Topsharing

Führen im Tandem

Zwei Führungskräfte, eine Stelle: Topsharing ermöglicht Beschäftigten in leitenden Positionen mehr Flexibilität. Dass das Konzept aufgeht, zeigen die Stadtwerke Tübingen.

Annika Koch und Rouven HänigAnnika Koch und Rouven Hänig teilen sich bei den Stadtwerken Tübingen die Leitung der Abteilung Kundenservice. Koch arbeitet in Teilzeit, Hänig in Vollzeit. Foto: Stadtwerke Tübingen/J. Jäger

Enge Zusammenarbeit sind Annika Koch und Rouven Hänig längst gewohnt: Von 2015 an übernahmen sie bei den Stadtwerken Tübingen gemeinsam die Teamleitung der Abteilung Kundenservice – bis Koch 2019 in Elternzeit ging. „Als ich nach zwei Jahren zurückkam, hatte ich gar nicht den Anspruch, direkt wieder Führungsaufgaben zu übernehmen. Aber ich muss ehrlich sagen, dass mir etwas gefehlt hat“, erzählt sie lachend. „Ich wusste schnell, dass ich wieder in diese Richtung gehen will.“

Ein halbes Jahr später bot sich die Chance dazu. Als sich ihre Nachfolgerin beruflich neu orientieren wollte, sprach Annika Koch sowohl ihren Vorgesetzten als auch Rouven Hänig auf die Möglichkeit an, wieder in die Führungsebene einzusteigen – nun jedoch in Teilzeit. „Für mich war die Antwort schnell klar“, erinnert sich Hänig. „Ich wusste, dass wir ein gutes Team sind. Daher war ich mir sicher: Wir schaffen das.“

Kommunikation ist alles
Heute wollen die beiden – inzwischen in Verantwortung als Abteilungsleiter-Tandem – das Topsharing nicht mehr missen. Was sie daran besonders schätzen? „Von kritischen E-Mails bis zu Digitalisierungsthemen: Auf der anderen Seite des Schreibtischs sitzt immer eine Kollegin, die genau weiß, um was es geht“, erklärt Hänig. „So unkompliziert qualifiziertes Feedback einholen, das kann nicht jede Führungskraft.“

Wir sind Jobsharing gegenüber sehr offen eingestellt

Stadtwerke Tübingen

Diese Zweitmeinung gibt es an den meisten Tagen aber nur bis zum Mittag. „Da sich meine Arbeitszeiten nach der Kinderbetreuung richten, kann ich nicht so leicht sagen: Hey, heute bleibe ich spontan länger“, berichtet Annika Koch. Damit die Zusammenarbeit des Führungsduos gelingt, braucht es daher vor allem eines: Kommunikation. Einer der Geheimtipps ist dabei ein gemeinsames Notizbuch. „Darin notieren wir Stichworte zu aktuellen Themen“, sagt Rouven Hänig. „So stellen wir sicher, dass wir einander über alles informieren.“

Neue Chancen für Beschäftigte
Annika Koch und Rouven Hänig sind nicht die einzigen Mitarbeiter der Stadtwerke Tübingen, die sich eine Stelle teilen. Auch in anderen Bereichen des Unternehmens gibt es Doppelspitzen, die es mehreren Beschäftigten parallel ermöglichen, ihre Talente einzubringen, und gleichzeitig die Verantwortung für große Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen.

„Wir sind Jobsharing gegenüber sehr offen eingestellt“, erklärt Ingo Straten, der Leiter der Abteilung Personalmanagement. „Zum einen können wir unseren Mitarbeitern damit neue Chancen zur Gestaltung individueller Arbeitszeitmodelle bieten – und zum anderen ist gerade das Führen in Teilzeit über Topsharing eine tolle Möglichkeit, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Führungspositionen zu fördern.“ /

(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 8+9/2024.)