Ausbildung im Wandel

„Die Auszubildenden möchten mitreden“

Wie verändert sich die Ausbildung durch die Generationen Z und Alpha? Zwei Ausbildungsbetriebe aus dem Landkreis Reutlingen berichten. 

Nina BauerNina Bauer, Ausbilderin bei Storopack in Metzingen. Foto: PR

Jede Generation hat ihre eigenen Werte, Einstellungen und Verhaltensweisen“, sagt Nina Bauer, Ausbilderin beim Verpackungshersteller Storopack in Metzingen. „Die Themen der Generation Z sollten Ausbildern deshalb bekannt sein.“ Dazu gehöre der Wunsch nach Sicherheit – auch im Hinblick auf die Altersvorsorge – sowie eine klare Trennung zwischen Berufs- und Privatleben, auch wenn es immer wieder zu einer Verschmelzung von Arbeits- und Freizeitthemen kommen könne. „Die Work-Life-Trennung zielt eher auf eine gewünschte Flexibilität hinsichtlich der Arbeitszeiten ab.“

Sinnstiftung und Selbstverwirklichung
Zusätzlich sei es vielen Auszubildenden wichtig, dass ihr Ausbildungsbetrieb gesellschaftliche und soziale Verantwortung übernehme. Der Generation Z gehe es um Sinnstiftung, Selbstverwirklichung und Spaß, sie sei aber auch hinterfragend und reflektierend, sagt Nina Bauer. Deshalb stand beim diesjährigen Azubi-Treffen, bei dem die Auszubildenden aller deutschen Storopack-Standorte für zwei Tage in Metzingen zusammenkamen, ein Workshop zum Thema Nachhaltigkeit auf dem Programm.

Hintergrund

Zur Generation Z zählen die Geburtsjahrgänge 1995 bis 2009, zur Generation Alpha die Jahrgänge 2010 bis 2025. Hier gibt es weitere Tipps zum erfolgreichen Recruiting von potenziellen Azubis aus der Generation Z.

„Die Auszubildenden möchten mitreden, mitentscheiden und frühzeitig Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig suchen sie nach Orientierung und wollen Entwicklungswege aufgezeigt bekommen.“ Auch in Zeiten  von flachen Hierarchien seien also Lehrgespräche wichtig, ebenso klare Anweisungen und Entscheidungen der Ausbilderinnen und Ausbilder, um die Auszubildenden zu unterstützen. „Erforderlich ist eine individuelle und fürsorgliche Führung. Dafür benötigt man Empathie, Geduld und Einfühlungsvermögen.“

Generation Alpha in den Startlöchern
Die Generation Alpha, deren älteste Vertreterinnen und Vertreter in zwei bis drei Jahren in ihre Ausbildung starten werden, wird eine noch ausgeprägtere digitale Denk- und Lebensweise haben als die aktuellen Azubis. „Betriebe können von dieser technischen Kompetenz sicher profitieren“, so Nina Bauer. Dabei komme es im Ausbildungsalltag jedoch darauf an, ein gesundes Gleichgewicht zwischen Online- und Offline-Aktivitäten zu schaffen und neben dem Einsatz neuer Tools auch Teamarbeit und eine kreative Arbeitsumgebung zu fördern. „Es sollten moderne Projektmanagementmethoden zum Einsatz kommen“, sagt Nina Bauer. „Zudem müssen Ausbilder lernen, Projekte zu delegieren, damit die Auszubildenden die Methoden direkt anwenden können.“

Storopack bildet in Metzingen Industriekaufleute und Maschinen- und Anlagenführer Metall- und Kunststofftechnik aus. Seine Azubis gewinnt das Unternehmen etwa über Kooperationen mit Schulen, Ausbildungsmessen und Praktika. Auch auf Social Media ist Storopack präsent. „Instagram und Tiktok sind geeignete Kanäle, um Ausbildungsplätze zielgruppenspezifisch zu bewerben“, sagt Nina Bauer. Zugleich ist sie sich sicher, dass Ausbildungsbetriebe ihre Bewerbungsprozesse in Zukunft deutlich vereinfachen müssen. Eins steht für sie allerdings außer Frage: „Die duale Ausbildung hat Zukunft. Ausbildungsbetriebe müssen sie aber kontinuierlich weiterentwickeln und noch stärker auf die Stärken und Schwächen eines jeden Auszubildenden eingehen.“ 

Margarete WiedwaldMargarete Wiedwald, Personalentwicklerin bei der RVM Versicherungsmakler GmbH in Eningen. Foto: PR

Future Skills vermitteln
Auch in der Versicherungsbranche ist Nachhaltigkeit zu einem Schlüsselthema geworden, wie Margarete Wiedwald berichtet. Sie ist Personalentwicklerin bei der RVM Versicherungsmakler GmbH in Eningen unter Achalm und sagt: „Nachhaltigkeit ist ebenso wie die fortschreitende Digitalisierung oder die Nutzung von KI eine feste Größe in unserem Ausbildungsplan – und wird es auch bleiben.“ Neben der Vermittlung von Fachwissen über nachhaltiges Handeln geht es RVM dabei auch darum, eine Kultur der Verantwortung zu fördern.

Der Einsatz moderner Technologien ermöglicht es den Auszubildenden, bereits in der Ausbildung praxisnahe Erfahrungen zu sammeln und sich auf das immer digitaler werdende Arbeitsumfeld vorzubereiten. Die Kompetenzen, die in der Ausbildung vermittelt werden, müssten aber weit darüber hinausgehen, sagt Margarete Wiedwald. „Während die aktuellen Azubi-Generationen technische Systeme mit Leichtigkeit erobern, gewinnen Future Skills immer mehr an Gewicht – wie etwa das kritische Hinterfragen von KI-generierten Inhalten, der Umgang mit Unsicherheiten sowie das effektive Lernen, um Wissen nicht nur auf der Festplatte, sondern auch im Kopf zu speichern.“

Wir konzentrieren uns auf das gute Miteinander der unterschiedlichen Generationen. So bleibt auch der Spaß aneinander und an der Arbeit nicht aus.
 

Margarete Wiedwald, RVM Versicherungsmakler GmbH

Gutes Miteinander der Generationen
RVM bildet in Eningen Kaufleute für Versicherungen und Finanzanlagen, Kundenbetreuer im Außendienst und Kundenbetreuer im Innendienst aus. „Um unsere Azubis zu halten, konzentrieren wir uns auf das gute Miteinander der unterschiedlichen Generationen. So bleibt auch der Spaß aneinander und an der Arbeit nicht aus.“ 

Neben den klassischen Wegen setzt das Unternehmen bei der Ansprache potenzieller Azubis zusätzlich auf kreative Formate, zum Beispiel auf Kinowerbung. Zwei Dinge lägen RVM besonders am Herzen, sagt Margarete Wiedwald: „Die partnerschaftliche Ausbildung eng am Menschen und eine spartenübergreifende, intensive fachliche und persönliche Ausbildung, die deshalb vornehmlich in Präsenz stattfindet.“ 

Jeder Auszubildende hat seinen Schreibtisch direkt neben seinem „Paten“ im Betrieb. Zu Beginn der Ausbildung werden in der unternehmenseigenen Ausbildungsakademie im geschützten Raum die Grundlagen für die Ausbildung geschaffen, erklärt Margarete Wiedwald. „Erst dann wechseln die Azubis in ihre Teams und werden ausbildungsabschnittsweise von ihrem persönlichen Ausbildungspaten mit immer anspruchsvoller werdenden Aufgaben an das Tagesgeschäft und an Sonderaufgaben herangeführt.“ /

(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 12/2024+1/2025.)