Business Incubation Centre eröffnet
Reutlingen ist Start-up-Standort der ESA
Mit dem „ESA-Business Incubation Centre“ bekommt Reutlingen eine Außenstelle der ESA. In den Räumen des Technologieparks Tübingen-Reutlingen sowie am Partnerstandort in Friedrichshafen sollen in den kommenden vier Jahren bis zu 30 Gründer ihre Geschäftsideen rund um Weltraumtechnologien wie Materialforschung oder Navigations- und Kommunikationstechnik realisieren können. „Das ist ein wichtiger Tag für die Wirtschaft in Baden-Württemberg“, sagte Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, deren Haus die neuen Gründer mit bis zu 750.000 Euro unterstützt, bei der Eröffnung. Die Raumfahrt sei ein wichtiger Motor für Innovationen und entfalte eine enorme Hebelwirkung für viele andere Wirtschaftsbereiche. Dies gelte gerade im aktuellen Transformationsprozess in eine digital vernetzte Welt. Die Raumfahrt erschließe zudem ein nahezu unendliches Potenzial für neue Geschäftsideen. „Die ESA-BICs sind ideale Inkubatoren für solche Start-ups. Die Gründerinnen und Gründer werden zeigen, wie sich Technologien, die aus der Weltraumforschung kommen, ganz irdisch in Produkte und Dienstleistungen übersetzen lassen.“ Dies sei ein wichtiger Schritt, um Baden-Württemberg noch stärker als Gründer-Standort sichtbar zu machen.
Größtes Start-up-Netzwerk
Für die European Space Agency (ESA) wies Frank M. Salzgeber, Leiter Technology Transfers und Business Incubation der ESA, darauf hin, dass schon heute in vielen Produkten Raumfahrt steckt. „Navigation, Erdbeobachtung und Raumfahrt-Technologie werden längst von Firmen genutzt und finden sich bei vielen Einsatzzwecken – vom Auto bis zum MRT-Scanner im Krankenhaus“, sagte Salzgeber. Die ESA hat in Europa zurzeit 18 BICs an über 40 Standorten und unterstützt dieses Jahr über 160 neue Start-ups. „Damit sind die ESA-BICs das größte Raumfahrt-Start-up-Netzwerk der Welt.“ In den letzten Jahren sind, so Salzgeber, rund 600 Firmen aus den BICs und dem europäischen Investment in die Raumfahrt entstanden. „Wir freuen uns, dass unser Netzwerk wächst und wir weiter für Entwicklung und Wachstum in Europa sorgen können, indem wir das Wissen und die Technologie aus der Raumfahrt verfügbar machen.“
Mit der Eröffnung des „ESA-Business Incubation Centres“ wird neben dem Standort Reutlingen auch das ESA BIC Friedrichshafen/Immenstaad an den Start gehen. Gemeinsam mit dem bestehenden ESA-BIC in Darmstadt bildet man künftig gemeinsam das „ESA-BIC Hessen & Baden-Württemberg“.
Spitzenplatz in der Welt
Für Christian O. Erbe, Präsident der IHK Reutlingen und Vizepräsident des Baden-Württembergischen IHK-Tags (BWIHK), ist die Eröffnung des ESA-BIC in Reutlingen ein logischer Schritt: Seit über zehn Jahren organisieren die IHKs in Baden-Württemberg den Landeswettbewerb der „European Satellite Navigation Competition“, mit dem Ideen zur Nutzung von Satellitennavigationsdaten prämiert werden. „Wir leben in Zeiten der Digitalisierung und dafür benötigen wir Geschäftsmodelle, die unsere Wirtschaft weiter modernisieren und auf einem Spitzenplatz in der Welt halten“, so Erbe.
In den kommenden vier Jahren wird es aus seiner Sicht vor allem darum gehen, „dass die frischen Ideen aus dem ESA-BIC laufen lernen und mit der Unterstützung der zahlreichen Partner groß werden.“ Die Ansiedlung des „Business Incubation Centre“ in Reutlingen geht maßgeblich auf den Einsatz der IHK zurück. Sie hatte sich über mehrere Jahre für ein ESA-BIC in Reutlingen eingesetzt.
Netzwerk & Wettbewerb
Die Eröffnung des Centres bildete gleichzeitig den Auftakt für das Netzwerk „Hochpräzise Echtzeitnavigation Baden Württemberg“ von Unternehmen und Hochschuleinrichtungen. Diese im Englischen „Real Time Kinematic“, kurz RTK, genannte Technologie soll für neue Anwendungen im Bau, konkret dem Tiefbau, im Logistikbereich sowie im Rettungswesen im Netzwerk RTK BW gemeinschaftlich besser genutzt werden. Ferner startete der diesjährige Landeswettbewerb der „European Satellite Navigation Competition“ (ESNC), für den die IHK Reutlingen bereits seit dem Jahr 2007 die Organisation innehat.
Hintergrund: ESA-BIC
Die Start-ups sollen jeweils ein bis zwei Jahre im „Business Incubation Centres“ der ESA bleiben und in dieser Zeit Marktreife erlangen. Als Anschubförderung erhalten die Gründungen 50.000 Euro sowie umfassende Service-Angebote durch Firmenbetreuer vor Ort und das Partner-Netzwerk. Dazu gehören zehn Beratungs- oder Labortage bei Bosch oder Airbus. Im Anschluss an die Phase im ESA-BIC sollen die Unternehmen im örtlichen Technologiepark angesiedelt werden.
Weitere Statements zur Eröffnung des ESA-BIC:
Dr. Franziska Zeitler, Leiterin Innovation & Neue Märkte des Raumfahrtmanagements des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR)
„Wir erhoffen uns durch raumfahrtbasierte Unternehmensgründungen neue Impulse und Innovationen sowie wertvolle technologische Transfers zwischen den in der Region angesiedelten Industriebranchen und der Raumfahrt. Dies ist ein guter Grund für das DLR-Raumfahrtmanagement, aus seinem Beitrag zum ESA-Technologieförderprogramm GSTP mehr als eine Million Euro in Unternehmensgründungen im neuen ESA-BIC Baden-Württemberg zu investieren.“
Dr. Dietmar Pilz , Leiter des Airbus-Standortes Friedrichshafen (Immenstaad)
„Gegenseitiges Lernen zu ermöglichen, agiler zu werden und unternehmerisches Handeln zu unterstützen, das wollen wir im ESA-BIC Friedrichshafen fördern. Wir werden das BIC eng mit unserer eigenen „Innovation Factory“ koppeln; in der Überzeugung, dass beide vom Austausch profitieren und in der Hoffnung, dass sich eine Raumfahrt-getriebene Start-up-Szene am Bodensee etablieren kann.“