Im August 2023 wurde der Ausbildungsberuf Mediengestalter/-in Digital und Print modernisiert. WNA hat ein Jahr später bei zwei regionalen Ausbildungsbetrieben nachgefragt, wie die Änderungen bei ihnen ankommen.

Eine Mediengestalterin arbeitet am BildschirmAuch Printgestalter arbeiten digital: Die Inhalte der Mediengestalter-Ausbildung orientieren sich nun noch stärker an der Berufspraxis. Foto: DC Studio - stock.adobe.com

Seit 1998 werden in der Region Mediengestalterinnen und Mediengestalter ausgebildet. Seitdem hat sich das Berufsbild stark gewandelt, besonders rasant in den vergangenen Jahren. Mittlerweile arbeiten Mediengestalter nicht mehr nur in klassischen Medienunternehmen und Agenturen, sondern auch in Digital- und IT-Firmen sowie in den Kommunikations- und Marketingabteilungen verschiedenster Branchen. Um diese Entwicklung abzubilden, wurden deshalb im vorigen Sommer der Lehrplan der Ausbildung aktualisiert, ihre Struktur vereinfacht und die Spezialisierungsmöglichkeiten erhöht.

Ausdifferenziertes Berufsfeld
„Diese Anpassungen waren überfällig“, meint Martin Götz, der Geschäftsführer der Solidconcept GmbH in Reutlingen. Gegründet 2009 als Werbeagentur für Print- und Digitalmedien ist das Unternehmen seit 2015 eine reine Digitalagentur und auf Kunden im Bereich E-Commerce spezialisiert.

Martin GötzFoto: PR

„Die Anpassungen waren überfällig“

Martin Götz, Geschäftsführer der Solidconcept GmbH, Reutlingen

Bereits seit 2011 bildet sie Mediengestalter aus. Seit September 2023 sind zwei junge Frauen die ersten Azubis im Unternehmen, die nach der neuen Ausbildungsordnung ausgebildet werden. Sie absolvieren die Fachrichtung Digitalmedien. „Die Aufteilung in die vier neuen Fachrichtungen Projektmanagement, Designkonzeption, Printmedien und Digitalmedien ist sinnvoll, denn das Berufsfeld hat sich durch Automatisierung und Digitalisierung weiter ausdifferenziert und verändert“, sagt Götz.

Die Neuordnung sieht jetzt eine Vertiefung der Fachrichtung in der Berufsschule im 3. Lehrjahr vor. Es sei gut, dass die verschiedenen Arbeits- und Denkweisen von Mediengestaltern nun stärker in der Berufsschule berücksichtigt würden, so Götz. Für ihn wäre jedoch eine noch konsequentere Unterscheidung der Fachrichtungen wünschenswert gewesen. Er verweist auf die grundlegenden Unterschiede von Digital- gegenüber Printgestaltern: „Frontend-Entwickler“, wie er sie bevorzugt nennt, „bewegen sich in einer Welt von Interaktivität und Flexibilität. Ihr Handwerk erfordert ein ausgeprägtes Gespür für User Experience und responsive Designs sowie ein tiefgreifendes technisches Verständnis. Sie erschaffen interaktive Elemente, die sich nahtlos an verschiedene Nutzungsszenarien anpassen.“

Götz sieht hier eine Diskrepanz in der Ausbildungslandschaft: „Während im vergangenen Sommer ein neuer Ausbildungsberuf für die Gestaltung immersiver Medien wie Virtual und Augmented Reality ins Leben gerufen wurde, wurde das für die Frontend-Entwickler verpasst“, sagt er. „Das ist bedauerlich, zumal diese Spezialisten das Rückgrat in der Gestaltung und Programmierung von Benutzeroberflächen bilden und in der Digitalbranche sehr gefragt sind.“ Trotzdem seien die Neuerungen ein Schritt in die richtige Richtung.

Print eigentlich auch digital
Das findet auch Swen Grundel. Er ist Ausbilder bei der Raff Digital GmbH in Riederich. „Fotografie und Bildbearbeitung stehen bei uns im Fokus. Inzwischen generieren wir auch vollständig digitale Bilder und erstellen Animationen aus 3D-Daten“, beschreibt er den Arbeitsalltag der Medienagentur. Ein Teil der Arbeit sei nach wie vor der klassische Satz, doch oftmals würden die Bilder ausschließlich auf digitalen Kanälen veröffentlicht. „Für Websites und die sozialen Medien werden meistens mehr Bilder benötigt als für Kataloge oder Flyer. Die Digitalisierung spielt uns hier in die Hände.“

IHK Reutlingen, Tübingen und ZollernalbFoto: PR Swen Grundel

„Einige Themen waren für die berufliche Praxis nicht relevant“

Sven Grundel, Ausbilder bei der Raff Digital GmbH, Riederich

Digital erstellte Bilder für digitale Kanäle: Da scheint es auf den ersten Blick verwirrend, dass die derzeit vier Mediengestalter-Azubis im Unternehmen ausgerechnet die Fachrichtung Print absolvieren. „Die Fachrichtung Digital richtet sich an angehende Webseiten-Gestalter“, erklärt Swen Grundel. „Das ist aber das Einzige, was wir nicht machen.“ Die Neuordnung beziehe nun jedoch auch im Printbereich die digitale Arbeitsweise mehr ein.

Mehrere Inhalte wurden aus dem Ausbildungsplan gestrichen. „Einige Themen waren für die berufliche Praxis nicht relevant“, sagt Grundel, der 1999 selbst einer der ersten Mediengestalter-Azubis bei Raff Digital war. Er befürwortet insbesondere die Verschlankung der Lerninhalte. So etwa die Abschaffung des Wahlqualifikationsmoduls Musiknotenherstellung, für das es zudem kaum jemanden gegeben hätte, der eine solche Prüfung überhaupt hätte abnehmen können. Andere Ausbildungsinhalte seien schlicht veraltet gewesen. „Der Rahmenplan passt jetzt besser zur Praxis.“

Prüfungen abwarten
Momentan beschäftigt sich Swen Grundel auch- mit der Fachrichtung Projektmanagement. „Alle Projektmanager im Unternehmen sind ausgebildete Mediengestalter, die sich das Projektmanagement selbst beigebracht haben. Eine Ausbildung, die das direkt mitvermittelt, könnte für uns in Zukunft interessant sein.“ Jetzt gelte es aber erst mal, die Prüfungen der Mediengestalter-Azubis abzuwarten. Neben den Inhalten wurden nämlich auch die Prüfungszeiten angepasst: „In den Zwischenprüfungen im März 2025 wird sich zeigen, wie unsere Auszubildenden mit der neuen Ausbildungsordnung zurechtkommen.“ /

(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 8+9/2024.)