Saxofonist Jakob Manz

„Jazz steckt in mir“

Er wird als der Überflieger in der Jazz-Szene gefeiert und begeistert sein Publikum mit rockigem Sound. Im WNA-Interview spricht Jakob Manz über Wertschätzung, harte Arbeit und die „Telefonzelle“ als Übungsraum.

Jakob ManzJakob Manz, 22, hat bisher drei Alben veröffentlicht. Sein neuestes trägt den Titel „Groove Connection“. Foto: Thomas Kiehl

WNA: Sie sind Anfang 20, haben drei Alben veröffentlicht und rocken die große Bühne. Herr Manz, sind Sie manchmal erstaunt über sich selbst?
Manz: Erstaunt über mich selbst trifft es nicht zu 100 Prozent. Es ist eher ein großes Gefühl der Dankbarkeit dafür, dass ich so viele Menschen begeistern darf und tolle Dinge erlebe. Mit meiner Band The Jakob Manz Project  bin ich zum Beispiel regelmäßig auf den wichtigsten Jazzfestivals Deutschlands zu Gast. Als Solist habe ich mit Künstlern wie Sarah Connor, Randy Brecker, Nils Landgren, Max Mutzke und Wolfgang Dauner zusammengearbeitet.

Wie viel harte Arbeit und wie viel Talent stecken hinter Ihrem Erfolg?
Mein Gespür für Musik war schon immer da. Sehr wichtig waren und sind für mich Menschen, die mein Talent erkannt und gefördert haben. Das reicht von meiner ersten Blockflötenlehrerin Andrea Knauer bis hin zu meinem heutigen Labelchef Siggi Loch. Als Arbeit habe ich das Musikmachen in meiner Jugend tatsächlich selten gesehen.

Auf dem Bolzplatz hat man Sie aber eher nicht angetroffen?
Ich war an den Wochenenden nie mit Freunden Feiern und bin auch nicht in Feriencamps gegangen. Viele Dinge, die Jugendliche machen, habe ich in der Tat nicht gemacht. Ich war immer auf Sessions, auf Konzerten und in Jazzclubs unterwegs – oder ich steckte in Probephasen.

Hat Ihnen der Kontakt zu Gleichaltrigen gefehlt?
Das ist mir erst aufgefallen, als ich schon etwas älter war. Während dieser Zeit war ich ausschließlich in meinem „Musik-Film“ drin, was sicher für meine Laufbahn sehr förderlich war. Als Arbeit nehme ich manche Dinge erst seit etwa drei bis fünf Jahren wahr, seit das Musikmachen ein Fulltime-Job geworden ist und dadurch mehr als Passion und Hobby.

„Mein Gespür für Musik war immer da“

Jakob Manz

Im Moment studieren Sie „Jazz/Pop Saxofon“ in Köln. Können Sie den Studenten-Lifestyle ein wenig mitnehmen?
Ich begleite einige meiner Studienkollegen auf ihren Bachelor-Konzerten, danach gehen wir auch mal in eine Kneipe. Aber klar, das sogenannte „normale Studentenleben“ findet bei mir sehr wenig statt. Aber ich würde nie sagen, dass mir etwas fehlt, schließlich kann ich meinen Traum leben.

Jazz und Saxofon – beides ist eher ungewöhnlich für die Generation Smartphone und Spotify. Wie kamen Sie überhaupt zum Saxofon?
Durch die Blockflöte und die Band „Wildes Holz“ bin ich zur Improvisation gekommen, indem ich nach Gehör bei den Alben mitgespielt habe. Meine Blockflötenlehrerin hat mir Jürgen Häussler empfohlen, der Jazzmusiker ist und bei dem ich dann Saxofon gelernt habe. Ich habe mich mit dem Instrument einfach enorm wohlgefühlt. Mit 15 bin ich mit dem Saxofon an die Musikhochschule und habe meine erste Band gegründet. Dann war es irgendwie klar, dass das mein Instrument ist.

Jakob Manz mit seinem Saxofon auf der Bühne, im Hintergrund jubelt das PublikumDie Lederjacke passt: Jakob Manz rockt mit seinem Saxofon die Bühne. Foto: Thorsten Goods

Ihre Eltern sind beide Musiker. Welche Rolle haben sie bei Ihrer Karriere gespielt?
Ich habe von ihnen bis heute immer sehr viel Unterstützung erhalten, wenn es zum Beispiel um Entscheidungen ging. Stilistisch sind meine Eltern im Gegensatz zu mir aber eher klassische Musiker. Wobei: Sie machen auch alle zwei Jahre ein sehr großes Musicalprojekt mit Schülern, das über 2.000 Zuschauerinnen und Zuschauer hat. Da ist es ja zum Jazz auch nicht weit. Und in der Musik hängt sowieso alles miteinander zusammen.

