Messen

„Die Leute wollen sich begegnen“

Nach zwei Jahren Corona-Pause finden in diesem Monat erstmals wieder die regionalen Messen „Für die Familie“ und „Garden Life“ statt. Bis die Organisatoren das Pandemie-Defizit ausgeglichen haben, wird es jedoch noch Jahre dauern.

Messe Garden LifeBesuchermagnete: Vor der Corona-Pandemie lockten die regionalen Messen "Für die Familie" und "Garden Life" jeweils mehrere zehntausend Menschen an. Wie viele Besucherinnen und Besucher kommen in diesem Jahr? Foto: PR

Es sind turbulente Zeiten für Michael Bartmann. In kürzester Zeit stellt er derzeit mit seinem vierköpfigen Team die Tübinger Messe „Für die Familie“ auf die Beine. „Wir haben seit Beginn der Corona-Pandemie drei vergebliche Versuche gestartet und mussten die Messe zuletzt jetzt in den Mai verschieben“, berichtet Bartmann. Die Vorbereitungen in seiner kleinen Eventagentur in Tübingen-Derendingen laufen in diesen Tagen auf Hochtouren. „Wir bearbeiten viele Anfragen und freuen uns über zahlreiche positive Rückmeldungen.“ Die Aussteller begrüßen laut Bartmann die Corona-Lockerungen und blicken optimistisch auf die bevorstehende Messe. „Viele Firmen rechnen mit investitionsfreudigen Besucherinnen und Besuchern – wegen der Inflation oder weil Anschaffungen während  Corona verschoben wurden.“ Normalerweise zieht die Messe rund 70.000 Menschen an. In diesem Jahr rechnet Bartmann mit einem Drittel weniger. Er hofft jedoch, dass die Investitionslaune die niedrigere Besucherzahl zumindest etwas ausgleichen kann.

„Wir freuen uns über zahlreiche positive Rückmeldungen.“

Michael Bartmann, Organisator der Tübinger Messe „FDF - Für die Familie“

Messen bleiben wichtig
Während den Lockdowns hat Bartmann den Kontakt zur Politik gesucht. „Die Ministerien im Land und die Stadtverwaltung haben schnell signalisiert, dass man uns sieht und die Messen nicht außer Acht lässt.“ Von den finanziellen Hilfen habe die ganze Branche profitiert. Dennoch bleibe ein Loch von rund zwei Dritteln der Kosten. Bartmann hat von der Tübinger Stadtverwaltung und dem Landratsamt jedoch viel Rückhalt erfahren: „Die Stadt hat geholfen, die Messe im Mai zu ermöglichen, schließlich ist der Festplatz eng durchgetaktet.“

Die Zeit, in der das eigentliche Tagesgeschäft nur eingeschränkt möglich war, hat Bartmanns Agentur mit verschiedenen anderen Tätigkeiten überbrückt. „Wir haben die Kabinen des Tübinger Impfzentrums aufgebaut, später den Impfstandort in Hirschau und im März das Ankunftszentrum für die Ukraine-Flüchtlinge“, erzählt er. „Solche Aufträge helfen uns natürlich wirtschaftlich weiter.“ Dass es Messen wie „Für die Familie“ auch weiterhin braucht, davon ist Bartmann überzeugt: „Unsere Messe ist die größte Plattform für Unternehmen und Verbraucher in der Region. Viele Aussteller berichten uns, dass sie im Lockdown ihre Marketingbudgets online ausgeweitet haben, dabei aber feststellen mussten, dass  sie in ihrem Marketing-Mix auf Messen einfach nicht verzichten können.“

„Das Messegeschäft ist erstaunlicherweise nie komplett zum Erliegen gekommen.“

Stephan Allgöwer, Organisator der Reutlinger Messe "Garden Life"

Bei der Design- und Eventagentur Solutioncube in Reutlingen sind die Vorbereitungen für die Gartenmesse „Garden Life“ in der Reutlinger Pomologie ebenfalls auf der Zielgeraden. „Wir konnten wieder viele interessante Aussteller gewinnen“, erzählt Geschäftsführer Stephan Allgöwer, der die Messe mit seinem Unternehmen organisiert. „Der Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf Gartenzubehör, Gartenmöbeln, Accessoires und Keramik. Einige Aussteller mit Pflanzen sind natürlich auch wieder dabei.“ Allgöwer leitet Solutioncube gemeinsam mit seiner Ehefrau Andrea Burk. Zwei Eventmanagerinnen richten übers Jahr verteilt vier kleinere und größere Messen aus. Mit der „Garden Life“ begann 2002 das Eventgeschäft der Agentur. Die Idee hatte das Ehepaar von einem Messebesuch in Hannover mitgebracht. Mit Begeisterung fürs Organisieren entstand so der gemeinsame Fokus. Zum festen Messe-Repertoire von Solutioncube gehören inzwischen auch die Reutlinger Bildungsmesse „Binea“, die Genussmesse „Schön & Gut“ im Albgut Münsingen sowie der „Friedhofstag“ als Bestattungsfachmesse des Reutlinger Friedhofs.

Zweites Standbein
Aus dem Designbereich der Agentur hält sich Allgöwer raus – vielmehr konzentriert er sich zusätzlich auf sein zweites Standbein, das Danner IT-Systemhaus. „Wir hatten Glück, dass die zweite Firma in Corona-Zeiten einiges ausgleichen konnte“, resümiert Allgöwer die vergangenen beiden Jahre. Die beiden Eventmanagerinnen haben ihn kurzerhand im IT-Systemhaus unterstützt und sind so ohne Kurzarbeit ausgekommen. „Das Messegeschäft ist erstaunlicherweise nie komplett zum Erliegen gekommen. Es gab immer Anfragen von Ausstellern und das Werbegeschäft lief mit langjährigen Kunden beinahe unverändert weiter.“ Dass nun wieder mehr Normalität bei den Messen einkehrt, freut Allgöwer: „Die Leute wollen raus, flanieren und sich begegnen. Die Menschen sind überraschend diszipliniert, deshalb rechnen wir mit einem entspannten Messebetrieb. Ein Bonus für die Aussteller ist die vermutlich große Investitionslaune bei den Besuchern.“ Neben dem Optimismus haben die Organisatoren aber auch hohe Erwartungen an die Messe, weil das finanzielle Polster nach der Pandemie aufgebraucht ist: „Damit es die ‚Garden Life‘ kommendes Jahr wieder gibt, darf sie dieses Jahr kein Flop werden.“ /

(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 6/2022.)

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