Flüchtlinge in Ausbildung und Arbeit bringen
Viel erreicht, viel zu tun
Zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres konnte die IHK Reutlingen 20 Lehrverträge mit Staatsangehörigen aus Afghanistan, Irak, Syrien und Gambia verzeichnen. Die Zahl ist noch eher klein und doch ein Erfolg. „Wer eine Ausbildung beginnt, muss einigermaßen ordentlich Deutsch sprechen und schreiben können, sonst klappt es weder in der Schule noch im Betrieb“, sagt Erbe. „Wer erst im letzten Sommer nach Deutschland gekommen ist, kann das eigentlich nicht schaffen.“ Der IHK-Präsident rechnet damit, dass die meisten Flüchtlinge mit Bleibeperspektive realistisch drei bis fünf Jahre brauchen werden bis sie in eine Ausbildung einsteigen können. „Sprache bleibt für den Beginn das A und O. Daher muss das Angebot an Sprachkursen dringend weiter ausgebaut werden.“
Immerhin gilt mittlerweile die von den IHKs geforderte „3+2“-Regel. Sie ist für Erbe ein wichtiges Signal an die Wirtschaft. „Aus Umfragen und Gesprächen wissen wir: Firmen sind schon bereit, Flüchtlingen eine Chance zu geben. Aber die Unternehmer müssen wissen, ob sich ihr Einsatz lohnt.“ Die „3+2“-Regel sieht vor, dass Flüchtlinge, die eine dreijährige Ausbildung machen, danach noch mindestens zwei Jahre in Deutschland bleiben dürfen.
Allein an den IHK-Informationsveranstaltungen der letzten Monate haben über 400 Firmenvertreter teilgenommen. Das Interesse ist vorhanden, so der IHK-Präsident: „Es fehlen jedoch noch die geeigneten Wege, wie wir Flüchtlinge in Beschäftigung bekommen.“ Zu den Aufgaben der nächsten Zeit wird es aus seiner Sicht daher gehören, mehr Kontakte zwischen Flüchtlingen und möglichen Arbeitgebern herzustellen. Bei der IHK gibt es dazu mittlerweile eine eigene vom Landeswirtschaftsministerium geförderte Integrationsberaterin, die Flüchtlinge mit geringerem Förderbedarf und guter Bleibeperspektive in Ausbildung oder berufsvorbereitende Maßnahmen vermittelt. Über 60 Gespräche wurden bereits geführt. Daneben versucht die Beraterin Praktikums- und Ausbildungsplätze sowie Stellen für eine Einstiegsqualifizierung zu akquirieren. Die Experten der IHK gehen zudem in Vorbereitungsklassen und Flüchtlingsheime und informieren über die duale Berufsausbildung und helfen, passende Berufe zu finden.
Absehbar muss es darum gehen, die Flüchtlinge an eine dauerhafte Beschäftigung heranzuführen und mehr Eigenverantwortung zu verlangen. „Wir müssen nach einer Zeit des Ankommens und Eingewöhnens beginnen, die Flüchtlinge Stück um Stück mehr zu fordern“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Epp. Ein Arbeitsplatz erfordert Engagement und kommt nicht von allein. „Das müssen wir vermitteln und ich bin sicher, dass die allermeisten Flüchtlinge das auch wollen.“