Was bewegt und beschäftigt Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region? In der Reihe "O-Ton Wirtschaft“ kommen sie zu Wort.
„Transparenz und Vielfalt müssen geschützt werden“
Oliver Freidler, Geschäftsführer der Alb-Gold Teigwaren GmbH, Trochtelfingen:
„Klimawandel und Bevölkerungswachstum stellen die Landwirtschaft vor große Herausforderungen. Die sogenannte ‚neue grüne Gentechnik‘ soll Pflanzen resistenter gegen Schädlinge und das Klima machen. Seit über 15 Jahren setzen wir uns für die ‚Ohne Gentechnik‘-Kennzeichnung ein. Die Verbraucher sollen die Wahlfreiheit haben, ob sie Produkte mit oder ohne gentechnisch veränderten Zutaten kaufen. Eine Abschaffung der Kennzeichnungspflicht durch den EU-Agrarministerrat würde Transparenz und Nachvollziehbarkeit gefährden. Das Vertrauen in Bioprodukte sowie hochwertige konventionelle Lebensmittel ohne Gentechnik könnte verloren gehen.
Unsere Kunden möchten wissen, was in ihren Nudeln steckt. Diese Info muss deutlich auf jeder Verpackung stehen. Die Gentechnik-Kennzeichnungspflicht muss bestehen bleiben, um Wahlfreiheit zu garantieren und Firmen zu entlasten, die bewusst auf diese Technologien verzichten. Transparenz und Vielfalt sind hohe Güter, die geschützt werden müssen.“ /
„Die Politik sollte weniger Vorgaben machen“
Michael Rampf, Geschäftsführender Gesellschafter der Rampf Holding GmbH & Co. KG, Grafenberg:
„Für unser Unternehmen ist Nachhaltigkeit mehr als nur ein Schlagwort, sie ist seit der Gründung Teil unserer Firmenphilosophie. Die steigenden regulatorischen Anforderungen in diesem Bereich – wie die CSRD-Richtlinie, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die EU-Taxonomie-Verordnung – binden jedoch erhebliche personelle und finanzielle Ressourcen. Vorbereitung und Umsetzung der CSRD-Richtlinie beanspruchen etwa fast zwei Jahre. Die Durchführung von Wesentlichkeitsanalysen verursacht zusätzliche Kosten. Parallel dazu laufen ISO-Audits.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, haben wir eine Nachhaltigkeitsmanagerin eingestellt, die alle Themen strukturiert und bündelt. Dadurch wollen wir langfristig nicht nur den bürokratischen Aufwand bewältigen, sondern auch Chancen und positive Effekte für unser Unternehmen nutzen. Die Politik sollte weniger aufwendige Vorgaben machen, sondern eher überlegen, wie sie Unternehmen beim Umsetzen echter Nachhaltigkeit einbezieht.“ /
„Ein kritischer Standortfaktor.“
Dr. Christina Blanken, Rechtsanwältin und Partnerin bei der Voelker & Partner mbB, Reutlingen:
„Als Rechtsanwältin, Unternehmerin, Mutter und Vorstandsmitglied des Tagesmütter e. V. Reutlingen erlebe ich täglich, wie herausfordernd es ist, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Die Betreuungssituation wird für Eltern immer schwieriger, da es immer weniger verfügbare Plätze gibt. Meine eigenen Kinder waren deshalb bei Tagesmüttern. In unserer Kanzlei unterstützen wir Eltern mit flexiblen Arbeitszeiten, Homeoffice-Möglichkeiten und passenden Arbeitsmodellen, was zu einer hohen Frauenquote beiträgt, auch auf Partnerebene. Das Konzept der „Tagespflege in anderen geeigneten Räumen“, kurz Tiger, das im Landkreis Reutlingen erfolgreich angeboten wird, kann für Produktionsunternehmen und Eltern im Schichtdienst eine Lösung bieten. Essenziell sind jedoch die politischen Rahmenbedingungen: Wir brauchen faire Löhne für das Betreuungspersonal, weniger Bürokratie und flexiblere Betreuungszeiten. Die schlechten Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind angesichts des Fachkräftemangels ein kritischer Standortfaktor für Deutschland.“ /
„Die 4-Tage-Woche funktioniert."
