Bauen bei Hochwasserrisiken

In Gebieten, die bei Hochwasser überflutet werden können, sind bei Neubauten oder Erweiterungen bestehender baulicher Anlagen besondere Anforderungen zu beachten.

Informationen über die Betroffenheit von Gebieten finden sich in Form von Gefahrenkarten mit unterschiedlichen Hochwasserjährlichkeiten auf der Homepage www.hochwasserbw.de. Daneben stehen die unteren Wasserbehörden bei den Landratsämtern und die Kommunen für Auskünfte zur Verfügung.

Zur hochwasserangepassten Planung von Gebäuden kommen drei Strategien in Betracht:

  1. Ausweichen (aus den Gefahrenzonen hinaus oder Höherlegen/Aufständern in Gefahrenzonen)
  2. Widerstehen (Wassereintritt verhindern: Schutzeinrichtungen, Abdichten, Sperrventile) 
  3. Nachgeben (Vorbereitung auf Teil-Flutung, Baustoffauswahl und Ausrüstung für Flutung)

Konkret kann dies unter anderem bedeuten:

  • Anpassung der Höhenlage im Hinblick auf die zu erwartenden Hochwasserspiegel 
  • Ausschluss von bestimmten Nutzungen in gefährdeten Geschossen 
  • Wahl geeigneter Baumaterialien
  • hochwasserangepasste Gründung und Gebäudeausstattung 
  • Abdichtung von Ver- und Entsorgungswegen  
  • Sicherung der Installationen von Strom, Gas und Öltanks

In manchen Fällen enthält der Bebauungsplan bereits entsprechende Vorgaben, die zu beachten sind.

Festgesetzte Überschwemmungsgebiete
Festgesetzte Überschwemmungsgebiete sind Bereiche, in denen ein Hochwasserereignis statistisch mindestens einmal in 100 Jahren (HQ 100) zu erwarten ist. Die Errichtung und Erweiterung baulicher Anlagen in solchen Gebieten ist nach § 78 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) grundsätzlich verboten. Dies gilt im Geltungsbereich eines rechtskräftigen oder in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes ebenso wie im unbeplanten Innenbereich und im Außenbereich von Siedlungsflächen. Es betrifft nicht nur den Neubau von Gebäuden, sondern zum Beispiel auch die Erweiterung bestehender baulicher Anlagen.

Wird ein Gebiet durch Hochwasserschutzeinrichtungen (zum Beispiel einen Damm oder ein Hochwasserrückhaltebecken) soweit gesichert, dass die Hochwassergefahr auf eine statistische Wahrscheinlichkeit „seltener als 100 Jahre“ gesenkt wird, gilt dieses Gebiet nicht mehr als festgesetztes Überschwemmungsgebiet. Aber auch hier sollte Hochwasserschäden vorgebeugt und ausreichender Hochwasserabfluss und -rückhaltung ermöglicht werden. Gebäude sollten hochwasserangepasst gebaut werden, falls sie von einem Extremhochwasser betroffen sein könnten.

Ausnahmegenehmigungen
Ausnahmegenehmigungen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten sind möglich, wenn die unten genannten Voraussetzungen des § 78 Absatz 3 WHG erfüllt sind. Zuständig für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ist die Gemeinde, sofern keine baurechtliche Entscheidung erforderlich ist, andernfalls die untere Baurechtsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

In Überschwemmungsgebieten ist – unabhängig vom Erfordernis eines baurechtlichen Verfahrens – für die Errichtung eines Gebäudes immer eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung erforderlich, die nur erteilt werden kann, wenn die unten genannten Voraussetzungen vorliegen.

Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens (und bei Vorhaben, die keine baurechtliche Entscheidung erfordern, im isolierten wasserrechtlichen Verfahren) ist durch geeignete Unterlagen nachzuweisen,

  • dass die Hochwasserrückhaltung nicht maßgeblich beeinträchtigt und verlorengehender Retentionsraum in gleichem Umfang und gleicher Funktion und zeitgleich ausgeglichen wird;
  • die Situation bei Hochwasser (Wasserstand, Abfluss und bestehender Hochwasserschutz) sich nicht nachteilig verändert und
  • das Vorhaben hochwasserangepasst ausgeführt wird.

Dazu gehören 

  • die Bemessung des zu ersetzenden Retentionsvolumens und Aussagen zum vorgesehenen Ausgleich; 
  • die Bewertungen zu den Auswirkungen bei einem Hochwasser (Bemessungsgröße HQ 100) insbesondere zum Abfluss und den Auswirkungen auf Ober- und Unterlieger sowie gegebenenfalls weitere Betroffene;
    sachgerechte und in sich stimmige konkrete Aussagen zu hochwassergerechtem Bauen (insbesondere für Kellerräume und -fenster, Abwasser- und Heizungsanlagen, Elektroinstallationen);
  • Angaben zur Standsicherheit

Dass Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird, kann entweder im Rahmen des einzelnen Bauvorhabens oder in Baden-Württemberg auch über ein Hochwasserschutzregister erfolgen, welchem kommunale Maßnahmen zur Schaffung von Rückhalteraum zu Grunde liegen. Hierzu sollte frühzeitig bei der Kommune erkundet werden, ob sie eine Ausgleichsmöglichkeit über ein Hochwasserschutzregister anbietet.

Dr. Albrecht Walcher

Dr. Albrecht Walcher

Innovation und Umwelt
IHK-Zentrale
Position: Effizienzmoderator KEFF und Koordinator KEFF Neckar-Alb
Schwerpunkte: Energieeffizienzberatung, Kompetenzstelle Energieeffizienz Neckar-Alb (KEFF), Institut für Nachhaltiges Wirtschaften (IHK-INaWi)
Telefon: 07121 201-184
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