Umsatzsteuer

Nullsteuersatz für Photovoltaikanlagen

Seit 1. Januar 2023 gilt für die Lieferung und Installation bestimmter Photovoltaikanlagen ein sogenannter Nullsteuersatz bei der Umsatzsteuer. Die Neuregelung hat bei Unternehmen und Kunden zu vielen Fragen geführt. Ein Schreiben der Finanzverwaltung erläutert die Regel.

Nullsteuersatz für PhotovoltaikanlagenFoto: AlexanderLipko - istockphoto.com

Der neue § 12 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) legt für die Lieferung und Installation bestimmter Solarmodule einschließlich weiterer „wesentlicher Komponenten“ an den Betreiber einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) eine Umsatzsteuer von 0 Prozent fest. Der neue Nullsteuersatz bedeutet, dass bei entsprechenden Umsätzen keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wird, gleichwohl kann der Lieferant beziehungsweise Installateur den Vorsteuerabzug aus seinen Eingangsleistungen, wie zum Beispiel aus dem Einkauf von Solarmodulen, geltend machen. Sie muss also nicht eingepreist werden. Dieses für Deutschland völlig neue System hat bei den betroffenen Unternehmen in der praktischen Anwendung zu einer Vielzahl von Fragen geführt. Das Bundesfinanzministerium erläutert im Anwendungsschreiben vom 27. Februar 2023 die Neuregelung. Die Ausführungen fließen in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) ein.

Welche Lieferungen sind umfasst?
Die Lieferung einer PV-Anlage umfasst auch sogenannte Nebenleistungen. In Abschnitt 12.18 Abs. 1 UStAE werden unter anderem die Übernahme der Anmeldung in das Marktstammdatenregister (MaStR), die Bereitstellung von Software zur Steuerung und Überwachung der Anlage, die Montage von Zweirichtungszählern wie auch die Bereitstellung von Gerüsten, Lieferung von Befestigungsmaterial oder unter Umständen auch die Erneuerung eines Zählerschranks als mögliche Nebenleistungen aufgeführt, die unter den Nullsteuersatz fallen können.

Auch für die Lieferung so genannter Aufdachphotovoltaikanlagen durch einen Bauträger soll die Neuregelung gelten. Selbst wenn der Bauträger auch das Gebäude liefert, auf dem sich die Anlage befindet, wird eine eigenständige Lieferung der Anlage angenommen, was die Anwendung des Nullsteuersatzes ermöglicht, vergleiche Abschnitt 12.18 Abs. 1 S. 5f UStAE.

Leasing- und Mietkaufverträge sind je nach Vertragsgestaltung als Lieferung oder sonstige Leistung einzustufen. Die Vermietung von PV-Anlagen wird explizit vom Anwendungsbereich der Regelung ausgeschlossen (Abschnitt 12.18 Abs. 1 Satz 7 UStAE).

Die Lieferung muss zudem unmittelbar an den Betreiber der PV-Anlage erfolgen. Lieferungen innerhalb einer Lieferkette, zum Beispiel an Zwischenhändler, Leasinggeber oder Mietkäufer, unterliegen dem Regelsteuersatz (Abschnitt 12.18 Abs. 2 Satz 2 UStAE).

Wer ist Betreiber?
Der Begriff des Betreibers wird in Abschnitt 12.18 Abs. 2 UStAE erläutert. Betreiber einer PV-Anlage sind natürliche Personen, juristische Personen oder Personenzusammenschlüsse, die dem Grunde nach zum Leistungszeitpunkt als Betreiber der jeweiligen Anlage im MaStR registrierungspflichtig sind oder voraussichtlich werden. Dabei soll es weder auf die tatsächliche Einspeisung oder Förderung nach dem EEG noch auf die Unternehmereigenschaft des Betreibers ankommen, vergleiche Abschnitt 12.18 Abs. 2 UStAE.