Vera Kolompar, Geschäftsführerin der Engel GmbH, Pfullingen:
„Wir haben in unserem Unternehmen die 4-Tage-Woche eingeführt. Bislang haben wir damit fast nur positive Erfahrungen gemacht. Für Menschen, die gerne bei uns arbeiten möchten, werden wir als Arbeitgeber attraktiver, da wir unseren Beschäftigten mehr Flexibilität für die Freizeit oder die Familie geben. Um trotzdem die ständige Erreichbarkeit sicherzustellen, haben wir in den einzelnen Abteilungen Absprachen getroffen. Diese präzisen Absprachen in jeder Abteilung sind auch mein Tipp für Unternehmen, die die 4-Tage-Woche ebenfalls einführen möchten: Sie sind wichtig, um zu vermeiden, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichzeitig freihaben. Schließlich müssen alle Prozesse ohne Unterbrechung weiterlaufen. Auch die interne und externe Kommunikation sollte eventuell überdacht werden. Da nicht jeder Beschäftigte jeden Tag am Arbeitsplatz anzutreffen ist, müssen manche Abläufe vielleicht neu organisiert werden.“ /
„Wir brauchen eine innovationsfreudige Politik."
Markus Horn, Geschäftsführer der Hartmetall-Werkzugfabrik Paul Horn GmbH, Tübingen:
„Im globalen Wettbewerb können wir uns in erster Linie durch Innovationen behaupten. Natürlich spielen darüber hinaus der Preis sowie die Kosten und auch das Thema Zeit eine entscheidende Rolle. Hier bremst uns leider in vielen Bereichen die Bürokratie massiv aus. In unserer Branche geben wir laut einer VDMA-Studie im Durchschnitt ähnlich viel Geld für Bürokratie aus wie für die eigene Forschung und Entwicklung. Dies kann ich leider auch für die Paul Horn GmbH bestätigen. Forschung und Entwicklung sind ein Grundpfeiler der Zukunft unseres Landes. Der Standort Deutschland muss auch künftig attraktiv bleiben. Ich glaube fest daran. Demgegenüber stehen DSGVO, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, A1-Bescheinigung und vieles mehr, das uns tagtäglich in großem Umfang beschäftigt. Wir brauchen eine industrie- und innovationsfreundliche Politik, Infrastruktur und Gesellschaft. Ein wichtiger Meilenstein hierbei ist der konsequente Abbau von Bürokratie.“ /
„Es muss sich für jeden einzelnen Beschäftigten wieder lohnen, Mehrarbeit zu leisten.“
Ralph Lehleuter, geschäftsführender Gesellschafter der Mafu Unternehmensgruppe, Rosenfeld:
„Unsere aktuellen Herausforderungen sind die Kostensteigerungen, aber vor allem der Fachkräftemangel. Er treibt uns Unternehmer extrem um – und derzeit viel diskutierte Konzepte wie die Viertagewoche werden ihm definitiv nicht entgegenwirken. Die Politik muss mehr Anreizsysteme schaffen. Es muss sich für jeden einzelnen Beschäftigten wieder lohnen, Mehrarbeit zu leisten. Wir Unternehmer möchten unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gerne höhere Löhne zahlen. Doch dazu benötigen wir die steuerlichen Rahmenbedingungen.
In den vergangenen drei Jahren hatten wir die Sonderzahlungsmöglichkeiten über die Corona- und die Inflationsausgleichsprämie. Diese konnten wir unseren Beschäftigten steuerfrei zukommen lassen. Es sollte aber generell die Möglichkeit von steuerfreien Sonderzahlungen eingeführt werden, zum Beispiel für geleistete Überstunden. Jede Überstunde, die ein Mitarbeiter macht, sollte steuerfrei entlohnt werden können. Arbeit muss sich wieder lohnen.“ /
„Energiepreise: Wir fordern eine klare Linie!"
Wolfgang Grupp jun., Mitglied der Geschäftsleitung, Trigema Inh. W. Grupp e. K., Burladingen:
„Aktuell befinden wir uns in einer nicht planbaren Energieversorgungssituation. Wir wissen nicht, was in den nächsten Jahren auf uns zukommt: ob es Förderungen gibt, Zulagen oder gar Verbote. Wir wissen nicht, mit welcher Versorgung wir am Standort Burladingen rechnen können. Die Folge ist, dass die Produktion in Deutschland immer schwieriger wird, weil keine Planbarkeit herrscht. Hohe Investitionen, beispielhaft in eine Energiezentrale, sind ohne hohes Restrisiko fast nicht mehr möglich. Wir müssen uns nicht wundern, wenn neue Investitionen von anderen Firmen aus Sicherheitsgründen eher im Ausland getätigt werden. Energie ist eine Grundinfrastruktur, die eine einzelne Firma allein fast nicht stemmen kann. Wir fordern von der Politik eine langfristige klare Linie. Es darf nichts verboten werden, ohne dass es dafür eine vernünftige Alternative gibt. Nur so können wir auch weiterhin den Produktionsstandort Deutschland sichern.“ /
„Cannabis für alle? Die Patienten werden vergessen!"
