Die regionale Wirtschaft zeigt sich auch in Krisenzeiten robust. Geschäftslage und -aussichten vieler Betriebe trüben sich derzeit allerdings ein.
Entwicklung des regionalen Bruttoinlandsprodukts (BIP)
Das BIP umfasst den Wert aller innerhalb eines Wirtschaftsgebietes während einer bestimmten Periode produzierten Waren und Dienstleistungen – und ist damit ein wichtiger Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region.
Zwischen 2017 und 2021 ist das Bruttoinlandsprodukt in der Region Neckar-Alb um 10,7 Prozent gestiegen. Dieses Wachstum lag über dem Landesschnitt: Baden-Württemberg-weit ist das BIP im selben Zeitraum nur um 8,4 Prozent gewachsen – von 497.299 Millionen Euro auf 538.948 Millionen Euro. Im Jahr 2021 übertraf das regionale Bruttoinlandsprodukt das Vor-Corona-Jahr 2019. Seitdem behindern Inflation, gestiegene Energiepreise, Lieferengpässe und politische Spannungen das Wachstum.
Regionale Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftszweigen (2021)
Der Blick auf die Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftszweigen zeigt, welche Branchen für den Wirtschaftsstandort Neckar-Alb besonders bedeutsam sind: Knapp 40 Prozent der regionalen Bruttowertschöpfung geht nach wie vor auf das produzierende Gewerbe (mit Baugewerbe) zurück. Dieser Wert ist in den vergangenen Jahren konstant geblieben und entspricht dem Landesschnitt. Im Zollernalbkreis ist der Anteil des produzierenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung besonders hoch (47 Prozent). Insgesamt betrug die regionale Bruttowertschöpfung im Jahr 2021 rund 25.501 Millionen Euro.
Regionaler Konjunkturklimaindex im Zeitverlauf
Die IHK befragt dreimal im Jahr Unternehmen aus der Region Neckar-Alb zu ihrer aktuellen wirtschaftlichen Lage und ihrer Einschätzung für die kommenden Monate. Die Antworten werden im IHK-Konjunkturklimaindex zusammengefasst. Im Zeitraum seit Jahresbeginn 2017 wurden Geschäftslage und -aussichten von den regionalen Betrieben – von zwei Ausnahmen abgesehen (Herbst 2019, Frühsommer 2024) – stets optimistischer eingeschätzt als von den Unternehmen im Rest des Landes. Nach dem „Corona-Knick“ im Frühsommer 2020 stieg der Konjunkturklimaindex in Neckar-Alb zudem schneller wieder an als in anderen Gegenden Baden-Württembergs, was sich auf die hiesige Stärke des produzierenden Gewerbes zurückführen lässt. Bei der jüngsten Befragung im Frühsommer 2024 lag der regionale Konjunkturklimaindex nur noch bei 102 – der viertschlechteste Wert seit Anfang 2017. Positive und negative Stimmen halten sich in etwa die Waage und mehr Unternehmen sehen eher pessimistisch in die Zukunft. Mehr Informationen zu den IHK-Konjunkturumfragen.
Sie wollen mit Ihrem Unternehmen an künftigen Konjunkturumfragen der IHK teilnehmen?
Dann melden Sie sich bei Antonia Hettinger, 07121 201-256, hettinger@reutlingen.ihk.de
Wie laufen gerade die Geschäfte? - Unternehmerinnen und Unternehmer berichten
„Auf Regen folgt immer Sonnenschein“
Anton Borodin, Leiter Marketing & Verkauf bei der Braun Möbel-Center GmbH & Co. KG, Reutlingen
Ich glaube, es ist ein offenes Geheimnis, dass sich die Möbelbranche aktuell schwertut. Man sieht es ja auch in der Presse: Viele namhafte deutsche Möbelhersteller sind in den vergangenen Jahren vom Markt verschwunden. Das liegt daran, dass wir ein klassischer Folgeprofiteur der Immobilienbranche sind – und da schwächelt derzeit die Konjunktur. Außerdem halten viele Kunden ihr Budget für Investitionen in Haus oder Wohnung im Moment zurück, da unklar ist, was die neuen Energiegesetze mit sich bringen. Wer weiß, ob in naher Zukunft eine neue Heizung fällig ist!
