IHK-Analyse über das Wirtschaftsjahr 2022
„Wirtschaft zeigt sich sehr robust“
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und seine Folgen etwa auf Energiepreise, Lieferketten oder Inlandsnachfrage lässt sich unmittelbar in den drei IHK-Konjunkturberichten aus 2022 nachlesen: Der IHK-Konjunkturindex fiel dreimal in Folge und verlor insgesamt 45 Prozentpunkte. Branchenübergreifend war die Geschäftslage angespannt und die Aussichten waren deutlich eingetrübt.
Trotzdem ist die regionale Wirtschaft nicht abgestürzt – im Gegenteil: Der Export im Verarbeitenden Gewerbe erreichte mit 13 Milliarden Euro ein neues Allzeithoch. Die Exportquote steht nunmehr bei 57,5 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten, sie steigt schon seit 2009, legte in den ersten drei Quartalen 2022 erneut um 3.000 Beschäftigte (ein Prozent) zu. Die Zahl der Firmenneugründungen überstieg mit 4.458 die der Abmeldungen (3.409) um über 1.000. Mehr noch: Die von einigen Expertinnen und Experten erwartete Insolvenzwelle fand nicht statt. „Die Wirtschaft zeigt sich sehr robust. Das liegt vor allem am Durchhaltevermögen und der Kreativität der regionalen Unternehmerinnen und Unternehmer“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Epp.
Region im Vergleich zum Land
Besonders erfreulich: In einigen Kategorien entwickelt sich die Region stärker als der Landesschnitt. So wuchs die Zahl der Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Region seit 2019 um 5,4 Prozent. Diese Zahl liegt über dem Beschäftigungswachstum in Baden-Württemberg von 3,8 Prozent. Beim Innovationsindex Baden-Württemberg konnte die Region zwischen 2020 und 2022 auf 29,5 zulegen und den Rückstand aufs Land (33,7 Punkte) um 0,4 Punkte reduzieren. Ähnliches Bild beim Außenhandel: Mit einer Exportquote von 59,4 Prozent liegt der Landesschnitt noch vor der Region. Der Abstand verkürzt sich aber bereits seit 2020 kontinuierlich: 2020 lagen noch 4,1 Prozent zwischen Region und Land, 2022 nur noch 1,9 Prozent.
Herausforderung Fachkräftemangel
Trotz Lichtblicken bleiben viele Herausforderungen: Vor allem der Fachkräftemangel bleibt aus Sicht der IHK eine Wachstumsbremse. Nicht besetzte Stellen in faktisch allen Branchen sorgen dafür, dass Unternehmen das laufende Geschäft oder auch neue Projekte nicht vorantreiben können. „Wir brauchen eine schnelle und vereinfachende Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes“, fordert Wolfgang Epp. Dazu gehören digitale Antragsverfahren und eine gesenkte Gehaltsschwelle, die das Lohnniveau der einzelnen Branchen berücksichtigt.
Gerade junge Leute sollten unkomplizierter für eine Ausbildung nach Deutschland kommen können. Die Wirtschaft begrüßt, dass die Vorrangprüfung für einheimische Bewerbungen entfallen soll und fordert, dass eine Einreise zur Ausbildungsvorbereitung sechs bis zwölf Monate vor Beginn der Ausbildung möglich sein soll. „Wer für eine Ausbildung zu uns kommt, ist über Betrieb und Berufsschule vom ersten Tag an eingebunden, bekommt Kontakte, findet sich besser zurecht und lernt schneller die Sprache“, so Wolfgang Epp. Zeitlich flexible Sprachkurse müssen den Berufseinstieg ergänzen und auch auf die Anforderungen der Arbeitswelt angepasst sein.
Hintergrund
Die IHK Reutlingen hat in ihrer aktuellen Analyse wichtige Kennzahlen und Statistiken des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg und der Bundesagentur für Arbeit aufbereitet und für das Jahr 2022 interpretiert. Die Übersicht reicht von der Beschäftigung über Gewerbeanmeldungen und Exporte bis hin zur Betrachtung der Kauf- und Innovationskraft.
Die komplette Analyse zum Download.