Johannes Ertelt, Inhaber Heidelberg Apotheke, Bisingen:
„Es ist soweit: Die Bundesregierung hat nun endlich den Gesetzentwurf für die kontrollierte Abgabe von Genuss-Cannabis-Produkten auf den Tisch gelegt. Wir Apotheker sind alle nicht zufrieden damit. Keiner spricht über die Zukunft der Cannabis-Versorgung von Patienten, die bereits seit sechs Jahren ihr Cannabis für medizinische Zwecke einsetzen dürfen – allerdings erst nach Verschreibung durch den Arzt. Diese Therapie muss zudem noch durch die Krankenkasse genehmigt werden. Die Ablehnungsquote liegt immer noch bei 30 bis 40 Prozent. Hier muss gehandelt und in Aussicht gestellt werden, dass die Kostenübernahme für die Patienten sichergestellt ist. Anders sieht der deutsche Markt für Genuss-Cannabis aus: Sein Potenzial wird auf über 400 Tonnen pro Jahr geschätzt. Viele Hersteller und Start-ups können es kaum erwarten, den Markt endlich mit Cannabis-Produkten jedweder Art zu beliefern. Es ist aber noch unklar, ob und wann sie damit beginnen können.“ /
„Kann KI auch Werbetext?“
Dirk Weisser, Geschäftsführer der DGM Kontext GmbH, Tübingen:
„Mit Chat GPT und vergleichbaren Programmen ist die künstliche Intelligenz (KI) im Alltagsleben angekommen. Ich habe in den vergangenen Wochen einige KI-basierte Tools zur Texterstellung ausprobiert und bin zum Ergebnis gekommen, dass die Texte für allgemeine Themen recht gut funktionieren. Sie taugen aber nicht, wenn es darum geht, die Besonderheiten eines Unternehmens und seiner Produkte darzustellen, seine Corporate Identity und seine Corporate Language zu berücksichtigen. Dafür wird es auf absehbare Zeit weiterhin Menschen brauchen, die individuell Konzepte und Texte erstellen.“ /
„Bürokratie ist fehl am Platz.“
Isabel Grupp, Geschäftsleitung der Plastro Mayer GmbH, Trochtelfingen:
„Der Fokus unternehmerischen Handelns muss auf wichtigen Themen liegen: Innovation, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und finanzielle Stabilität. Auch die aktuelle Krisenbewältigung fordert Unternehmen heraus. Bürokratische Hürden, die wir Unternehmerinnen und Unternehmer zu oft erleben, sind komplett fehl am Platz. Sie fühlen sich demotivierend an. Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ist höchst überfällig. Um bürokratische Hürden abzubauen, sind flächendeckende smarte Lösungen in der Kommunikation mit den Behörden ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“ /
„Gaskrise: Die hohen Energiepreise machen Deutschland als Standort unattraktiv."
Arnd-Gerrit Rösch, Geschäftsführer Rökona Textilwerk GmbH & Co. KG, Tübingen:
„Die Energiepreise sind viel zu hoch – und das nicht erst seit dem Krieg. Das macht Deutschland als Standort unattraktiv, obwohl die Produktion von Gütern die Grundlage unserer sozialen Marktwirtschaft ist. Die bisherigen Maßnahmen der Regierung sind nur ein Herumdoktern an Symptomen. Was wir jetzt brauchen sind deutlich mehr Strom-, Erdgas- und Wärmeangebote. Nur so kann der Preis sinken. Die deutschen Regierenden haben einen Amtseid auf das deutsche Volk geschworen - und diesen gilt es jetzt mit Leben zu füllen.“ /
„Homeoffice: Von uns als Unternehmen wird hier eine große Flexibilität erwartet."
