Schlüssel für eine erfolgreiche Preisstrategie

IHK Reutlingen, Tübingen und ZollernalbFoto: sutlafk -stock.adobe.com

Das richtige Pricing ist für jedes Unternehmen einer der zentralen Erfolgsfaktoren, doch viele tun sich schwer damit, einen angemessenen Preis sowie eine stimmige Preisstrategie für ihr Angebot zu finden. Beraterin Anja Härle erklärt, wie Sie Schritt für Schritt herausfinden, wie viel Sie für Ihr Angebot verlangen können und sollten,  welche Schlüsselfaktoren eine erfolgreiche Preisstrategie ausmachen und wie Sie die Tipps erfolgreich in Ihrem Unternehmen umsetzen.

Sind Sie sich unsicher, wie viel Sie für Ihr Angebot verlangen können? Stellt Sie insbesondere das Pricing Ihrer digitalen Produkte und Services vor Herausforderungen? Kostet es Sie viel Zeit und Nerven, kundenindividuelle Angebote zu schreiben und enden diesen häufig in kraftraubenden Diskussionen? Oder möchten Sie endlich weg von Stunden- und Tagessätzen, weil Sie mit steigender Erfahrung Projekte sehr viel effizienter durchführen können?

Dann geht es Ihnen wie vielen Gründern, Unternehmern und Selbständigen, denn nur wenige verstehen es, ihr volles Preispotential auszuschöpfen. Das rächt sich gleich zweifach: Zum einen ist der Preis der mit Abstand wirksamste Hebel für eine Gewinnsteigerung, denn jeder durch eine Preiserhöhung zusätzlich verdiente Euro zahlt direkt auf Ihren Gewinn ein. Zum anderen beeinflusst der Preis in hohem Maß die wahrgenommene Qualität Ihres Angebots. Er trägt deshalb stark dazu bei, Vertrauen bei potentiellen Kunden zu erzeugen oder zu zerstören.

Ein mangelnder Fokus und Unwissenheit beim Pricing sorgen also gleich auf doppelte Art und Weise dafür, dass Unternehmen Potential verschenken. Dabei ist eine erfolgreiche Preisstrategie keine Kunst, die nur wenige beherrschen, sondern das Ergebnis eines strukturierten Vorgehens und einer ständigen Annäherung an das Optimum. Wie Sie den Grundstein für eine erfolgreiche Preisstrategie legen, erfahren Sie in den folgenden Abschnitten.

Der Wert Ihres Angebots

Die unverzichtbare Basis für jede erfolgreiche Preisstrategie besteht darin, dass Sie den wahrgenommenen Wert Ihres Angebots aus der Perspektive Ihrer Kunden möglichst genau verstehen. Der wahrgenommene Wert bestimmt die Zahlungsbereitschaft Ihrer Zielgruppe. Das wussten bereits die alten Römer, denn in Latein gibt es für die beiden Worte Preis und Wert nur ein und dieselbe Übersetzung: pretium.

Der wahrgenommene Wert besteht aus drei Komponenten:

  • Die offensichtlichste Komponente ist der funktionale Wert. Dieser beschreibt, welches Problem Ihr Angebot löst. Betreiben Sie beispielsweise ein Restaurant, dann ist der funktionale Wert ihres Angebots, Ihre Gäste satt zu machen.
  • Die zweite Komponente ist der emotionale Wert. Hier geht es darum, welche Emotionen Ihre Kunden durch Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung erfahren möchten. Bei einem Restaurant könnten das beispielsweise Genuss, Behaglichkeit, Romantik, Gastfreundschaft oder Geselligkeit sein.
  • Zuletzt spielt der ethische Wert bei vielen Angeboten eine immer bedeutendere Rolle. Bei unserem Beispiel könnte der ethischer Wert durch die Verwendung regionaler, biologisch angebauter Zutaten, Anstrengungen zur Müllvermeidung oder besonders faire Bedingungen für die Beschäftigten erzeugt werden.

Fragen Sie sich also, welchen funktionalen, emotionalen und ethischen Wert Ihr Angebot im Vergleich zu anderen am Markt verfügbaren Angeboten erzeugt. Je höher der Wert und je besser es Ihnen gelingt, diesen überzeugend zu transportieren, desto höher ist die Zahlungsbereitschaft, die Ihr Angebot bei ihrer Zielgruppe auslöst.

Die Einflussfaktoren für das richtige Preisniveau
Neben dem wahrgenommenen Wert Ihres Angebots gibt es noch drei weitere Faktoren, die das optimale Preisniveau beeinflussen. Das sind zunächst die Preise vergleichbarer Angebote. Bei einem Wettbewerbspreisvergleich sollten Sie sich in Ihre Zielgruppe hineinversetzen und herausfinden, welches die wichtigsten Vergleichskriterien sind und wie die verschiedenen Angebotsalternativen bei diesen Kriterien jeweils abschneiden. Auf diese Weise können Sie einen aussagekräftigen Vergleich anstellen.

Des Weiteren hängt das optimale Preisniveau mit Ihrer Kostenstruktur und Ihrem Margenziel zusammen. Anstatt jedoch einem „Cost-plus-Ansatz“ zu folgen, bei dem der Preis das Resultat Ihrer Kosten und einem Margenaufschlag ist, ist gerade bei neuen Produkten der erfolgreichere Ansatz das sogenannte „Target Costing“. Hier wird zunächst auf Basis der zu erwartenden Zahlungsbereitschaft und angestrebten Positionierung am Markt ein Zielpreis ermittelt, aus dem nach Abzug des Margenziels die Zielkosten resultieren. Diese Zielkosten gilt es im Entwicklungsprozess einzuhalten.

