Bundesprogramm für zukunftsfähige Innenstädte

Ziel: Aufwärtsspirale

Der Bund fördert Kommunen mit dem Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“. Jüngst haben Tübingen und Albstadt ihre Förderzusagen erhalten. Was haben die beiden Städte mit den Geldern vor?

Tübinger Altstadt (Archivfoto)Einkaufen im Fachwerkhaus - das geht in der Tübinger Altstadt. Archivfoto: historicgermany.com

Steigende Nebenkosten, Fachkräftemangel, weniger Kunden – auch der Tübinger Einzelhandel steht vor großen Herausforderungen. „Die Kauflaune ist aktuell auf dem niedrigsten Niveau der letzten 40 Jahre“, sagt Thorsten Flink, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Tübingen (WIT). Erklärtes Ziel seines Teams: gegensteuern, Leerstände verringern und den Einkaufsstandort Tübingen voranbringen. 300.000 Euro erhält die Universitätsstadt im Rahmen des Programms „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ für Maßnahmen in der Altstadt.

Nach der Antragsstellung im September vorigen Jahres liegt die verbindliche Förderzusage seit August vor. „Die zusätzlichen Mittel erlauben uns mehr Maßnahmen im Rahmenplanungsprozess Altstadt, der ohnehin angelaufen wäre.“ Im Juli ist der Prozess mit einer Datenanalyse gestartet. Sie soll Veränderungen gegenüber der letzten Erhebung im Jahr 2018 aufzeigen. Eine Zunahme der Leerstände steht bereits fest.

Doch auch außerhalb der Altstadt sind in Tübingen derzeit sichtbare Veränderungen im Gange – etwa die Umgestaltung des Europaplatzes oder der Neubau der Steinlachbrücke. Im Hintergrund wird der seit 1989 gültige Bebauungsplan mit Stadtbildsatzung diskutiert, also die Frage, wie sich die Stadt künftig verändern soll. Fest im Blick ist auch das Ziel: Klimaneutralität bis 2030.

Thorsten FlinkFoto: Burkhard Riegels

„Die Kauflaune ist aktuell auf dem niedrigsten Niveau der letzten 40 Jahre.“

Thorsten Flink, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Tübingen (WIT)

Eine neue Stelle, die aus Projektmitteln für zwei Jahre finanziert wird, verschafft der WIT mehr Handlungsspielraum. Sobald sie besetzt ist, soll sie Rahmenplanung, Flächenmanagement, Fördermaßnahmen und Beteiligungsformate verzahnen. Letztere starten im Oktober, etwa das Altstadtforum unter Mitwirkung aller relevanten Akteure und ein Sternspaziergang für interessierte Bürgerinnen und Bürger. „Wir wollen aus Projektmitteln zwei Leerstände an- und zwischenvermieten“, so Thorsten Flink. Flexible, günstigere Mietverträge ohne lange Laufzeit könnten Start-ups mit neuen Ideen in die Tübinger Altstadt bringen. Kreative Projektideen soll auch ein Verfügungsfond mit niedrigem fünfstelligem Volumen voranbringen – ein Modell, das in Tübingen bereits erfolgreich erprobt wurde.

Fußgängerzone von Albstadt-EbingenDie Innenstadt von Albstadt-Ebingen soll noch stärker zum Erlebnisraum werden. Foto: Volker Bitzer

Treffpunkt und Ideenschmiede
Albstadt hat den Bewilligungsbescheid für das Förderprogramm bereits im Juli erhalten. Bis zu 3,4 Millionen Euro kommen aus Bundesmitteln, weitere 1,1 Millionen Euro wurden vom Stadtrat als Eigenanteil bewilligt. „Wir haben ein umfangreiches Maßnahmenpaket geschnürt“, erklärt Wirtschaftsförderer Andreas Hödl. Das Paket reiche von wirtschaftlichen Konzepten über bauliche Maßnahmen bis hin zu sozialen Aspekten. Kernziel ist die Belebung der Altstadt von Albstadt-Ebingen. „In die Themenfindung sind alle relevanten Akteure involviert“, sagt Hödl. „Bei regelmäßigen Beteiligungsformaten und Ideenwettbewerben können sich Gewerbetreibende und Bürger mit ihren guten Ideen, konkreten Wünschen und Verbesserungsvorschlägen einbringen.“

Andreas HödlFoto: PR

„Wir wollen, dass sich die verschiedenen Funktionen der Innenstadt gegenseitig wieder stärker befruchten.“

Andreas Hödl, Wirtschaftsförderer Stadt Albstadt

Zu den wichtigsten Maßnahmen zählt die Gründung der Citymanagement und -event GmbH. Profis sollen sich künftig um die Interessen von Innenstadtbewohnern und Gewerbetreibenden kümmern, dabei eng verzahnt mit den Ämtern arbeiten und eine ganz neue Eventkultur für die Innenstadt schaffen. „Der Sitz der GmbH wird unser Netzwerkzentrum mitten in der Innenstadt sein – gleichzeitig Treffpunkt, Ideenschmiede und Ort für den Austausch“, berichtet Hödl. Vielfältige wirtschaftliche und kulturelle Projekte sollen dort realisiert werden. Für Start-ups entsteht zusätzlicher Raum, den sie sechs Monate lang kostenfrei nutzen können. Zudem bekommen sie vielfältige Unterstützung, etwa durch die örtliche Technologiewerkstatt und die Hochschule.

Für die Belebung der Innenstadt wird ein Cityeventkonzept erarbeitet. Es umfasst verschiedene Themengebiete – neben Handel und Gastronomie etwa auch Kunst, Subkultur, Vereine und bürgerschaftliches Engagement. „Mit Veranstaltungen auf der ‚Bühne Innenstadt‘ wollen wir die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Innenstadt erhöhen“, sagt Andreas Hödl. „Wir wollen, dass sich die verschiedenen Funktionen der Innenstadt gegenseitig wieder stärker befruchten.“ Eine Aufwärtsspirale ist das Ziel, bei der sich Handel, Kultur, Gastronomie, Kultur, Soziales und Sport gegenseitig verstärken. /

(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 10+11/2022.)