Unternehmensnachfolge

Chefinnensache

Nur etwa jede vierte Person, die hierzulande ein Unternehmen übernimmt, ist weiblich. Dabei zeigt so manche Studie, dass Frauen oftmals die besseren Chefs sind. Drei Erfolgsbeispiele aus der Region.

Die Grafik zeigt vier dynamische GeschäftsfrauenFoto: iStock.com/Eva Almqvist

Aline Schmidt erinnert sich noch genau an den Moment, als sie das Angebot bekam, Chefin der Creactivconcept GmbH in Tübingen zu werden. „Meine erste Reaktion war ein klares Nein“, erzählt die 33-Jährige. „Aber dann arbeitet es in einem. So eine Chance kommt schließlich nur einmal.“ Die gelernte Mediengestalterin war sieben Jahre lang klassische Mitarbeiterin, bis ihre Chefin in Teilrente gehen wollte und nach einer Nachfolgerin suchte. 

Porträtfoto von Aline SchmidtFoto: PR

„Man muss für die Arbeit brennen. Den Rest kann man sich beibringen“

Aline Schmidt, Geschäftsführerin der Creactivconcept GmbH, Tübingen

Mittlerweile leitet Aline Schmidt das Unternehmen bereits seit drei Jahren. Die Übernahme lief gut: Die Kunden kannten sie schon, das Logo und die Farben hat sie an ihren Geschmack angepasst und mittlerweile hat sie sogar neue Mitarbeiterinnen eingestellt. „Ich habe damals nicht gedacht, dass ich das unternehmerische Denken habe – meine Chefin sah das anders“, erzählt sie weiter. „Man muss für die Arbeit brennen, und sie wusste, dass ich das tue. Den Rest kann man sich beibringen.“ 

Mehrere Generationen im Betrieb
Anja Sommer wusste schon als Jugendliche, dass sie immer einen Platz in der Café Konditorei Sommer, dem Unternehmen ihrer Eltern haben würde. „Ich bin im Betrieb aufgewachsen“, sagt die 34-Jährige. „Aber meine Eltern haben mich nie gezwungen mitzuarbeiten. Ich durfte auch andere Dinge machen.“

Gemeinsam mit ihren Eltern und drei Brüdern ist sie jetzt Chefin. Sie studierte BWL mit dem Schwerpunkt Tourismusmanagement, machte einen Master in nachhaltiger Führung und Marketing, arbeitete neben dem Studium auch im Ausland und in Großkonzernen. „Während meines Masterstudiums wollte ich immer mehr zurück nach Hause, etwas Nachhaltiges machen.“ Mit ihren Erfahrungen im Gepäck trat sie dann mit 27 Jahren ins Familienunternehmen ein. „Meine Geschwister und ich haben verschiedene Berufe gelernt, verschiedene Länder gesehen – und wir sind alle zurückgekommen.“ 

Porträtfoto von Anja SommerFoto: PR

„Ich bin im Betrieb aufgewachsen“

Anja Sommer, Mitgeschäftsführerin der Café Konditorei Sommer, Reutlingen

Die Arbeit im Familienunternehmen unterscheidet sich von ihren früheren Tätigkeiten in einigen Punkten: Man kann nicht so einfach in den Urlaub, muss auch mal nach Feierabend anpacken, hat keine Zeit mehr für das ein oder andere Hobby. Und dennoch hat Anja Sommer ihre Entscheidung noch keinen einzigen Tag bereut. Viel wichtiger ist ihr der langfristige Erfolg des Unternehmens, das gemeinsame Arbeiten an der Zukunft des Cafés Sommer. Es stehen schließlich fast hundert Jahre Familiengeschichte auf dem Spiel. „Ich wusste immer, was ich hinter mir lasse. Das wollte ich, es ist mein kleines Abenteuer.“

Neuanfang mit Mitte 50
Eine ganz andere Nachfolgegeschichte hat Patricia Thuß zu erzählen. Mit 55 Jahren übernahm sie den Schuh- und Lederwarenladen „Italian Shop“ in Tübingen. Davor hatte sie mehrere Jahrzehnte in der Gastronomie gearbeitet, musste sich dann jedoch krankheitsbedingt neu orientieren. „Man sagt mir immer wieder: Mit 55 hört man doch auf, fängt nichts Neues an und wird schon gar nicht Unternehmerin. – Aber warum denn nicht?“ Der Einstieg in den Schuhladen lief über ein Praktikum, zum 1. März 2025 hat Patricia Thuß das Geschäft schließlich von ihrer 80-jährigen Vorgängerin übernommen.

Porträtfoto von Patricia ThußFoto: PR

„Manchmal bekomme ich Blumen. So was gibt einem viel zurück“

Patricia Thuß, Geschäftsführerin des Schuhladens „Italian Shop“, Tübingen

Das hat vor allem deshalb so reibungslos funktioniert, weil sie sich Unterstützung geholt hat. Sie nutzte Beratungsangebote und Seminare der IHK sowie Informationsmöglichkeiten der Wirtschaftsförderung Tübingen (WIT). Dazu kam ganz viel Rückenwind von der Familie. „Schwierig war die Finanzierung der Übernahme“, sagt Patricia Thuß. „Ich bin gerade wieder Studentin.“ Mit einem Wirtschaftsstudium schließt sie ihre letzten unternehmerischen Lücken. Das Wichtigste für sie sind jedoch ihre glücklichen Kundinnen und Kunden, die sich freuen, weiter im gewohnten Laden einkaufen zu können. „Manchmal bekomme ich Blumen. So was gibt einem viel zurück, egal wie stressig es gerade ist.“ /

(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 6+7/2025.)

IHK-Veranstaltung: „Nachfolge ist weiblich“

Am 24.06.2025, 10 Uhr, richtet sich eine kostenfreie IHK-Online-Veranstaltung direkt an Frauen, die sich für eine Unternehmensübernahme interessieren. Auf dem Programm stehen Praxistipps und Erfolgsbeispiele. Die Veranstaltung ist Teil der landesweiten Nachfolgereihe „Nachfolge Navigator: Erfolgreich in die Zukunft steuern“ der baden-württembergischen IHKs.

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