Sie werden als Ausnahmetalent gehandelt. Erhöht das den Druck, immer perfekt sein zu müssen?
Es dreht sich ja nicht alles nur um die technische Perfektion am Instrument, wo man sich natürlich auch immer weiterentwickelt. Ich mache mir eher selbst Druck, die eigene Musik immer weiterzuentwickeln und neue Ideen zu realisieren, ohne stilistisch eine komplette 180-Grad-Wendung zu machen. Ich habe das Privileg, mit meiner Band auf mehreren der größten Jazz-Festivals gespielt zu haben, und die Resonanz war meistens sehr gut. Man überlegt dann schon: Spiele ich Bewährtes oder wie kommt es an, wenn ich beim nächsten Mal ganz andere Musik spiele? Da macht man sich eher selbst Druck. Das gehört aber, denke ich, einfach dazu. Es gibt zwei Komponenten: Man möchte sich einerseits künstlerisch und musikalisch immer weiterentwickeln und seinen eigenen Ansprüchen gerecht werden. Andererseits geht es aber auch darum, wie ich mehr oder ein anderes Publikum erreichen kann.

Sie experimentieren also noch?
Es ist einer meiner Wünsche und eine meiner Missionen, bis ans Lebensende zu experimentieren und immer wieder neue Dinge auszuprobieren. So kann Musik jung und frisch bleiben.

Wo üben Sie?
Ich habe zu Hause eine kleine schalldichte Übekabine, eine Art Telefonzelle. Dort kann ich mein Instrument üben. Zum Komponieren bevorzuge ich Räume mit Klavier. Zu Hause bei meinen Eltern haben wir sogar zwei davon! Und dann gibt es natürlich die Proben mit Bands in Proberäumen.

„Mit einigen meiner größten Vorbilder habe ich schon spielen dürfen“

Jakob Manz

Im August haben Sie den Echaz-Hafen in Reutlingen gerockt. Wortwörtlich. Wie rockig ist Ihr Jazz?
Die Musik, die ich momentan mache und die mich auch als Jugendlicher sehr inspiriert hat, ist der Jazzrock aus den 1980er-Jahren. David Sanborn, Marcus Miller oder die Brecker Brothers sind hier Namen. Diese Musik steckt in mir drin. Mit einigen meiner größten Vorbilder habe ich schon spielen dürfen, wie etwa mit Nils Landgren oder Ack van Rooyen.  Aber mich inspirieren auch viele andere Musikgenres, speziell Weltmusik und Pop.

Kürzlich erschien Ihr drittes Album, das gleichzeitig Ihr erstes Soloalbum ist: „Groove Connection“. Warum sollte man es sich anhören?
Neu ist, dass ich zum ersten Mal mit einem Produzenten im Studio war, dem großartigen Roberto Di Gioia. Er gibt diesem Album seinen besonderen Sound. Er schafft es, den Künstler in das perfekte Licht oder eben auch mal in anderes Licht zu setzen. In meinem Fall ist das Album viel mehr geerdet und die Musik ist nicht so funky wie die Musik, die ich mit meiner Band mache.

Viele gute und talentierte Musiker bauen sich ein zweites Standbein auf. Ist Ihre Musik ein Geschäftsmodell mit Zukunftsperspektive?
Wenn sich die Dinge bei mir weiter so entwickeln, reicht das gut für ein Leben mit Konzert-Einnahmen, Alben-Verkäufen und Gema-Lizenzen, ja. Aber wer weiß, manchmal verändern sich Prioritäten und man will nicht mehr über das halbe Jahr als Solokünstler umherreisen. Dann gibt es auch immer noch die Möglichkeit, für andere Personen zu produzieren oder zu unterrichten. Im Moment verfolge ich aber keinen Plan B. Das wäre zeitlich auch nicht möglich.

Oft geht es bei der Musik heute nur noch um Clickrates, neue Beats werden elektronisch produziert. Werden Künstler wie Sie noch wertgeschätzt?
In meiner Branche, dem Jazz oder allgemein in der handgemachten, konzertanten Musik, spielt das Ersetzen von Musikern bisher nur eine kleine Rolle – und ich schätze auch, dass das so bleibt. Aber zum Beispiel im Musicalbereich oder im TV gibt es immer weniger Livemusik. In Clubs oder auf Partys sowieso. DJ zu sein, kann heutzutage eine richtig lukrative Sache sein. Ich finde diese Entwicklung nicht durchweg gut, und sie ist tatsächlich schwierig für die Existenz von vielen Musikschaffenden.

Sie sind in Dettingen aufgewachsen. Im Moment spielen Sie deutschlandweit Konzerte. Kommen Sie noch oft in die Heimat und welche Orte besuchen Sie dann?
Ich komme noch ab und zu in die Heimat, aber oft nur für ein, höchstens zwei Tage. Tolle Orte sind für mich der Rutschenfelsen, das Lautertal oder das sogenannte Goldland, ein Naturschutzgebiet bei Dettingen. /

(Dieses Interview erschien in der WNA-Ausgabe 10+11/2023.)

Vita

Jakob Manz wurde 2001 in Dettingen an der Erms geboren. Mit 5 Jahren erhielt er ersten Schlagzeugunterricht und studierte bereits mit 15 Jahren als Jungstudent Saxofon an der Musikhochschule Stuttgart.  

Ein Jahr später tourte er mit dem Bundesjazzorchester durch die USA und Kanada.

2017 gründete er mit Hannes Stollsteimer, Frieder Klein und Paul Albrecht seine Band The Jakob Manz Project.

Im Jahr 2022 wurde Jakob Manz als jüngster Preisträger aller Zeiten mit dem Landesjazzpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet.