Transportbranche

Frust fährt mit

Die einen befördern Güter, die anderen Personen. Unter den hohen Spritpreisen und akutem Fahrermangel ächzen sie alle. Ein Blick auf Logistik-, Bus- und Taxiunternehmen.

TransportbrancheBislang können viele Betriebe im Transportgewerbe die gestiegenen Kosten noch an ihre Kunden weitergeben – aber wie lange noch? Foto: ddisq/shutterstock.com

Die Vorfreude auf Weihnachten und Neujahr war im Transportwesen auch schon mal größer. Auf Corona und einen dadurch weiter verschärften Fahrermangel folgten in diesem Jahr Diesel-Krise und Rezession. „Der Abschwung ist da. Die Region Neckar-Alb wird ihn etwa ein Dreivierteljahr später spüren. Aber wir kommen nicht daran vorbei“, meint Alexander Benz.

Der Reutlinger Unternehmer führt mit der internationalen Spedition Hasenauer + Koch eine der größten Logistikfirmen hierzulande. Diese gelten gemeinhin als Frühindikatoren für die Lage der Wirtschaft. Wird weniger Ware verladen, heißt das in der Regel auch, dass weniger produziert und verkauft wird.

Weniger Abrechnungspotenzial
Bis zu diesem Sommer sei das Geschäft eigentlich noch relativ gut gelaufen, berichtet Benz. Während Corona hat man Sparmaßnahmen eingeführt, einigen Subunternehmen gekündigt und den Fuhrpark verkleinert. Doch seit Beginn der zweiten Jahreshälfte 2022 stagnieren die Umsätze. Zwar auf hohem Niveau, doch das Auftragsvolumen sinkt seither stetig. „Eine abgeholte Palette weniger trifft uns unmittelbar, weil wir die gleiche Leistung erbringen, aber durch das geringere Gewicht weniger abrechnen dürfen“, sagt Alexander Benz.

Alexander BenzFoto: PR

„Der Abschwung ist da, wir kommen nicht daran vorbei.“

Alexander Benz, Geschäftsführer der Hasenauer + Koch GmbH + Co. KG, Reutlingen

Bisher konnte man die hohen Transportkosten an die Kunden weiterreichen. „Aber wenn das Geld knapper wird, wer kommt dann für die Mehrkosten auf?“ Sinnvoll hält der Spediteur deshalb eine Hilfe in Form einer Dieselsteuersenkung oder gleich eine Steueraussetzung. „Ich bin Unternehmer und für mein Tun selbst verantwortlich. Aber die derzeitige Situation geht über das Normalmaß hinaus.“ Damit meint Benz auch die 2023 anstehende Mauterhöhung, die man in der Branche gerade wie eine unnötige Tracht Prügel empfinde.  
Demgegenüber nimmt sich das Problem des Fahrermangels fast wie ein altbekannter Schmerz aus.

Nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmen (BDO) und des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) gehen jedes Jahr bis zu 35.000 Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrer in den Ruhestand. Nur 18.000 rücken als Neueinsteiger nach. Das Defizit spüren alle: Logistiker und ihre Subunternehmer, Busunternehmen, Verkehrsbetriebe sowie private Fahrdienstleister. Zudem fehlt jeder Fahrer, der sich während Corona umorientiert hat, nun doppelt.

Christine LeibfritzFoto: PR

„Dem Beruf des Busfahrers fehlt es schon länger an gesellschaftlicher Wertschätzung.“

Christine Leibfritz, Geschäftsführerin der Wilhelm Leibfritz GmbH & Co. KG, Sonnenbühl

Zu viel Bürokratie
Das bestätigt auch Christine Leibfritz. Einigen ihrer Fahrer sei die Branche während der Pandemie zu unsicher geworden. Davor hatte das Busunternehmen Leibfritz Reisen immer eine gute Personaldecke. Trotzdem: „Dem Beruf fehlt es schon länger an einem positiven Image und an gesellschaftlicher Wertschätzung“, sagt die Firmenchefin.

Schon beim Berufseinstieg hapert es. Wären die Ausbildungskosten niedriger, so Leibfritz, könne man mit eigenen Mitteln auch mehr ausbilden. Derzeit kostet der Busführerschein rund 10.000 Euro. Etwa 140 Stunden sowie 14 Stunden für die Theorie und zusätzliche 44 Stunden für die Praxis sind dafür vonnöten. „Die Fahrer sollten grundsätzlich schneller auf die Straße kommen. In Österreich kostet der Führerschein rund 3.000 Euro“, sagt Christine Leibfritz. „Uns wurde schon geraten, wir sollen dann eben dort unsere Leute ausbilden. Das ist doch ein Witz.“

Das Geschäftsmodell der Sonnenbühler ist aufgegliedert in Mietbus, Linienbus und Fernbus. Vor Corona liefen die Geschäfte bestens, im Jahr 2020 sollte der Fuhrpark wegen des hohen Buchungsvolumen aufgestockt werden.

