Fragen und Antworten rund ums Weihnachtsgeld
Was müssen Unternehmen zum Thema Weihnachtsgeld wissen? Stephanie Thelen, Rechtsanwältin bei der SLP Anwaltskanzlei GmbH in Reutlingen, beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist eigentlich Weihnachtsgeld?
Weihnachtsgeld zählt zu den Sonderzuwendungen (synonyme Begriffe: Sondervergütung, Sonderzahlung, Gratifikation). Das sind zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers, die nicht regelmäßig mit dem Arbeitsentgelt bezahlt, sondern nur zu bestimmten Anlässen oder Terminen gewährt werden.
Ist der Arbeitgeber verpflichtet, Weihnachtsgeld zu zahlen?
Nein, ein gesetzlicher Anspruch auf Weihnachtsgeld existiert nicht. Ein Anspruch kann sich aber aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, einem Arbeitsvertrag, dem Gleichbehandlungsgrundsatz oder aus einer „betrieblichen Übung“ ergeben. Eine betriebliche Übung kann entstehen, wenn der Arbeitgeber seinen Beschäftigten wiederholt vorbehaltlos freiwillige Leistungen gewährt.
Können Arbeitgeber die Gewährung von Weihnachtsgeld unter einen Vorbehalt stellen?
Um zu verhindern, dass ein dauerhafter Anspruch auf Weihnachtsgeld entsteht, war es nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) möglich, solche Leistungen im (Formular-)Arbeitsvertrag unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt zu stellen. Inzwischen hat das BAG allerdings entschieden, dass dies nur noch unter sehr engen Voraussetzungen zulässig ist. So soll die Zahlung eines Weihnachtsgelds schon dann nicht mehr „freiwillig“ sein, wenn im Arbeitsvertrag neben dem „Freiwilligkeitsvorbehalt“ gleichzeitig Voraussetzungen hierfür und auch die Höhe der Zahlung festgelegt wurden. Auch ein Widerrufsvorbehalt (mit Wirkung für die Zukunft) kann zulässig sein, sofern er den strengen Regeln des BAG genügt und sofern insbesondere die Widerrufsgründe hinreichend klar vereinbart wurden. Ansonsten ist die Regelung unwirksam.
Was muss bei der Formulierung des Vorbehalts beachtet werden?
Regelungen in (Formular-)Arbeitsverträgen unterliegen grundsätzlich der AGB-Kontrolle, etwaige Unklarheiten gehen zulasten des Arbeitgebers. So dürfen keinesfalls, wie es früher gerne gehandhabt wurde, Freiwilligkeitsvorbehalt und Widerrufsvorbehalt kombiniert werden, da dies laut dem Bundesarbeitsgericht gegen das Transparenzgebot verstößt.
Damit der Arbeitgeber jedes Jahr neu entscheiden kann, ob und unter welchen Voraussetzungen er Weihnachtsgeld zahlen möchte, sollte er dies klar im Arbeitsvertrag regeln oder im Zweifel sogar ganz auf eine vertragliche Bestimmung verzichten. Die Zahlung eines Weihnachtsgeldes sollte dann vielmehr mit einem Begleitschreiben verbunden werden. In ihm sollte verständlich zum Ausdruck kommen, dass diese (Sonder-)Zahlung freiwillig und ohne Rechtsbindung des Arbeitgebers für die Zukunft erfolgt.
Kann Weihnachtsgeld an den Verbleib im Betrieb geknüpft werden?
Vertragliche Klauseln, in denen sich der Arbeitnehmer verpflichtet, das Weihnachtsgeld „zurückzuerstatten“, wenn er kurz nach der Auszahlung das Arbeitsverhältnis kündigt (Rückzahlungsklauseln), sind lediglich in engen Grenzen und wohl nur noch bei nichtleistungsbezogenen Sonderzahlungen zulässig. Gleiches gilt für vertragliche Klauseln, nach denen der Arbeitgeber ein Weihnachtsgeld nur dann beanspruchen kann, wenn das Arbeitsverhältnis (ungekündigt) fortbesteht (Bestandsklauseln, Stichtagsklauseln).
Können einzelne Arbeitnehmer auch weniger Weihnachtsgeld erhalten – oder gar kein Weihnachtsgeld?
Bei der Gestaltung des Weihnachtgeldes sind Arbeitgeber an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden, nach dem Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen. Eine Differenzierung aus sachlichen Gründen ist aber sehr wohl zulässig, sodass zum Beispiel nur bestimmte Beschäftigtengruppen Weihnachtsgeld erhalten könnten. Bei Teilzeitbeschäftigten berechnet sich die Höhe des Weihnachtsgeldes im Verhältnis der reduzierten Arbeitszeit zur Vollzeitbeschäftigung.
Kann Weihnachtsgeld auf den Mindestlohn angerechnet werden?
Nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG) kann das Weihnachtsgeld nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden, wenn die Zahlung ein- oder zweimal im Jahr erfolgt. Das ergibt sich aus § 2 Abs. (1) Nr. (2) des Mindestlohngesetzes (MiLoG). Demnach ist der gesetzliche Mindestlohn spätestens am letzten Tag des Folgemonats zu zahlen – und nicht erst nach Ablauf mehrerer Monate.
Die Zahlung von monatlich 1/12 der vertraglich vereinbarten Jahressonderzahlungen neben dem monatlichen Bruttogehalt kann aber nach dem BAG auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden, wenn dadurch der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt wird. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg im Januar 2024 entschieden, dass ein Arbeitgeber das Urlaubsgeld nicht etwa einseitig von einer bisher jährlichen Einmalzahlung auf monatliche Zahlungen umstellen kann, damit der Mindestlohn erreicht wird.
Autorin: Stephanie Thelen, Rechtsanwältin bei der SLP Anwaltskanzlei GmbH in Reutlingen