Urheberrecht und Datenschutz bei Chat GPT

Chat GPTVerwenden Firmen Chat GPT für die Erstellung von Texten, besteht die Gefahr, dass sie damit unwissentlich das Urheberrecht verletzen. Foto: MMD Creative/shutterstock.com

Chat GPT ist derzeit in aller Munde. Was müssen Betriebe in Sachen Urheberrecht und Datenschutz wissen, wenn sie das KI-Tool nutzen? Dr. Christina Blanken, Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht sowie für IT-Recht bei der Voelker & Partner Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater mbB in Reutlingen, beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wer gilt als Urheber, wenn Betriebe Chat GPT nutzen – und sich vom Tool zum Beispiel einen Text für die Unternehmenswebsite schreiben lassen?
Dr. Christina Blanken: Nur Menschen können urheberrechtlich geschützte Werke erstellen. Deshalb gibt es für Texte, die von Chat GPT geschrieben wurden, in der Regel keinen Urheber. In diese Richtung weisen auch erste entsprechende Urteile aus den USA. Derzeit wird aber diskutiert, ob durch die Art und Weise, wie man der künstlichen Intelligenz (KI) Anweisungen erteilt, ein Urheberrecht entstehen könnte – ähnlich wie beim technischen Vorgang einer Fotografie, bei dem der Mensch auf den Auslöser drückt und dann als Urheber für das Foto gilt. Werden Chat-GPT-Texte von einem Menschen nachbearbeitet, könnte er damit gegebenenfalls Urheberrechte am Text erwerben. Das würde dann auch für Unternehmen gelten. Allerdings sind die Rechtsfragen in diesem Zusammenhang noch nicht abschließend geklärt.

Können Unternehmen bei der Nutzung von Chat GPT unbewusst Urheberrechte verletzen?
Ja. Das Problem liegt darin, dass nicht klar ist, auf Basis welcher Quellen Chat GPT seine Texte schreibt. Nach dem Urheberrechtsgesetz ist die Übernahme von Teilen fremder Werke oder deren Umgestaltung grundsätzlich nicht ohne Einwilligung des Urhebers erlaubt. Nun ist es aber durchaus möglich, dass Texte von Chat GPT nur minimal abgeänderte Versionen eines anderen Textes darstellen oder sogar wesentliche Elemente des Ursprungstextes identisch übernommen wurden. Wer einen solchen Text vervielfältigt oder veröffentlicht, begeht eine Urheberrechtsverletzung – selbst wenn er es ohne böse Absicht tut. Der Urheber des Originals kann in einem solchen Fall Unterlassungs-, Schadensersatz- und Beseitigungsansprüche geltend machen. Bittet man Chat GPT etwa, einen Werbetext unter Verwendung des Settings der Harry-Potter-Romane zu schreiben, dürften die Urheberrechte der Autorin Joanne K. Rowling verletzt sein. Bei anderen Texten sind Urheberrechtsverletzungen aber eher selten, da Chat GPT hier „eigene“ Formulierungen verwendet und diese dann nicht geschützt sind.

Dürfen Firmen ungefragt personenbezogene Daten bei Chat GPT eingeben?
Nein. Ein Unternehmen ist an die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gebunden. Das heißt: Bei Chat GPT dürfen ohne Zustimmung der Betroffenen keine personenbezogenen Daten von Dritten wie Namen oder Adressen eingegeben werden. Da Chat GPT die eingegebenen Daten speichert und nutzt, wird in den Nutzungsbedingungen auch ausdrücklich verlangt, dass der Nutzer die DSGVO bei der etwaigen Eingabe von personenbezogenen Daten einhält. Zudem kann die Eingabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ein Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Geheimhaltungsverpflichtungen darstellen. Also: keine sensiblen Daten in Chat GPT eingeben!

