Recht kurz, bitte!
Kündigung während Arbeitsunfähigkeit?
Vorweg: Niemand kann wegen einer Erkrankung entlassen werden, wenn sie oder er die vereinbarte Arbeitsleistung trotz Krankheit störungsfrei erbringt. Ein Kündigungsgrund liegt jedoch dann vor, wenn die Nicht- oder Schlechterfüllung der vertraglich geschuldeten Leistung absehbar ist und dadurch die betrieblichen und wirtschaftlichen Belange des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigt werden.
Negative Gesundheitsprognose?
Krankheit ist aber andererseits auch kein Kündigungshindernis. Eine Kündigung ist weder allein deswegen unwirksam, weil sie während einer Erkrankung ausgesprochen worden ist, noch hindert eine Erkrankung des Arbeitnehmers den Ablauf der Kündigungsfrist. Unter den Voraussetzungen des § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kann der Arbeitgeber selbst während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit außerordentlich aus wichtigem Grund kündigen. Da die krankheitsbedingte Kündigung eine negative Gesundheitsprognose zum Zeitpunkt der Kündigung erfordert, also auch künftig mit gleich hohen oder steigenden Krankheitszeiten gerechnet werden muss – was in der Regel aus den zurückliegenden Fehlzeiten in den vergangenen zwei bis drei Jahren abzuleiten ist –, wird die Kündigung sogar meistens während der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ausgesprochen.
Entgeltfortzahlung
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit, kann dies aber dazu führen, dass er gemäß § 8 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus zur Entgeltfortzahlung verpflichtet bleibt – sie endet aber auch dann grundsätzlich nach sechs Wochen. Wichtig: Ist der Arbeitnehmer schwerbehindert oder einem Schwerbehinderten gleichgestellt, muss vor Ausspruch der Kündigung das Integrationsamt dieser zustimmen.
Autor: Torsten Lehmkühler, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der SLP Anwaltskanzlei GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft in Reutlingen.
(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 10+11/2022.)
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