Zuletzt hat Ihr gewählter Vertriebskanal einen hohen Einfluss darauf, welchen Preis Sie für Ihr Angebot erzielen können. Vertreiben Sie Ihr Angebot direkt an Endkunden, dann haben Sie die volle Gestaltungsfreiheit im Pricing. Nutzen Sie jedoch die Reichweite eines Händlers, dann bestimmt dieser nicht nur den Endkundenpreis, sondern er beansprucht darüber hinaus eine branchenübliche Handelsmarge für sich. Besonders herausfordernd wird es, wenn mehrere Vertriebskanäle parallel existieren. Deshalb sollte der bzw. die Vertriebskanäle mit Bedacht gewählt werden und in enger Abstimmung mit der Preisstrategie erfolgen.

Preisstrategie: Worauf es sonst noch ankommt
Neben dem reinen Preisniveau gibt es noch eine Reihe weiterer Fragen, die es auf dem Weg zur erfolgreichen Preisstrategie zu klären gilt.

  • Dazu zählt das richtige Preismodell. Das Preismodell beschreibt, wie ein Unternehmen seine Leistung monetarisiert. Die Klassiker unter den Preismodellen sind „Preis pro Stück“, „Preis pro Stunde/Tag/Monat/Jahr“ und „Preis pro Volumen oder Gewicht“. Es gibt aber eine nahezu unerschöpfliche Vielfalt an Alternativen, zum Beispiel „Freemium“, „Pay per use“ oder die allseits bekannte Flatrate. Auch eine Kombination mehrerer Preismodelle kann Sinn machen. Bei Mietwagen setzt sich der Preis beispielsweise häufig aus der Mietdauer, der Kilometeranzahl sowie dem gewählten Versicherungsmodell zusammen. Das Preismodell ist eine der essentiellen Entscheidungen der Preisstrategie, denn es hat unmittelbaren Einfluss auf Umsatz, Gewinn, Cashflow und kann sogar selbst einen Wert stiften. Das wichtigste Entscheidungskriterium für ein Preismodell ist, ob der Preis immer dann steigt, wenn der wahrgenommene Wert des Angebots aus Kundensicht steigt.
  • Ein weiterer Kernbereich der Preisstrategie ist Preisdifferenzierung. Diese zielt darauf ab, die individuelle Zahlungsbereitschaft der einzelnen Mitglieder der Zielgruppe möglichst optimal auszuschöpfen. Auch hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: Bei der leistungsbezogenen Preisdifferenzierung kommen unterschiedliche Angebotsalternativen zu unterschiedlichen Preisen zum Einsatz. Unterschiedliche Preise je nach Zeitpunkt bezeichnet man als zeitbezogene Preisdifferenzierung. Gute Beispiele hierfür sind Benzinpreise, Flüge oder Preise für Saisonprodukte. Ein weiterer Klassiker ist die mengenbezogene Preisdifferenzierung, die zum Beispiel in Form von Mengenrabatten, Gruppenpreisen oder Set-Preisen auftreten kann. Aber auch spezielle Tarife für bestimmte Personengruppen wie etwa Senioren, Kinder oder bestimmte Berufsgruppen sowie regional unterschiedliche Preise sind Formen der Preisdifferenzierung. Preisdifferenzierung ist ein wertvolles Instrument, um einen größeren Anteil der Zielgruppe mit seinem Angebot erreichen zu können und sollte deshalb in keiner Preisstrategie fehlen.

Implementierung: So bringen Sie die PS auf die Straße
Damit Sie als Unternehmer Ihr volles Preispotential ausschöpfen können, braucht Ihre Preisstrategie zuallererst den erforderlichen Fokus, denn in vielen Unternehmen wird das Thema vernachlässigt. Dabei ist die richtige Preisstrategie nicht nur für die Markteinführung eines Produkts oder einer Dienstleistung essentiell, sondern erfordert während des ganzen Lebenszyklus immer wieder Aufmerksamkeit, denn Marktgegebenheiten können sich ändern, was taktische und strategische Anpassungen erfordert. Zudem ist eine erfolgreiche Preisstrategie das Ergebnis einer strukturierten, systematischen Vorgehensweise. Pricing ein kontinuierlicher Lernprozess, bei dem man sich Schritt für Schritt dem Optimum annähert, denn obwohl die Wissenschaft in den vergangenen Jahrzehnten viele hilfreiche Methoden zur Preisoptimierung entwickelt hat, gibt es keine Garantie, auf Anhieb den optimalen Preispunkt und die ideale Preisstrategie zu finden.

Die Autorin: In ihrem Buch „Die Pricing Power Formel“ weist Kathrin Härle Gründern, Start-ups, Selbständigen und KMU den Weg zur erfolgreichen Preisstrategie.

Vincent Schoch

Vincent Schoch

Existenzgründung und Unternehmensförderung
IHK-Zentrale
Position: Leiter Handel und Einpersonen- und Kleinunternehmen
Schwerpunkte: Handel, Initiative Einpersonen- und Kleinunternehmen, Fördermittel und Finanzierung
Telefon: 07121 201-167
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