Die Beschäftigung von Fachkräften aus dem Ausland eröffnet Firmen zusätzliche Chancen bei der Fachkräftesicherung. Zwei Erfolgsbeispiele aus der Region.
Wenn Stellen lange unbesetzt bleiben, können Unternehmen auf ein Wunder hoffen. Sie können aber auch aktiv werden. Für Christel Bez, die geschäftsführende Gesellschafterin der Emil Schmid Maschinenbau GmbH & Co. KG aus Sonnenbühl, stand nur Letzteres zur Debatte. Als sie sich darüber informierte, welche weiteren Zielgruppen sich ihr Unternehmen bei der Personalsuche erschließen könnte, erfuhr sie vom Pilotprojekt „Hand in Hand for International Talents“. Das Programm, an dem sich unter anderem die IHK Reutlingen und die Agentur für Arbeit beteiligen und das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird, vermittelt ausländische Fachkräfte in deutsche Betriebe.
Drei Mal hat dies für das Maschinenbauunternehmen bereits geklappt. „Natürlich gibt es immer irgendwelche Stolpersteine, die es zu überwinden gilt, aber unterm Strich können wir wirklich nur Positives berichten“, sagt Christel Bez. „Wir planen, noch weitere Beschäftigte über das Projekt zu gewinnen.“
Die Sympathie war gleich da
Jairo Reinher aus Brasilien war im Januar 2022 die erste ausländische Fachkraft, die über „Hand in Hand“ ins Unternehmen kam. Seitdem arbeitet er dort als Elektriker. „Die Sympathie war sofort da und uns war gleich klar, dass wir es miteinander versuchen wollen“, erzählt Bez rückblickend.Diese erste gute Erfahrung ebnete den Weg für zwei weitere Fachkräfte, die im Februar und August 2023 ebenfalls aus Brasilien auf die Schwäbische Alb zogen. Einer von ihnen hat das Unternehmen in der Zwischenzeit wieder verlassen. Ein Rückschlag, aber für Christel Bez kein Grund zum Aufgeben. Dafür läuft es mit dem zweiten Mitarbeiter, der im Bereich SPS-Programmierung tätig ist, umso besser: „Beide Mitarbeiter sind hoch motiviert und beherrschen ihr Aufgabengebiet sehr gut.“
Wer sich nicht alleine gelassen fühlt, ist motivierter
Arbeiten Hand in Hand
Um ihnen den Start im Betrieb zu erleichtern, steht jeder Fachkraft ein Mitarbeiter als Mentor zur Seite. „Die Unterstützung durch das Unternehmen war super. So wurde mir zum Beispiel auch bei der Wohnungssuche geholfen“, berichtet Jairo Reinher, der nach fast zwei Jahren seinen Platz im Betrieb längst gefunden hat. „Es ist gerade am Anfang wichtig, dass es in der Firma jemanden gibt, den die ausländischen Fachkräfte bei allen Fragen ansprechen können“, betont Christel Bez. „Wer sich nicht alleine gelassen fühlt, ist motivierter.“
Doch auch die Unternehmen selbst werden im Rahmen von „Hand in Hand“ umfassend unterstützt. „Es gibt für alle Belange eine Ansprechperson,“ sagt Bez. Die Auslandshandelskammern prüfen vorab die Abschlüsse und Sprachkenntnisse der Bewerberinnen und Bewerber. Bei Behördengängen helfen die IHK und die Arbeitsagenturen weiter. „Es ist wirklich ein Arbeiten Hand in Hand“, resümiert Christel Bez.
Ein weiteres Projekt, das Emil Schmid erfolgreich nutzt, ist das Programm „Integration durch Ausbildung – Perspektiven für Zugewanderte“, das Zugewanderten die Möglichkeit gibt, eine Ausbildung in einem deutschen Betrieb zu absolvieren. „Hinterher haben wir eine super ausgebildete Fachkraft“, sagt Bez. Sie ist stolz darauf, dass in ihrem Betrieb bereits drei Zugewanderte ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben und nun Teil des Teams sind.
Alle Hebel in Bewegung gesetzt
Ähnlich stolz zeigen sich auch Anita Bicaj und Martina Lauterbach, Personalverantwortliche bei der Weinmann Holzbausys-
temtechnik GmbH aus St. Johann, wenn sie von ihrem Azubi Suleiman Al Shblak erzählen. Ihn haben sie ebenfalls über das Programm „Integration durch Ausbildung“ für sich gewinnen können. Gleich nachdem sie durch einen Zeitungsartikel auf das vom Landesministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus geförderte Programm aufmerksam wurden, haben sie sich bei der IHK dazu angemeldet.
Suleiman Al Shblak kam vor acht Jahren aus Syrien nach Deutschland. Bei Weinmann, einem führenden Hersteller von Maschinen und Anlagen für den Holzbau sowie die Fertighausindustrie ist er seit 2022. Nach einer einjährigen Einstiegsqualifizierung konnten sich beide Seiten sicher sein, dass sich der 22-Jährige in Betrieb und Berufsschule sehr gut zurechtfinde würde. Die Ausbildung zum Fachinformatiker ist ihm wie auf den Leib geschneidert, seit September hat er seinen Ausbildungsvertrag. „Er wollte das einfach. Das ist sein Beruf und wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit er die Ausbildung bei uns machen kann“, erzählt Lauterbach. Al Shblak fühlt sich im Unternehmen sichtlich wohl. „Die Firma hat mir eine Chance gegeben und ich habe sie genutzt“, sagt er.
Unternehmen vergeben eine Chance, wenn sie dieses Potenzial nicht nutzen
Bürokratische Hürden überwunden
Dass Suleiman Al Shblak den Schritt in die Ausbildung schaffen würde, sei ihr von Anfang an klar gewesen, sagt Lauterbach. Die eigentliche Herausforderung seien die bürokratischen Hürden gewesen, bei deren Überwindung jedoch die IHK und die Agentur für Arbeit unterstützend zur Seite standen. „Dann war alles gut.“ Die anfänglichen Sprachbarrieren konnten beide Seiten gut meistern. „Trotzdem war es natürlich wichtig, dass Suleiman seine Sprachkenntnisse immer weiter vertieft“, so Lauterbach. „Mittlerweile ist sein Deutsch schon richtig gut und die Kommunikation verläuft ohne Probleme.“
Die Entscheidung, einen Geflüchteten auszubilden, bereut Weinmann nicht. „Wir haben einen Fachkräftemangel und es ist schwierig, Ausbildungsplätze zu besetzen. „Dabei kommen wirklich talentierte Menschen zu uns ins Land,“ sagt Anita Bicaj. „Unternehmen vergeben eine Chance, wenn sie dieses Potenzial nicht nutzen.“ /
(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 12/2023+1/2024.)