Adressbuchschwindel: So schützen sich Betriebe vor Betrug

IHK Reutlingen, Tübingen und ZollernalbGrafik: jiaking1 - Fotolia.com

Seit einigen Jahren nehmen Betrügereien rund um Eintragungen in Adressverzeichnisse und Branchenbücher zu. Das müssen Unternehmen wissen – und so können sie unseriöse Anbieter erkennen.

Was ist Adressbuchschwindel?

Als Adressbuchschwindel werden unseriöse Angebote für einen kostenpflichtigen Eintrag in Gewerberegister, Branchenbücher, Zentralverzeichnisse oder ähnliche Verzeichnisse bezeichnet. Durch Vorspiegelung eines bereits bestehenden Eintrages, der zu korrigieren ist, sollen Unternehmen dazu verleitet werden, einen teuren Vertrag mit meist drei Jahren Laufzeit abzuschließen. Andere Eintragungsangebote suggerieren, dass es sich um eine Rechnung einer öffentlichen Stelle für einen bereits erteilten Auftrag handelt.

Der wirtschaftliche Schaden, der Betrieben durch den (ungewollten) Vertragsschluss entsteht, ist immens. Falls die Verzeichnisse überhaupt erscheinen, sind sie meist wertlos, da die Eintragungen zum Beispiel ohne Sortierung nach der Branche oder dem Sitz des Unternehmens erfolgen.

Wie gehen die Betrüger vor?

In den meisten Fällen entnehmen die unseriösen Anbieter die Kontaktdaten der betroffenen Betriebe tatsächlichen Veröffentlichungen über Handelsregistereintragungen im offiziellen Bundesanzeiger und knüpfen mit ihren Eintragungsangeboten daran an. So erhalten etwa regelmäßig junge Firmen kurz nach ihrer Eintragung ins Handelsregister ein rechnungsähnliches Formular, das suggeriert, dass weitere kostenpflichtige Eintragungen in vermeintlich offizielle Register, Datenbanken oder gedruckte Adressverzeichnisse notwendig seien. Tatsächlich ist nach der Registrierung einer Firma aber nur ein einziger kostenpflichtiger Eintrag notwendig: der Eintrag ins Handelsregister.

Bei einer anderen Vorgehensweise verwenden die Betrüger Formulare, in die sie die Anzeigentexte aus anderweitig veröffentlichten, von den angeschrie- benen Betrieben tatsächlich in Auftrag gegebenen Werbeanzeigen montieren. Die Betrüger hoffen, dass der flüchtige Leser seine eigene Werbeanzeige erkennt und nicht bemerkt, dass er mit seiner Unterschrift nicht nur den richtigen Text der Anzeige bestätigt (etwa für eine Wiederveröffentlichung), sondern einen neuen Anzeigenvertrag mit einem ganz anderen Unternehmen abschließt.

Woran erkennt man den Schwindel?

Betriebe sollten Eintragungsangebote genau prüfen und die mitgeschickten Formulare genau lesen, vor allem das Kleingedruckte. Ein Vertrag kommt erst durch Bezahlung der geforderten Summe oder Rücksendung des Formulars zustande. Die folgenden Merkmale können auf Adressbuchschwindel hinweisen:

  • Rechnungsähnliche Aufmachung der Schreiben mit beigefügten, bereits ausgefüllten Überweisungsträgern, oft mit Bankverbindung im Ausland
  • Angabe (erfundener) Kunden- oder Registernummern
  • Verwendung von Logos und Bezeichnungen, die denen von Behörden oder sonstigen offiziellen Stellen gleichen (etwa Bundesadler, Eurosterne, Nachahmung des Designs der Telekom-Rechnungen, HIK statt IHK ...)
  • Formulierungen wie „Eintragungs-/Veröffentlichungsofferte“, „Wir bieten Ihnen an ...“ oder „beiliegendes Auftragsformular ausfüllen“
  • Die Geschäftsbedingungen (meist kleingedruckt auf der Rückseite) geben einen Hinweis darauf, dass es sich um ein kostenpflichtiges Eintragungsangebot handelt.
  • Der Name des Anbieters ist nicht deutlich erkennbar (Abkürzung) und sein Sitz befindet sich im Ausland.
  • Es wird auf Handelsregisterveröffentlichungen aus dem Bundesanzeiger verwiesen.
  • Der Empfänger erhält einen Korrekturabzug und soll die Richtigkeit des vorgeschlagenen Textes mit einer Unterschrift bestätigen – tatsächlich erteilt er mit seiner Unterschrift einen Anzeigenauftrag.
  • Der Empfänger erhält Datenerhebungsbögen für die angeblich kostenfreie Aufnahme der Firmendaten in eine Datenbank. Meist ist jedoch nur die Veröffentlichung von Firmenbezeichnung und Anschrift kostenfrei.
  • Die Eintragungsofferten werden oftmals immer noch per Fax verschickt, häufig von ausländischen Faxnummern.
  • Im Rahmen eines Telefonats wird auf die Unterzeichnung und Rücksendung eines Formulars gedrängt.

