Betrugsbekämpfung
Risiken vermeiden
Bei der Beteiligung an einer Steuerhinterziehung kann die Finanzverwaltung auf Grundlage des § 25f UStG den Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen und die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen versagen. Dies gilt bereits seit Januar 2020. Da auch ein „hätte wissen müssen“ ausreicht, können auch ehrliche Unternehmerinnen und Unternehmer betroffen sein. Worauf ein Unternehmen nach Ansicht der Finanzverwaltung achten muss, um entsprechende Risiken möglichst zu vermeiden, erfahren Sie hier.
Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen und der Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen kann versagt werden, wenn der Umsatz Teil einer missbräuchlichen Gestaltung ist und der betreffende Unternehmer dies wusste oder hätte wissen müssen. Das ergibt sich aus der neuen Haftungsvorschrift § 25f UStG, der den § 25d UStG ersetzt.
Die Steuerhinterziehung beziehungsweise der ordnungswidrige Vorsteuerabzug kann dabei vom Leistenden oder einem anderen Beteiligten der Leistungskette begangen worden sein. Das BMF erläutert in seinem Schreiben vom 15. Juni 2022 die Anwendung der bereits zum 1. Januar 2020 eingeführten Vorschrift des § 25f UStG.
Finanzverwaltung trägt Beweislast
Grundsätzlich trägt das Finanzamt die Beweislast, dass der objektive und subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO) beziehungsweise einer Bußgeldvorschrift (§§ 26a UStG) oder einer Schädigung des Umsatzsteueraufkommens (§ 26c UStG) auf mindestens einer Umsatzstufe innerhalb der Leistungskette erfüllt sind und der Unternehmer dies wusste oder hätte wissen müssen. Das Finanzamt ist dabei an strafgerichtliche beziehungsweise bußgeldrechtliche Entscheidungen nicht gebunden; es prüft selbständig (Abschnitt 25f.1 Abs. 3 UStAE). Eine strafgerichtliche Verurteilung oder bußgeldrechtliche Ahndung ist nicht erforderlich.
Alle Umsatzstufen einer Leistungskette zu beachten
Bereits nach dem Wortlaut der Regelung ist es für die Versagung ausreichend, wenn der Unternehmer an einem Umsatz beteiligt ist, bei dem auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe Umsatzsteuer hinterzogen wurde beziehungsweise ein ungerechtfertigter Vorsteuerabzug erfolgt ist. Dabei sind entsprechend Abschnitt 25f.1 Abs. 2 Satz 3 UStAE alle Umsatzstufen einer Leistungskette zu berücksichtigen. Versagt werden der Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen und die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen in voller Höhe. Dies kann auch auf mehrere Beteiligte einer Lieferkette zutreffen (Abschnitt 25f.1 Abs. 6 UStAE). Insoweit kann es zu einer Überkompensation des Steuerschadens des Fiskus kommen. Die Deckelung auf den tatsächlichen Steuerschaden, die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens diskutiert wurde, wurde nicht umgesetzt und wird von Seiten der Finanzverwaltung als zu schwer zu ermitteln abgelehnt.
Was muss ein Unternehmer tun, um die Versagung zu vermeiden?
Der Unternehmer soll grundsätzlich auf die korrekte Behandlung seiner Umsätze vertrauen können, wenn er alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in eine Umsatzsteuerhinterziehung und nicht in eine Schädigung des Umsatzsteueraufkommens einbezogen sind (Abschnitt 25f.1 Abs. 4 UStAE). Welche Maßnahmen das konkret betrifft, erläutert die Finanzverwaltung nicht. Sie fordert hingegen, dass der Unternehmer „weitergehende geeignete Maßnahmen“ ergreift und diese dokumentiert, wenn für ihn Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten, insbesondere eine Steuerhinterziehung, erkennbar sind. Dazu soll er beispielsweise zusätzliche Auskünfte einholen. Das gilt sowohl bei der Aufnahme neuer als auch bei bestehenden Geschäftsbeziehungen. Geht er trotz weiterhin bestehender Zweifel die Geschäftsbeziehung ein oder führt diese fort, geht die Finanzverwaltung von einem Wissen oder Wissen müssen des Unternehmers aus.
Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten
Abschnitt 25f.1 Abs. 5 UStAE enthält eine beispielhafte Auflistung für Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten. Insbesondere ist danach darauf zu achten, ob ungewöhnliche Leistungsbedingungen vorliegen; als Beispiel dafür wird aufgeführt, dass die Leistungen von einem oder an einen nicht an dem Umsatz beteiligten Unternehmen erbracht werden. Das dürfte allerdings jedes klassische Reihengeschäft betreffen. Daher ist insbesondere dieses Beispiel äußerst kritisch zu sehen.
Folge bei Dreiecksgeschäften
In Abschnitt 25f.2 UStAE wird ausgeführt, dass die Vereinfachungen für sogenannte Dreiecksgeschäfte entfallen, sofern die Voraussetzungen des § 25f Abs. 1 UStG vorliegen.
Text des Schreibens vom 15. Juni 2022 auf der Website des Finanzministeriums.
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