Künstliche Intelligenz kommt bereits in zahlreichen Unternehmen in der Region zum Einsatz. Zwei Beispiele aus Bad Urach und Reutlingen.
„Wilhelm“ ist im Flair Hotel Vier Jahreszeiten in Bad Urach und seinem Restaurant „Karls Esszimmer“ zu einer großen Unterstützung für die Beschäftigten geworden. Auf leisen Sohlen bewegt er sich zwischen der Küche und dem Restaurant mit 75 Sitzplätzen hin und her und packt mit an. Er ist jedoch kein gewöhnlicher Mitarbeiter. „Wilhelm“ ist ein Serviceroboter, den sich das Hotel im vorigen Herbst für knapp 20.000 Euro angeschafft hat. Notwendig wurde dies durch die Personalknappheit in der Gastronomie.
Für Thomas Frank, den Inhaber des Hotels, sowie seine insgesamt 16 Beschäftigten – fünf davon arbeiten im Service – ist „Wilhelm“ mittlerweile nicht mehr wegzudenken. „Er bringt Speisen ins Restaurant an einen Servicepunkt. Von dort bringen unsere Mitarbeiter sie zum Gast an den Tisch. Der Roboter hilft beim Abräumen und fährt das schmutzige Geschirr auf direktem Weg in die Küche“, erzählt Frank. Die Servicemitarbeiter haben dadurch mehr Zeit für die Betreuung ihrer Gäste.
Skepsis war schnell verflogen
Besonders bei der Bedienung von Gruppen sei der Vorteil enorm: „Mit seiner Hilfe können wir 16 Salate auf einmal am Tisch servieren. Er kann bis zu 40 Kilogramm Geschirr mit einer Fuhre transportieren: Das ist für unsere Mitarbeiter auch körperlich eine große Erleichterung.“ Vor allem das ältere Personal sei vor der Einführung des Roboters skeptisch gewesen. Doch nach der Inbetriebnahme habe man sehr schnell seine Vorteile erkannt und sich an seine Anwesenheit gewöhnt. Selbst ein Geburtstagsständchen kann „Wilhelm“ für einen Gast singen und ihm mit einem Törtchen samt Kerze am Tisch eine Freude machen.
Auch bei der Zimmerreservierung im mehrfach ausgezeichneten Hotel mit 48 Zimmern und 88 Betten hat die KI längst Einzug gehalten. Das hoteleigene Buchungssystem speichert alle Buchungen und sendet Meldescheine, Check-in-Aufforderungen und am Anreisetag den digitalen Schlüssel automatisch an die Gäste. Diese können dann bei der Anreise über ihr Handy den Haupteingang und ihre Zimmertüre öffnen sowie am Abreisetag auschecken und mit Karte bezahlen. „Momentan liegt diese Nutzung bei 50 Prozent. Aber der Trend geht deutlich hin zum digitalen Check-in, was bei der Anreise mitten in der Nacht für Gast und Rezeption viele Vorteile hat“, berichtet Thomas Frank.
Wir nutzen künstliche Intelligenz so, dass wir mehr Zeit für den persönlichen Kontakt zu unseren Gästen haben
Thomas Frank
Bisher hat er nur gute Erfahrungen mit künstlicher Intelligenz in seinem Betrieb gemacht. Deshalb denkt er gerade auch über die Anschaffung eines Systems nach, das automatisch Mails schreibt und automatisch Hotelbewertungen beantwortet. „Unsere Beschäftigten und wir sollen dadurch entlastet werden. Auf keinen Fall aber sind unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dadurch ersetzbar. Wir nutzen künstliche Intelligenz so, dass wir mehr Zeit für den persönlichen Kontakt zu unseren Gästen haben“, betont Frank. „Das ist für uns das Wichtigste.“
Nachhaltigere Produktion
Bei der Romina Mineralbrunnen GmbH in Reutlingen-Rommelsbach wird künstliche Intelligenz bereits seit 2020 bei der Leergut- und Flaschenkontrolle eingesetzt. „Die herkömmlichen Systeme stoßen dabei an ihre Grenzen, weil sie oft Kleinigkeiten als Störfaktoren in Kisten erkennen und dann Flaschen aussortieren, obwohl das gar nicht nötig wäre“, weiß Geschäftsführer Stefan Gugel. Die KI könne hier Feinheiten unterscheiden, präzise und schnelle Entscheidungen treffen und dadurch für einen optimalen und reibungslosen Ablauf sorgen. „Als wir diese Störfaktorenkontrolle eingeführt haben, mussten wir der KI erst einmal beibringen, was gut und was schlecht ist. Wir haben Kisten und Flaschen mit verschiedenen Störfaktoren präpariert und das System eingelernt. Anfangs musste immer wieder optimiert werden, aber jetzt läuft es hervorragend“, berichtet Gugel.
Die KI hilft uns, präzise Entscheidungen zu treffen
Stefan Gugel
Deshalb soll KI bei Romina bald auch schon im Produktionsbereich zu finden sein. „Wir setzen nur noch PET-Flaschen aus recyceltem Material ein, aber es gibt gewisse Toleranzen im Rohmaterial und unzählige Parameter, die es zu regeln gilt“, erklärt der Geschäftsführer. Darum soll sich nun ab März 2025 eine Anlage mit künstlicher Intelligenz kümmern. Man will Prozessfenster enger fassen und dadurch nachhaltiger produzieren.
Außerdem will das Unternehmen, das im Jahr 2022 rund 36,7 Millionen Euro Umsatz geschrieben hat und das 132 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, KI auch in der Produktionsplanung einsetzen. Insbesondere im Sommer kommt die Produktion angesichts eines breiten Sortiments von rund 140 Artikeln und einer stark erhöhten Nachfrage an ihre Grenzen. „Bei 35 Grad haben wir deutlich höhere Absätze als bei 5 Grad“, so Stefan Gugel. Die Beschäftigten sollen hier durch KI bei komplexen Analysen unterstützt und Prozesse dadurch intelligenter gesteuert werden.
Man verspricht sich eine Verbesserung der Produktqualität und eine Verringerung der Ausschussraten. „Künstliche Intelligenz soll im Betrieb durch Abwägung verschiedener Parameter Produktionsvorschläge unterbreiten, den Rohstoffvorrat regeln und die Wettermeldungen im Auge behalten“, sagt Stefan Gugel. „Eine Saisonkurve gibt es bereits. Bisher werden aber alle Ableitungen von Hand vorgenommen. Das von uns geplante System soll automatisch Muster erkennen und uns unsere Abläufe erleichtern.“ /
(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 6+7/2023.)