Trotzdem sind wir zuversichtlich, dass dieses Tal bald durchschritten sein wird. Die jüngsten Zinssenkungen durch die EZB sind ja schon einmal eine gute Nachricht für den Bausektor und damit auch für uns. Und wenn man sich die Entwicklungen in unserer Branche anschaut, sieht man: Auf Regen folgt immer Sonnenschein. /
„Wir sehen keinen Grund für Pessimismus“
Marc Groß, Geschäftsführer der Protronic Computer GmbH, Balingen
Unterm Strich waren die vergangenen Jahre für uns sehr erfolgreich: Verglichen mit der Zeit vor der Pandemie hat sich unser Umsatz verdoppelt und im Moment liegen wir über unseren Prognosen für das Jahr 2024. Daran hat die politische Weltlage einen großen Anteil.
Als IT-Systemhaus betreuen wir zwischen 180 und 200 Kunden aus der Region Neckar-Alb, vor allem kleine und mittelständische Unternehmen. In der Corona-Zeit haben wir diesen Betrieben dabei geholfen, sich stärker digital aufzustellen. Und jetzt steht das Thema IT-Sicherheit im Vordergrund, weil die Kriege, die derzeit auf der Welt toben, zunehmend auch im virtuellen Raum ausgetragen werden. Selbstverständlich spüren auch wir die Verunsicherung in vielen Branchen und leiden mit unseren Kunden mit, wenn sie mit neuen Regularien, Lieferengpässen oder anderen Problemen ringen. Insgesamt sehen wir aber keinen Grund für Pessimismus. /
„Nur wer sich weiterentwickelt, bleibt am Markt“
Stefanie Hirschmüller, Betriebsleiterin bei der Röcker & Kohler, GmbH & Co. KG, Ofterdingen
Wir waren schon immer offen für Neues und ich denke, das ist heute wichtiger denn je: Nur wer sich weiterentwickelt, bleibt am Markt. Wie alle Branchen ist auch die Textilindustrie den Prozessen einer globalen Wirtschaft unterworfen und damit gehen nun einmal Herausforderungen wie die ständige Konkurrenz um neue Aufträge einher. Vom Preiskampf ganz zu schweigen!
Um uns von den Zwängen der teils stark umkämpften Märkte unabhängiger zu machen, spezialisieren wir uns daher zunehmend auf die Entwicklung technischer Textilien, auf hochwertige Materialien und neuartige Qualitäten – und darauf, unsere Kunden als naher Partner in Deutschland und Europa zu unterstützen. Außerdem erhalten wir durch unsere Verbindung zur Hochschule Niederrhein, die wir schon seit geraumer Zeit als Projektpartner in der Forschung unterstützen, spannende Impulse, etwa im Bereich Nachhaltigkeit. /
Das muss aus Sicht der IHK getan werden
- Neckar-Alb als attraktiven Industriestandort erhalten – in erster Linie durch die Schaffung zusätzlicher Gewerbeflächen, um Betrieben im Zuge der Transformation der Wirtschaft weiteres Wachstum oder eine Neuansiedlung zu ermöglichen
- Politik und Verwaltung müssen Unternehmen ihre Arbeit sowie Investitionen erleichtern, vorrangig durch den Abbau von Bürokratie und die Herstellung größerer Planungssicherheit.
- Internationale Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Wirtschaftsstandorts sichern, vor allem in Bezug auf die Energiepreise und Energieversorgung sowie die Arbeitskosten
- Dem Fachkräftemangel mit neuen Konzepten entgegenwirken (etwa Weiterbeschäftigung von Personen im Rentenalter, Teilzeitmodelle, gezieltes Anwerben von Fachkräften aus Drittstaaten, passgenauere und flexiblere Umschulungs- und Weiterqualifizierungsmöglichkeiten, insbesondere im Zusammenhang mit dem zunehmenden Einsatz von künstlicher Intelligenz)
(Diese Inhalte erschienen in der WNA-Ausgabe 10+11/2024.)