Welche PV-Anlagen sind begünstigt?
Der Nullsteuersatz ist auf PV-Anlagen beschränkt, die auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen oder öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert werden. Die Finanzverwaltung gibt Beispiele und Abgrenzungshilfen zur Unterscheidung zwischen einer begünstigten beziehungsweise nicht begünstigten Gebäudenutzung. Bei gemischter Nutzung sei grundsätzlich von einem begünstigten Gebäude auszugehen. Auch Container sollen als Gebäude im Sinne der Regelung in Betracht kommen.

Die Voraussetzungen gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der PV-Anlage lt. MaStR maximal 30 kW (peak) beträgt (§ 12 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 UStG). Die Finanzverwaltung stellt klar, dass diese Vereinfachungsregelung nicht für die Beurteilung der Betreibereigenschaft gilt. Bei einer späteren Erweiterung ist die Vereinfachungsregelung nicht anwendbar, wenn Alt-Anlage zuzüglich Erweiterung zum Überschreiten der 30 kW-Grenze führt; bezüglich der Alt-Anlage ändert sich dadurch allerdings nichts, vergleiche Abschnitt 12.18 Abs. 5 UStAE.

Müssen Nachweise geführt werden?
Lieferanten und Installateure von PV-Anlagen müssen künftig unterscheiden, ob es sich um entsprechende Anlagen handelt, für die der Nullsteuersatz anzuwenden ist oder nicht. Aufgrund der 30 kW-Vermutungsregelung müssen sie sich in diesen Fällen nicht beim Erwerber über die Nutzungsart des Gebäudes informieren. Allerdings sieht das BMF-Schreiben in Abschnitt 12.18 Abs. 6 UStAE die Pflicht zur Nachweisführung vor. Eine Erklärung des Erwerbers soll dafür ausreichend sein. Darin soll bestätigt werden, dass er Betreiber der PV-Anlage ist und es sich entweder um ein begünstigtes Gebäude handelt oder die installierte Bruttoleistung der Anlage laut MaStR die 30 kW-Grenze nicht übersteigen wird. Für PV-Anlagen mit einer maximalen Leistung von 600 Watt entfällt die Nachweispflicht, sofern es sich dabei nicht um Lieferungen durch Hersteller beziehungsweise im Großhandel handelt.

Was gilt bezüglich Speicher, weiteren Komponenten und Installation?
Neben den Solarmodulen umfasst die Neuregelung auch die Lieferung „wesentlicher Komponenten“ und Speicher, die dazu dienen, den erzeugten Strom zu speichern. Hierzu sowie zu deren Installation enthält das BMF-Schreiben weitere Erläuterungen und Beispiele zur Klärung von Abgrenzungsfragen in Abschnitt 12.18 Abs. 7 bis 10 UStAE.

Warum wurde die Regelung geschaffen?
Die Einführung des Nullsteuersatzes soll für die Betreiber zu einer Bürokratieentlastung führen. Der Anlagenbetreiber muss künftig nicht mehr auf die Kleinunternehmerregelung verzichten, um sich die bislang anfallende Umsatzsteuer von 19 Prozent als Vorsteuer zurückzuholen. Dies bedeutet aber auch, dass er für mindestens fünf Jahre verpflichtet ist, wie jeder andere Unternehmer Umsatzsteuererklärungen abzugeben.

Ab wann sind die Erläuterungen maßgebend?
Die Regelungen des Anwendungsschreibens sind erstmalig auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2022 bewirkt werden. Es wird nicht beanstandet werden, wenn die Vorschriften bei Leasing- oder Mietkaufverträgen über den Teil des Entgelts, der auf zusätzliche Serviceleistungen entfällt, erst ab dem 1. April 2023 angewendet werden.

Dr. Jens Jasper

Dr. Jens Jasper

Recht und Steuern,
IHK-Zentrale
Position: Bereichsleiter
Schwerpunkte: Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht, außergerichtliche Streitbeilegung, Sachverständigenwesen, Steuern, IHK-Gremium Kreis Tübingen: Geschäftsführung, Koordination Hoheitliche Aufgaben
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