Tanja Frank, Personalreferentin Kittelberger Media Solutions GmbH:
"Der Beginn der Corona-Pandemie hat einen Großteil der Mitarbeiter ins Homeoffice geführt. Für Unternehmen bestand die Herausforderung darin, die Infrastruktur für Remote Work zur Verfügung zu stellen und Arbeitnehmer mussten mit dem neuen Arbeitsformat zurechtkommen. Homeoffice ist längst nicht mehr nur Notlösung, sondern wurde quasi zur neuen Art zur arbeiten. Unternehmenskultur muss deshalb neu gedacht werden. Für uns ist es wichtig für unsere Mitarbeiter attraktiv zu sein und wettbewerbsfähig zu bleiben. Von uns als Unternehmen wird hier eine große Flexibilität erwartet und auch geleistet. Eine flächendeckende, gute Internetanbindung würde diesen ganzen Prozess des Kulturwandels sehr unterstützen und genau das wäre unser Wunsch und unsere Bitte an die Politik." /
„Corona-Winter: Das würde unserer Branche den Rest geben."
Max-Richard Freiherr Raßler von Gamerschwang, Inhaber Hotel Schloss Weitenburg:
„Hotellerie und Gastronomie stehen vor einer Vielzahl von Unwägbarkeiten. Arbeitskräftemangel, unabsehbare Preisentwicklungen, die neuerlichen Corona-Maßnahmen von Bund und Land, unter bestimmten Bedingungen wieder mit Maskenpflicht, vielleicht auch mit weiteren Einschränkungen. Erneute harte Corona-Maßnahmen oder gar Lockdowns würden unserer Branche sprichwörtlich den Rest geben, denn mit staatlicher Unterstützung ist nicht mehr zu rechnen. Die Politik muss die gesenkten Mehrwertsteuersätze für Speisen in der Gastronomie auch über den Jahreswechsel hinaus weiterführen und zusätzlich auf Getränke ausweiten. Zudem muss sie klare Ansagen machen, welche Maßnahmen bei einer weiteren Corona-Welle jetzt im Herbst ergriffen werden und welche nicht. Nur dann haben wir Planungssicherheit. Zinsverbilligte Darlehen und die Förderung von energiesparenden Maßnahmen müssen fortgeführt werden. Nur so kann es gelingen, den Inlandstourismus zu stärken.“ /
„IT-Sicherheit: Hacker-Angriffe schaden Unternehmen."
Thomas Ströbele, geschäftsführender Gesellschafter yourIT GmbH:
„Aktuell haben wir viele Einschläge, was Cyber-Security anbelangt und die Problematik für den Unternehmer ist: Er kann zurzeit nur sehr schwer beurteilen, ob ein IT-Dienstleister für ihn geeignet ist. Ein Unternehmer ist versucht, den unsichereren Dienstleister auszuwählen, weil der das System auch zum Laufen bekommt. Erst wenn der Hacker-Angriff durchgegangen ist, haben wir die Sicht, dass viele Dinge nicht richtig eingestellt wurden. Meine Forderung ist, dass IT-Dienstleister daran gemessen werden, wie gut sie sich aufgestellt haben im Bereich Cyber-Security. Da könnte man eine Norm ISO 27001 als Maß wählen. Da ist alles schon vorbereitet, es hapert zurzeit nur an der Durchsetzung.“ /
„Zu hohe Spritpreise: Bis zu 20 Cent mehr pro Kilometer.“
Frank Wiest, Geschäftsführer HVB Wiest + Schürmann Hechinger Verkehrsbetriebsgesellschaft mbH, Hechingen:
„Wir Busunternehmen haben momentan vor allem mit zwei großen Problemfeldern zu kämpfen: zum einen mit dem Fachkräftemangel – es fehlen uns also Busfahrerinnen und Busfahrer –, zum anderen mit den hohen Dieselpreisen. Der Busführerschein ist aufgrund von gesetzlichen Vorgaben in den vergangenen Jahren sehr teuer geworden ist. Das muss wieder bezahlbar werden! Zum Thema Dieselpreis: Pro gefahrenem Kilometer kommen zurzeit zwischen 18 und 20 Cent Mehrkosten auf uns zu. Für unseren Busbetrieb sind das in Summe zusätzliche Mehrkosten von bis zu einer Million Euro im Jahr! Unsere Liquidität ist dementsprechend sehr angespannt und wir müssen schauen, wie wir hier über die Runden kommen. Wir bitten dringend, dass die Aufgabenträger, sprich die Landkreise und Städte, einen Ausgleich schaffen, vor allem für mittelständische Unternehmen wie uns. Ein Vorbild für staatliche Hilfsmaßnahmen könnten hier die schnellen und flexiblen Ausgleichszahlungen sein, wie sie zu Corona-Zeiten stattgefunden haben.“ /
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