Flüchtlinge am Runden Tisch

„Schwäbisch schwätzen, Spätzle essen“

Wie fühlen sich junge Flüchtlinge, die eine Ausbildung begonnen haben? Bei einem Runden Tisch der IHK kamen geflüchtete Menschen zusammen.

„Schwäbisch schwätzen, Spätzle essen“Foto: Frank Gärtner - Fotolia.com

„Ich habe keine Freizeit. Neben der Ausbildung mache ich noch einen Sprachkurs und arbeite am Wochenende in einem Restaurant“, beschreibt Abdul, ein syrischer Flüchtling, den Alltag seiner Ausbildung bei einem Maschinenbauunternehmen. Er und zehn weitere Flüchtlinge nahmen am Runden Tisch im IHK-Haus der Wirtschaft teil. Alle arbeiten hart für ihre Zukunft. Sie befinden sich bereits mehrere Jahre in Deutschland und beherrschen die Sprache gut. Dabei sei vieles nicht so leicht, reflektiert die Syrerin Reta: „Es ist alles neu hier, aber die Menschen in der Arbeit helfen mir auch sehr viel.“ Gerade in der Firma würden die Flüchtlinge von Kollegen wertvolle Tipps bekommen. Im Nachhilfeunterricht erlenen sie das notwendige Rüstzeug, um auch in Vertiefungsfächern mit den deutschen Azubis mithalten zu können. Denn während deutsche Auszubildende sich oftmals nur auf die fachliche und theoretische Ausbildung konzentrieren können, müssen die Flüchtlinge nebenbei noch sprachliche Rückstände aufholen.

Das gelingt vielen sehr gut, so zum Beispiel Flaubert, der im Baugewerbe lernt. „Mit seinen guten Dreiern im ersten Lehrjahr sind alle sehr zufrieden, nur Flaubert nicht“, beschreibt Aleksandra Vohrer die hohe Motivation von vielen Geflüchteten. Die Integrationsberaterin der IHK Reutlingen vermittelt zwischen Flüchtlingen und Betrieben. Dabei geht es um Flüchtlinge, die in Deutschland bleiben dürfen, bereits die deutsche Sprache erlernt haben und jetzt auf der Suche nach einem Praktikums- oder Ausbildungsplatz sind. Vohrer führt mit den Flüchtlingen Einzelgespräche, um herauszufinden, wo Kompetenzen und Interessen liegen. „Die duale Ausbildung und die unterschiedlichen Berufe sind kaum bekannt“, beschreibt die Integrationsberaterin.

Nur wenige Frauen
Nachholbedarf sieht Vohrer beim Frauenanteil. Bislang sind von den betreuten Flüchtlingen gerade einmal sechs Prozent weiblich. Der Frauenanteil aller Asylbewerber in Deutschland lag 2016 mit 34 Prozent deutlich höher. „Viele Frauen sind gut ausgebildet und sollten sich nicht nur auf Haushaltsaufgaben beschränken“, so die Integrationsbeauftragte. Neben einer Ausbildung ist es oftmals möglich, sich auch um Haushalt und Familie zu kümmern. Vohrer weiter: „Bei manchen Flüchtlingen existiert allerdings das Familienbild, dass zuerst der Mann eine Beschäftigung anstreben muss.“

Doch was bedeutet für sie eigentlich Integration und wie integriert man sich gut in Deutschland? Laut den Flüchtlingen seien dabei vor allem die Kultur, Sprache und Regeln von Bedeutung. Zaher, ein syrischer Industriemechaniker-Azubi, fügt lachend hinzu: „Hier ist es wichtig, Schwäbisch zu schwätzen und Spätzle zu essen.“ Aber nicht alle kommen mit dem schwäbischen Dialekt gut zu recht. Ein Flüchtling aus Afrika bemängelt: „Wenn der Lehrer ins Schwäbisch wechselt ist es vorbei, dann kann ich einfach nichts mehr verstehen.“

Trotz sprachlichen Problemen und Mehrfachbelastung zeichnen die Flüchtlinge ein positives Bild ihrer Ausbildung. Besonders erfreulich: Abdalla, in Ausbildung bei einem Automobilzulieferer, bastelt bereits an seiner beruflichen Zukunft. Nach abgeschlossener Ausbildung im kommenden Jahr möchte der junge Syrer einen Fachwirt draufsetzen.

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Aleksandra Vohrer

Aleksandra Vohrer

Ausbildung / Prüfungswesen
IHK-Zentrale
Position: Integrationsberaterin
Schwerpunkte: Projekt "Integration durch Ausbildung - Perspektiven für Zugewanderte"
Telefon: 07121 201-264
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