemand erkrankt und wir in Verlängerung gehen müssen.“ /

(Diese Statements erschienen in der WNA-Ausgabe 6/2022.)