AlbtaxiAndreas Kraus betreibt mit seiner Frau Katrin das Taxiunternehmen Albtaxi in Trochtelfingen. Foto: PR

Es kam bekanntlich anders. Monatelang herrschte Flaute, da Gruppenreisen komplett ausfielen. „Es hat sich inzwischen gebessert, aber die Skepsis bei den Kunden ist immer noch da“, sagt Leibfritz. Das 9-Euro-Ticket sorgte diesen Sommer für erneute Auftragseinbrüche. Immerhin beziehe das neue Deutschlandticket nun den Linienverkehr mit ein. „Es haben sich viele Stolpersteine aneinandergereiht, so dass man nicht mehr richtig in die Normalität zurückfindet.“

Spardenke und Pflichtgefühl
Normalerweise wird das Winterprogramm von Leibfritz Reisen, das von Skireisen bis zu Weihnachtsmarkt-Ausflügen reicht, sehr gut angenommen. Wegen der hohen Zurückhaltung der Kunden und der insgesamt ungewissen Zeit bietet man derzeit aber nur Tagestouren an. Mit den Buchungen ist Christine Leibfritz bislang jedoch relativ zufrieden. „Busreisen sind ein gewisser Extraurlaub. Und im Moment ist eher Sparen angesagt“, sagt sie. „Ob unsere Reisen in einem halben Jahr noch finanzierbar sind, ist offen.“

Luxus ist Linienverkehr im ländlichen Raum zwar nicht, dafür läuft er selbst im Regelbetrieb oft nur mit sehr eingeschränkten Fahrplänen. Ohne Auto geht hier eigentlich nicht viel – oder ohne Taxi, wenn das Auto mal liegenbleibt oder kein Bus mehr kommt. Seit zehn Jahren betreibt das Ehepaar Andreas und Katrin Kraus das Albtaxi in Trochtelfingen. Mit drei Festangestellten, Minijobbern und fünf Fahrzeugen ist das Taxiunternehmen hier relativ allein auf weiter Flur.

Das ist Fluch und Segen zugleich, denn es gibt zwar wenig direkte Konkurrenz, dafür ist man zur Personenbeförderung verpflichtet. Für die Bereitschaft, auch nachts zu arbeiten, muss Andreas Kraus seine Fahrer bezahlen – unabhängig davon, ob genug Fahrten zusammenkommen oder nicht. Deshalb ärgert er sich darüber, wenn Mietwagenfirmen nur Krankenfahrten übernehmen, aber im Nahverkehr kein Angebot anbieten. „Das geschäftliche Risiko bleibt uns überlassen“, so Kraus.

Mit Krankenfahrten überleben
Das Alb-Taxi ersetzt teilweise den Linienverkehr, ansonsten bietet das Unternehmen Shuttle-Service, Krankenfahrten und Kurierdienste aller Art an. Die Krankenfahrten sind mittlerweile die wichtigste Einnahmequelle geworden.

„Wer will auf Dauer so viel mehr bezahlen?“

Andreas Kraus, Inhaber von Albtaxi, Trochtelfingen

Das gilt mittlerweile für das gesamte Gewerbe. Laut Bundesverband Taxi und Mietwagen ist die Zahl an Taxi-Betrieben deutschlandweit in den vergangenen Jahren um ein Fünftel geschrumpft. Nun müssen hohe Energiekosten gestemmt werden und es wird immer schwieriger, für neue Fahrzeuge und Reparaturen Rücklagen zu bilden. Da man die gestiegenen Energiekosten nicht einfach an die Kunden weitergeben kann, hoffen viele auf Tarifanpassungen. Zum Jahreswechsel wird der Landkreis Reutlingen seine Taxitarife erhöhen, den Kilometerpreis um 40 Prozent. „Das ist gut, weil die Verluste aufgefangen werden“, sagt Kraus. „Aber wer will auf Dauer so viel mehr bezahlen?“ Die meisten Kundinnen und Kunden, vor allem ältere, hätten dafür Verständnis, die Jüngeren eher nicht.

Der Bedarf an Taxen im ländlichen Raum sei zwar immer noch vorhanden, allerdings bräuchte es dazu mehr Fahrpersonal: „Wer arbeiten will, sollte schneller Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen, gerade auch Zuwanderer“, sagt Andreas Kraus. „Das neue Bürgergeld halte ich deshalb für absolut kontraproduktiv.“ /

(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 12/2022+1/2023.)