Recht auf Reparatur: Was bedeutet das für Unternehmer?

Reparieren statt wegwerfen: Diese Idee steht hinter dem Recht auf Reparatur. Ziel der EU-Richtlinie ist es, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern und so Abfall reduzieren - umgesetzt wird sie bis spätestens 31. Juli 2026. Das Recht auf Reparatur betrifft Hersteller bestimmter Produktgruppen und Verkäufer, die Waren an Verbraucher verkaufen.
Der Verbraucher hat künftig ein Recht auf Reparatur für bestimmte Warengruppen.
- Bei Mangel während der kaufvertraglichen Gewährleistungszeit soll das “Recht auf Reparatur” eine Reparatur attraktiver machen - denn anstelle eines Ersatzes wird die Ware repariert und der Verbraucher erhält ein zusätzliches Jahr Garantie.
- Bei Mangel außerhalb der kaufvertraglichen Gewährleistungszeit trägt der Käufer die Kosten für die Reparatur.
Im Dropdown gibt es eine Übersicht zu den Änderungen, weiter unten stehen die neuen Pflichten der Hersteller.
Die Änderungen im Überblick
Wer ist künftig zur Reparatur verpflichtet – Hersteller oder Verkäufer?
Betroffen sind:
- Die Hersteller der ausgewählten Produktgruppen.
- Alle Verkäufer, welche die ausgewählten Produktgruppen an Verbraucher verkaufen.
Die Reparaturpflicht trifft den Hersteller und nicht den Verkäufer. Hat der Hersteller jedoch keinen Firmensitz innerhalb der EU, kann ein Bevollmächtigter in der Union, ein Importeur oder der Vertreiber der betreffenden Ware die Verpflichtung des Herstellers erfüllen. Diese können Reparaturen untervergeben, um ihrer Reparaturverpflichtung nachzukommen.
Welche Produktgruppen sind vom Recht auf Reparatur betroffen?
Für den folgenden Produktgruppen wird Verbrauchern das Recht eingeräumt, bei einem Defekt eine Reparatur zu angemessenen Kosten verlangen zu können. Die genauen Produktgruppen sind im Anhang II der Richtlinie zum Recht auf Reparatur geregelt, darunter u.a.:
- Haushaltsgeräte (z. B. Haushaltswaschmaschinen und -trockner, Kühlgeräte, Staubsauger)
- Elektronische Geräte (z. B. Smartphones, Tablets, Displays)
- Fahrzeuge mit Batterien (z. B. E-Scooter, E-Bikes)
Zukünftig könnten weitere Produktgruppen hinzukommen.
Welche neuen Rechte haben Verbraucher bei mangelhaften Produkten und Reparaturen?
Hat der Verbraucher ein mangelhaftes Produkt erworben und zeigt sich der Mangel innerhalb der Gewährleistungszeit, wird sich künftig
- Die Dauer der Gewährleistung von zwei auf drei Jahre verlängern, wenn er sich für die Reparatur anstelle einer Ersatzlieferung entscheidet.
- Zudem müssen alle Waren, die an Verbraucher verkauft werden, im üblichen Rahmen reparierbar sein. Anderenfalls liegt ein Sachmangel vor.
Ein Anspruch auf Reparatur außerhalb der vertraglichen Gewährleistung besteht bei Mängeln, die entweder:
- nach dem Gefahrübergang entstehen oder
- bereits beim Gefahrübergang vorhanden waren, sich jedoch erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist bemerkbar machen.
Welche Änderungen gelten künftig im Gewährleistungsrecht für Verbraucher?
Die Änderungen im Gewährleistungsrecht beziehen sich auf alle Waren (bewegliche körperliche Gegenstände, nicht: Gas, Wasser, Strom), die an Verbraucher verkauft werden. Die Änderungen sind:
- Ergänzung des Sachmangelbegriff um Reparierbarkeit: Sollten Waren im üblichen Rahmen nicht reparierbar sein, fehlt es an der geschuldeten Beschaffenheit und es liegt ein Mangel vor.
- Längere Gewährleistungsfrist: Die Gewährleistungsfrist verlängert sich um ein Jahr, wenn der Käufer sich anstelle der Ersatzlieferung für eine Reparatur entscheidet. Die Gewährleistungsfrist beträgt dann insgesamt 3 Jahre ab dem Kaufdatum bzw. dem Datum der Übergabe der Ware. Der Käufer kann aber nach wie vor zwischen der Reparatur oder der Ersatzlieferung wählen. Die Rechte des Käufers bei Sachmängeln bleiben unverändert bestehen.
- Besondere Hinweispflicht des Verkäufers: Der Verkäufer muss den Verbraucher vor Durchführung der Nacherfüllung darauf hinweisen, dass er ein Wahlrecht hat zwischen Ersatzlieferung und Reparatur und dass sich die Gewährleistungszeit auf insgesamt 3 Jahre verlängert, sollte er sich für eine Reparatur entscheiden.
Was droht bei Verstößen?
Die Mitgliedstaaten sind dafür verantwortlich, dass die neuen Vorgaben angemessen und wirkungsvoll durchgesetzt werden und müssen die dafür zuständigen Behörden und Gerichte festlegen. Verstöße können von Verbrauchern auch im Wege der Sammelklage durchgesetzt werden.
Wie können sich Unternehmer vorbereiten?
