Ein Unternehmen zusammen mit Familienangehörigen zu gründen, birgt Chancen und Risiken. Für vier Brüder aus Pliezhausen sowie ein Vater-Sohn-Team aus Reutlingen war und ist es genau die richtige Entscheidung.
Albrecht Wandel ist einer von vier Brüdern einer Pliezhäuser Unternehmerfamilie. Viele Jahre haben sie zusammen unter einem Dach gelebt. Das habe sie zusammengeschweißt, sagt Wandel. Dass er gemeinsam mit seinen Brüdern einmal eine Firma gründen würde, hätte er sich allerdings lange nicht vorstellen können. Und doch ist es so gekommen.
Die Corona-Zeit gab den Ausschlag
Die Corona-Zeit hat den Ausschlag zur Produktidee und schließlich zur Gründung der Friedrich GmbH gegeben. „Fahrradfahren war in Zeiten des Homeoffice voll angesagt, auch in meiner Familie“, erinnert sich der gelernte Techniker. Doch wohin mit den Bikes? „Am besten in der Garage an die Wand hängen“, dachte er sich. Für ihn einfach, für seine schwangere Frau allerdings nicht zu handhaben. Also überlegte er sich eine besondere Fahrradaufhängung, mit der das Rad oder E-Bike ohne Kraftaufwand und platzsparend geparkt werden kann. Ein Linearantrieb mit Elektromotor zieht es dabei an der Wand hoch. Das Erfinden, so betont Albrecht Wandel, liege in den Genen der Familie. Groß geworden in der Schmiedewerkstatt von Opa Friedrich, haben die vier Brüder schon früh so lange an Ideen herumgetüftelt und geschraubt, bis dabei etwas Sinnvolles entstanden ist.
Wir kommen aus einer Unternehmerfamilie, der Betrieb war früher schon immer am Tisch präsent
Albrecht Wandel
Nachdem der Prototyp hergestellt war, ging es damit in die Start-up-Arena auf der Fahrradmesse Eurobike. Das durchweg positive Feedback gab den Anstoß, ein Serienprodukt zu entwickeln: den „Velolift“. Ein Jahr später folgte die Idee zur kompletten Fahrradgarage namens „Velo-Inn“. „Sie läuft recht gut, insbesondere bei Hotels und Firmen“, sagt Albrecht Wandel. Zwölf Fahrräder haben darin Platz. Außerdem gibt es Steckdosen zum Laden von E-Bikes. „Seit Anfang 2023 sind wir damit am Markt.“ Produziert wird in Römerstein-Zainingen, inzwischen wurden drei Mitarbeiter eingestellt. Eberhard Wandel leitet die Friedrich GmbH neben seinem eigenen Unternehmen, Albrecht Wandel kümmert sich um den Vertrieb. Die Brüder Hartmut und Gottfried Wandel, die ebenfalls mit eigenen Unternehmen selbstständig sind, bringen sich tatkräftig mit ein. Die Geschwister haben für die Umsetzung ihrer Ideen viel Geld in die Hand genommen. Eine finanzielle Förderung erhielten sie dafür nicht.
Das Brüder-Quartett verbringt beruflich und privat viel Zeit miteinander. Jeder weiß, wie die anderen ticken. Wann immer sie zu einem Familientreffen zusammenkommen, geht es natürlich auch ums Geschäft. „Wir kommen aus einer Unternehmerfamilie, der Betrieb war früher schon immer am Tisch präsent“, sagt Albrecht Wandel. Klar ist aber auch: „Es darf keinen Streit geben, manchmal muss sich jeder ein Stück weit zurücknehmen.“ Letztlich komme es darauf an, gemeinsam Entscheidungen zu treffen, hinter denen jeder stehen kann. Besonders wichtig sei, so Albrecht Wandel, eine offene und ehrliche Kommunikation, damit die Gründung in der Familie zum dauerhaften Erfolg wird.
Die eigene Firma ist ihr großer Traum
Das sehen auch Michael und Luke Huchet so. Vater und Sohn stehen in den Startlöchern, um in absehbarer Zeit zusammen ein Busunternehmen in Reutlingen zu gründen. „Wir wollen unser eigenes Ding machen und vor allem alte Busse wieder in die Spur bringen“, sagt Luke Huchet, der sich derzeit zum Berufskraftfahrer ausbilden lässt. Busse haben den 18-Jährigen schon als Kind begeistert, auch weil sein Vater seit langer Zeit Busfahrer bei der Reutlinger Stadtverkehrsgesellschaft (RSV) ist. Seine Begeisterung ist auf Luke übergegangen. Ein eigenes Unternehmen zu gründen, ist ihr großer Traum. Dieses Vorhaben nun innerhalb der Familie umzusetzen, muss genau überlegt sein, dessen sind sie sich bewusst. „Doch wir harmonieren miteinander und können uns aufeinander verlassen“, sagt Michael Huchet. „Deshalb wollen wir es nun wagen.“
Wir können uns aufeinander verlassen
Michael Huchet
Bereits acht Busse sind mittlerweile in ihrem Besitz. Alles besondere Vehikel, die zwischen 20 und 30 Jahre auf dem Buckel haben. So etwa jenes, mit dem Michael Huchet lange Zeit in Reutlingen Passagiere transportierte und das von Kindern – unter anderem von Luke – im Rahmen einer Aktion kunterbunt bemalt worden ist. Ab 2013 fuhr dieser Bus bei einem anderen Unternehmen, später ging er in den Besitz der Feuerwehr Heilbronn über. „Dort stand er nur herum, bis ich Kontakt aufgenommen habe, weil ich ihn einfach nicht vergessen konnte“, erzählt Luke Huchet. Acht Monate hat er verhandelt und schließlich einen anderen Gelenkbus beschafft, den er zum Tausch anbieten konnte. „Dieser Bus ist eng mit meinen Kindheitsträumen verknüpft und hat für mich eine besondere Bedeutung.“ Rund 1.300 Euro musste er dafür aufbringen.
Der geeignete Betriebshof fehlt noch
Vater und Sohn haben sich zum Ziel gesetzt, einen ganzen Fuhrpark aufzubauen. Sie schrauben selber an den Bussen herum und restaurieren sie. Derzeit haben sie zwar einen Stellplatz angemietet, suchen aber noch nach einem geeigneteren Betriebshof. Sobald Luke den Busführerschein besitzt und die beiden personelle Verstärkung gefunden haben, soll es losgehen.
„Wir wollen hauptsächlich Sonderfahrten anbieten, aber eventuell auch in den Ersatzverkehr und in den Linienverkehr einsteigen“, berichtet Luke Huchet. Bedenken, dass die Vater-Sohn-Konstellation einmal zu Problemen führen könnte, hat er nicht. „Seit meine Eltern getrennt sind, wohne ich bei meinem Vater. Deshalb haben wir ein ganz besonderes Verhältnis zueinander.“ /
(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 2+3/2024.)