Statements

„Wir rechnen mit einer längeren Durststrecke“

WNA hat sich bei Industriebetrieben aus den Landkreisen Reutlingen, Tübingen und Zollernalb umgehört, welche Themen sie derzeit am meisten beschäftigen – und welche Maßnahmen bei aktuellen Problemen Abhilfe schaffen könnten.

IHK Reutlingen, Tübingen und ZollernalbFoto: PR

„Bürokratie verlangsamt viele unserer Prozesse“

Georgia Brielmann, Geschäftsführerin der MEZ GmbH, Reutlingen

Wir spüren derzeit einen deutlichen Dämpfer im Auftragseingang: Wir liegen annähernd 20 Prozent unter dem Vorjahreswert und rechnen mit einer längeren Durststrecke. Viele unserer Kunden haben ihre Prognosen nach unten korrigiert und bestellen – verständlicherweise – erst, wenn sie ihre eigenen Aufträge sicher haben. Infolgedessen müssen wir immer flexibler werden, um kürzere Lieferzeiten zu ermöglichen.

Nur ist das leichter gesagt als getan, denn Bürokratie verlangsamt viele unserer Prozesse. Beantragen wir etwa Fördergelder für neues Equipment, müssen wir die Förderzusage abwarten, bevor wir investieren dürfen. Aber sechs Monate auf die Zusage und dann noch ein Jahr auf die Maschinen warten? Für mittelständische Unternehmen wie uns wird das schnell zur Belastung. Von der Politik würde ich mir daher wünschen, dass das straffe Korsett der Regularien rund um die Förderlinien ein wenig gelockert wird: Wer wettbewerbsfähig bleiben will, muss Investitionsentscheidungen schnell umsetzen können. /

Kai GminderFoto: PR

„So schnell wird sich der Arbeitsmarkt nicht entspannen“

Kai Gminder, Managing Director der Gustav Daiber GmbH, Albstadt

Uns treibt derzeit vor allem der Fachkräftemangel um. Was unser Lager angeht, klopfe ich auf Holz, denn da sind wir immer gut aufgestellt – aber bei den Fachkräften sieht das anders aus. Und das betrifft nicht nur IT und Digitalisierung: Selbst in Bereichen wie dem Marketing, wo noch vor fünf Jahren auf jede Stelle zig Bewerbungen kamen, ist der Rücklauf inzwischen gering. Für uns ist es daher umso wichtiger, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern viele gute Gründe für ihren weiteren Weg bei Daiber zu geben, denn so schnell wird sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt sicher nicht entspannen.

Das ist auch der Tatsache geschuldet, dass Deutschland für Fachkräfte aus dem Ausland nicht besonders attraktiv ist. Man denke allein an unser Steuersystem – oder an die Behördengänge. Was andernorts längst digital abläuft, bedeutet hierzulande monatelange Wege von einem Amt zum nächsten. Wenn wir dem Fachkräftemangel langfristig etwas entgegensetzen wollen, muss sich zuallererst an Hürden wie diesen etwas ändern. /

Manfred GreinerFoto: PR

„Misstrauensgesetzgebung bremst uns auf Dauer nur aus“

Manfred Greiner, geschäftsführender Gesellschafter der Rössle & Wanner GmbH, Mössingen

Was uns derzeit beschäftigt? Leider nicht die Dinge, auf die sich der Mittelstand konzentrieren sollte – das wären zum Beispiel Produkte, Markt und Personal –, sondern die überbordende Bürokratie. Wir haben es mit immer mehr Gesetzen und Vorschriften zu tun. Für Unternehmen mit schlanken Strukturen sind viele dieser Richtlinien, Vorschriften und Gesetze schwer zu handhaben. Ein Beispiel dafür wäre die Arbeitszeiterfassung. Bei uns galt 15 Jahre lang Vertrauenszeit, jetzt sollen wir wieder alles genau dokumentieren. In meinen Augen ist das ein Rückschritt.

Oder denken wir an die Lieferketten, die bei uns überwiegend innerhalb Deutschlands verlaufen oder maximal ins angrenzende europäische Ausland reichen: Die müssen wir bald mit demselben Aufwand darstellen wie ein multinationaler Großkonzern. Anstelle wachsenden Nachweis- und Dokumentationsaufwands bräuchte es meines Erachtens mehr Vertrauen in den Mittelstand, denn die Misstrauenshaltung der Politik bremst uns auf Dauer nur aus. /

Roman SkovFoto: PR

„Wir brauchen einheitliche Bewertungsgrundlagen“

Roman Skov, Mitglied der Geschäftsleitung der Moldex/Metric AG & Co. KG, Walddorfhäslach

Ich denke, Herausforderungen wie Inflation, Fachkräftemangel oder die inzwischen konstant hohen Materialpreise beschäftigen aktuell die allermeisten Unternehmen. Für uns als Hersteller von Arbeitsschutzprodukten kommt allerdings noch ein weiteres Thema dazu: Nicht nur mein Bruder und ich als Geschäftsleiter, sondern auch viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen sich derzeit intensiv mit Corporate Social Responsibility – denn seit etwa einem Jahr gehen fast wöchentlich Fragebögen und Audit-Anfragen bei uns ein.

Weil die ISO 26000 zu Themen wie Menschenrechten, Umwelt und Arbeitspraktiken nur eine ungefähre Richtung vorgibt, werden für die Audits unterschiedliche Richtlinien genutzt, die teils sogar von konkurrierenden Dienstleistern entwickelt werden. Von der Politik würde ich mir wünschen, dass diesem Wildwuchs Einhalt geboten wird:Wir brauchen einheitliche Bewertungsgrundlagen und Stellen, die überprüfen, wer wirklich belastbare Zertifikate vorweisen kann. Nur so entsteht ein faires Spielfeld. /

Christiane WodtkeFoto: PR

„Technologieoffenheit ist für den Wirtschaftsstandort unabdingbar“

Christiane Wodtke, geschäftsführende Gesellschafterin der Wodtke GmbH, Tübingen

Als Hersteller von innovativen Wärmesystemen für das Heizen mit Holz und Holzpellets im Wohnraum bewegen wir uns voll in der Diskussion über das Heizungsgesetz (GEG), das am 8. September nach monatelangem Ringen vom Bundestag beschlossen wurde und ab dem 1. Januar 2024 gilt. Dieses Gesetz gibt Orientierung – und ist dringend notwendig, denn die vergangenen Monate haben die Bürgerinnen und Bürger stark verunsichert.

Generell war die Zurückhaltung beim Thema Heizungen groß. Das ist für uns fatal: Erst haben wir die Produktion massiv ausgebaut – nun müssen wir sie zurückfahren, um sie im Jahr 2024 dann wohl wieder aufzubauen, auch unter Berücksichtigung einer angepassten Bundesförderung (BEG). Trotzdem gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass zumindest Teile der Politik sowohl die Expertise der Wirtschaft und der Wissenschaft als auch die Sorgen der Bürger wahrnehmen. Technologieoffenheit ist unabdingbar für einen starken Wirtschaftsstandort. Mein Credo: Ohne die Holzwärme sind die Klimaziele nicht zu erreichen. /

(Diese Statements erschienen in der WNA-Ausgabe 10+11/2023.)