Vorbereitung für Hersteller besonderer Warengruppen:
- Sicherstellung der technischen Reparierbarkeit der Produkte
- Überprüfung der Lieferketten im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Werkzeugen
- Aufbau klarer Prozesse für Reparaturanfragen und deren Abwicklung
- Gegebenenfalls Schulung von Mitarbeitenden zu neuen rechtlichen Anforderungen und den betroffenen Produkten
Potenziale der Richtlinie:
- Stärkung der Kundentreue durch nachhaltige und transparente Reparaturservices
- Erschließung neuer Geschäftsfelder wie Reparaturdienstleistungen und Ersatzteilvertrieb
Neue Pflichten für Hersteller
Die Hersteller ausgewählter Produktgruppen (siehe Anhang II der Richtlinie) haben folgende Pflichten:
1. Reparaturpflicht
- Hersteller müssen Reparaturen anbieten, sofern diese technisch möglich sind. Der Umfang der Reparatur variiert und ergibt sich aus weiteren europäischen Vorschriften.
- Hersteller werden verpflichtet, Reparaturen zu angemessenen Kosten innerhalb eines angemessenen Zeitraums anzubieten.
- Ersatzteile und Werkzeuge müssen zu angemessenen Preisen und für einen angemessenen Zeitraum verfügbar gemacht werden.
- Hersteller können Dritte mit der Reparatur beauftragen.
- Die Reparaturpflicht wird aber nicht auf den Hersteller beschränkt. Der Verbraucher soll den Reparaturbetreib frei wählen dürfen.
2. Informationspflichten
Hersteller müssen sicherstellen, dass Verbraucher umfassend und leicht zugänglich informiert werden, Art 4 der Richtlinie. Welche Informationskanäle die Unternehmen nutzen, ist ihnen freigestellt.
Verwendet der Hersteller das europäische Formular und füllt er es vollständig und korrekt aus, gilt die Vermutung, dass er seine Informationspflichten erfüllt hat. Hat der Hersteller keine Niederlassung in der EU, ist gegebenenfalls der Bevollmächtigte, der Importeuer oder der Händler zur Bereitstellung der Informationen verpflichtet.
Europäisches Formular für Reparaturinformationen:
Unternehmen können das im Anhang I in der Richtlinie vorgesehene Formular für Reparaturinformationen nutzen, sie sind dazu aber nicht verpflichtet.
Das Formular ist auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. PDF-Datei) binnen einer angemessenen Frist vor Vertragsschluss dem Verbraucher zur Verfügung zu stellen. Dieses enthält u.a.:
- Beschreibung des Mangels,
- vorgeschlagene Reparaturen,
- Preis, Dauer und Gültigkeitsdauer des Reparaturangebots,
- Untersuchungskosten: Falls eine Diagnose notwendig ist, bevor die Reparaturkosten festgelegt werden können, müssen Verbraucher vorab über diese Kosten informiert werden.
- Klarheit bei Reparaturangeboten: Diagnostik-Kosten müssen getrennt und verständlich ausgewiesen werden.
3. Verpflichtung zu einfachen und zugänglichen Reparaturen
Die Richtlinie verpflichtet Hersteller, Reparaturen möglichst einfach und zugänglich zu machen. Hindernisse, die Verbraucher oder unabhängige Reparaturdienste bei der Reparatur von Produkten beeinträchtigen könnten, sind nicht mehr zulässig. Der Verbraucher darf den Reparaturbetrieb frei wählen. Im Detail bedeutet das:
Technische Einschränkungen vermeiden
- Software-Sperren: Unternehmen dürfen keine Software verwenden, die die Reparatur durch Dritte blockiert (z. B. Autorisierungsverfahren, die nur der Hersteller freischalten kann).
- Hardware-Kompatibilität: Produkte müssen so gestaltet sein, dass sie mit Ersatzteilen von Drittanbietern oder 3D-gedruckten Teilen kompatibel sind, sofern diese den technischen Anforderungen entsprechen.
Ersatzteile und Werkzeuge bereitstellen
- Verfügbarkeit von Originalteilen: Hersteller müssen sicherstellen, dass Ersatzteile über einen angemessenen Zeitraum nach Kauf des Produkts verfügbar sind.
- Zugang zu Werkzeugen: Spezialisierte Werkzeuge oder Software, die für Reparaturen notwendig sind, dürfen nicht ausschließlich dem Hersteller vorbehalten sein.
- Ersatzteile müssen zu angemessenen Preisen angeboten werden, die den Verbraucher nicht vor einer Reparatur abschrecken.
Nutzung alternativer Teile zulassen
- Kompatible Ersatzteile: Die Verwendung von Drittanbieter-Ersatzteilen, gebrauchten Teilen oder 3D-gedruckten Komponenten darf nicht eingeschränkt werden.
- Keine Bindung an Originalteile: Verbraucher und Reparaturdienste müssen frei wählen können, welche Ersatzteile sie nutzen wollen.
Keine rechtlichen Einschränkungen
- Vertragsklauseln: Vertragsbestimmungen, die Reparaturen durch unabhängige Betriebe untersagen oder erschweren, sind unzulässig.
- Geistige Eigentumsrechte: Zwar bleiben Schutzrechte wie Patente und Marken erhalten, sie dürfen jedoch nicht missbraucht werden, um die Reparatur von Produkten zu blockieren.
- Ist dem Hersteller die Reparatur nicht möglich, darf er dem Verbraucher ein überholtes Gerät anbieten.
Transparenz bei Reparaturmöglichkeiten
- Einfache Kommunikation: Verbraucher müssen leicht erkennen können, wie und wo sie Reparaturen durchführen lassen können. Dazu gehören öffentliche Preislisten und die Angabe der Verfügbarkeit von Ersatzteilen.
- Keine Reparaturverweigerung: Ein Hersteller darf eine Reparatur nicht allein deshalb ablehnen, weil das Produkt zuvor von einem Dritten repariert wurde.
Quelle: IHK München, Europäische Union