Welche Konsequenzen drohen Beschäftigten, die bei Chat GPT sensible Unternehmensdaten preisgeben?
Theoretisch könnte die Firma, bei der der Beschäftigte tätig ist, mit Schadensersatzansprüchen oder Bußgeldern wegen Datenschutzverstößen konfrontiert werden. Faktisch wird dies jedoch in der Regel daran scheitern, dass niemand herausfinden kann, dass personenbezogene Daten eines Dritten bei Chat GPT eingegeben worden sind.

Bei einem Verstoß gegen Geheimhaltungspflichten drohen dem Beschäftigten selbst und gegebenenfalls auch dem Unternehmen Schadensersatzansprüche oder Vertragsstrafen. Im Extremfall kann das Verhalten sogar die Strafbarkeit der Beteiligten nach sich ziehen – je nachdem, ob vertragliche oder gesetzliche Geheimhaltungsvorschriften verletzt werden und ob dies fahrlässig oder mit Vorsatz geschieht. Werden Geschäftsgeheimnisse des eigenen Unternehmens eingegeben, verlieren diese die Qualifikation als Geschäftsgeheimnis und dürfen fortan von Dritten verwendet werden. Für den Mitarbeiter können hier arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen.

Hat es rechtliche Folgen, wenn eine Firma Informationen aus einem Chat-GPT-Text nutzt und damit unwissentlich Falschinformationen verbreitet?
Das Verbreiten von falschen Informationen ist per se zunächst nicht rechtswidrig. Anders sieht dies aus, wenn unwahre Tatsachen über Dritte verbreitet werden. Hier stehen den betroffenen Personen oder Konkurrenzunternehmen Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz zu.

Wie können Unternehmen Texte von Chat GPT vor der Veröffentlichung auf Urheberrechtsverletzungen checken?
Das ist sehr schwierig. Man kann Plagiat-Tools nutzen oder den Text oder einzelne Sätze googeln. Selbst wenn man den Text dabei nicht auffindet, gibt es jedoch keine Sicherheit, dass er nicht vielleicht doch existiert – und von Chat GPT „abgeschrieben“ wurde. Möglicherweise gibt es künftig spezielle KI-Programme, die das prüfen können. Noch ist es aber nicht so weit.

Dürfen Azubis ausbildungsrelevante Texte mit Hilfe von Chat GPT schreiben?
Wer in der Schule einen selbst erstellten Text abgeben muss, täuscht, wenn er den Text durch einen Dritten hat schreiben lassen. Ob ein Auszubildender von einem Klassenkameraden abschreibt oder sich den Text von Chat GPT schreiben lässt, ist für die Bewertung nicht relevant. Für Schule, Berufsschule, Ausbildung und Studium müssen die Texte also selbst verfasst werden. Hier gilt jedoch: Nutzt man Chat GPT ähnlich wie eine Suchmaschine, um leidglich nach Inhalten zu suchen, ist dies nicht zu beanstanden – sofern der eigentliche Text anschließend selbst verfasst wird. Das Suchen von Inhalten über Chat GPT ist ebenso zulässig wie über eine Bibliothek oder das Internet. /


Hintergrund: Was ist Chat GPT?
Chat GPT (Chatbot Generative Pre-trained Transformer) ist ein sprach- und textbasierter Chatbot. Er wurde vom kalifornischen KI-Forschungsunternehmen Open AI entwickelt, das von Elon Musk mitbegründet wurde. Bei Chat GPT kann der Nutzer mittels Texteingabe mit dem Programm kommunizieren, ähnlich einem Chat. Die Online-Anwendung eignet sich als Ideengeber, Inspirationsquelle oder Hilfe bei der Vorstrukturierung von Texten. Um Chat GPT nutzen zu können, muss man sich einmalig registrieren – mit Mailadresse, Name und Telefonnummer.

Dr. Jens Jasper

Dr. Jens Jasper

Recht und Steuern,
IHK-Zentrale
Position: Bereichsleiter
Schwerpunkte: Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht, außergerichtliche Streitbeilegung, Sachverständigenwesen, Steuern, IHK-Gremium Kreis Tübingen: Geschäftsführung, Koordination Hoheitliche Aufgaben
Telefon: 07121 201-233
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