Hinweis: Unerbetene Telefax- und Telefonwerbung ist wettbewerbswidrig.

Was sollten Betriebe tun, wenn ein Schreiben verdächtig erscheint?

Die IHK warnt davor, auf Angebote mit den genannten Merkmalen einzugehen. Speziell die mit Zahlungsvorgängen betrauten Beschäftigten im Betrieb sollten daher über die Praktiken unseriöser Adressbuchverlage aufgeklärt werden. Geht ein verdächtiges Schreiben ein, muss genau geprüft werden, ob ein entsprechender Bestellvorgang vorliegt und ob man die angebotene Leistung wirklich in Anspruch nehmen will. Die IHK bemüht sich seit Jahren, Unternehmen vor unseriösen Adressbuchverlagen zu schützen und arbeitet dafür mit dem Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e. V. (DSW) und der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zusammen. Unternehmen können verdächtige Eintragungsofferten gerne der IHK zur Prüfung vorlegen. Sie leitet auch Beschwerden an den DSW weiter. Dieser fordert die unseriösen Anbieter zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf und leitet gegebenenfalls gerichtliche Schritte ein, bis hin zur Strafanzeige.

Was tun, wenn ein Vertrag schon unterschrieben oder bezahlt wurde?

In diesem Fall sollten Betriebe nach der ersten Zahlungsaufforderung den Vertrag unverzüglich mit Verweis auf § 123 BGB (arglistige Täuschung) anfechten und vorsorglich zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen. Die Wirksamkeit der Anfechtung ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig und kann nicht abschließend durch die IHK beurteilt werden. Gegebenenfalls sollten betroffene Unternehmen anwaltlichen Rat einholen und ihre Hausbank fragen, ob der Zahlungsauftrag gestoppt werden kann. Auch eine Anzeige bei der Polizei wegen Betruges kann in Erwägung gezogen werden, wobei das recht- liche Vorgehen gegen Briefkastenfirmen mit Bankverbindung im Ausland meist schwierig ist.

Wie reagieren Sie bei einem Mahnbescheid oder einer Klage?

Sollte nach mehreren Mahnungen ein gerichtlicher Mahnbescheid eintreffen, müssen Unternehmen unbedingt aktiv werden und sofort Widerspruch einlegen – ein Mahnbescheid wird vom Gericht nämlich ungeprüft erlassen. Nach einem Widerspruch wird ein ordentliches gerichtliches Verfahren in Gang gesetzt. Hierbei sollten Betriebe anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Muster einer Anfechtungserklärung

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Ihrem Formularschreiben vom ... haben Sie in arglistig täuschender Weise den Eindruck vermittelt, es handle sich um eine Rechnung mit Zahlungsverpflichtung (alternativ: einen Korrekturabzug ...) und nicht um ein Vertragsangebot. Der Angebotscharakter war nicht ohne Weiteres erkennbar. Hinzu kommt, dass der Hinweis auf die Kosten derartig in den übrigen Text eingebettet war, dass der Leser geradezu verleitet werden sollte, den ausschlaggebenden Teil in Bezug auf die Kosten zu überlesen.

(alternativ: Durch die Aufmachung Ihres Schreibens, insbesondere durch die Art des Papiers, die Überschrift „...“ und die Aufforderung lediglich bereits vorhandene Daten zu korrigieren oder zu ergänzen, legen Sie es bewusst darauf an, den Eindruck eines amtlichen Schreibens zu vermitteln. Ihr Angebot ist damit bewusst dazu bestimmt, den Empfänger über die tatsächlichen Kosten und die Qualität seiner Willenserklärung zu täuschen. Der Kostenhinweis war versteckt. Der Preis als wesentlicher Bestandteil eines Vertrages wurde verschleiert. Ich sehe damit den Vertrag als gegenstandslos an und weise Ihre Rechnung zurück.)

Eine wirksame vertragliche Zahlungsverpflichtung wurde dadurch schon nicht

begründet. Hiermit fechte ich meine Erklärung vom ... wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB an.

Rein vorsorglich kündige ich den Vertrag hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Des Weiteren fordere ich Sie auf, die von Ihnen erhobenen Daten über meine Person / Firma zu löschen.

(bei bereits getätigter Zahlungen: Ich habe unter dem Eindruck einer Zahlungsverpflichtung den Betrag von ... an Sie gezahlt. Auch mit dieser Zahlung ist kein wirksamer Vertragsschluss zustande gekommen. Ich fordere Sie daher auf, die von mir geleisteten Zahlungen unverzüglich, spätestens bis zum ... auf mein Konto ... zurückzuerstatten.

Rechtliche Schritte behalte ich mir ausdrücklich vor.


Mit freundlichen Grüßen

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Margit Schrammel

Margit Schrammel

Recht und Steuern
IHK-Zentrale
Position: Rechtsassessorin
Schwerpunkte: Gewerberechtliche Erlaubnisverfahren nach § 34c ff. GewO, Wettbewerbsrecht, Einigungsstelle
Telefon: 07121 201-191
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