Wirtschaft zur Stadtkreisgründung

Klare Zuständigkeiten und kurze Wege sind wichtig

Aus Sicht der Wirtschaft ist es zweitrangig, welche Verwaltung eine bestimmte Aufgabe erledigt. Für die Unternehmen in der Region Neckar-Alb sind für konkretes Verwaltungshandeln Wirtschaftsnähe, Effizienz und Kosten von größerer Bedeutung.

Klare Zuständigkeiten und kurze Wege sind wichtigStadtkreis Reutlingen? Foto: Seliger

Die IHK Reutlingen war von der Landesregierung mit Blick auf die beantragte Stadtkreisgründung als Trägerin öffentlicher Belange zur fachlichen Stellungnahme aufgefordert worden. Diese hat laut IHK-Gesetz abwägend und ausgleichend zu erfolgen. In ihren Ausführungen, die gestern dem Wirtschaftsministerium des Landes zugegangen sind, weist die IHK auf die bestehenden Verflechtungen zwischen Landkreis und Stadt hin. Der Landkreis Reutlingen in seiner bisherigen Form verfügt laut IHK über eine wichtige Verbindungs- und Scharnierfunktion zur Region Stuttgart. Es bestehen engste Verknüpfungen, vor allem bei Kunden- und Lieferantenbeziehungen.

Die IHK Reutlingen kann die von Stadt und Landkreis vorgelegten Zahlen zu möglichen wirtschaftlichen Vor- und Nachteilen der Kreiszugehörigkeit nicht im Detail bewerten. Mit Blick auf mögliche Änderungen der Verwaltungsstrukturen erwartet die gewerbliche Wirtschaft allerdings einen erkennbaren Mehrwert, der den zu erwartenden Aufwand rechtfertigt. Erfahrungen aus der Wirtschaft zeigen, so heißt es bei der IHK, dass Aufspaltungsprozesse häufig unkalkulierbare Kosten mit sich bringen.

Insgesamt ist es aus Sicht der Unternehmen von Bedeutung, dass Aufgaben möglichst schnell, effizient und kostengünstig durchgeführt werden. Klare Zuständigkeiten, kurze Wege und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden sind für die Unternehmerinnen und Unternehmer wichtig. Sekundär ist hingegen, welche Verwaltung eine Aufgabe erledigt.

Stimmungsbild der Wirtschaft
Die IHK hat parallel zur Erarbeitung ihrer fachlichen Stellungnahme ein Stimmungsbild bei ihren Mitgliedsbetrieben aus Stadt und Landkreis Reutlingen eingeholt. 861 Betriebe haben sich daran beteiligt. Der Rücklauf lag bei 14 Prozent. 42 Prozent der Antworten kamen aus der Stadt Reutlingen, 58 Prozent aus dem Landkreis (ohne Stadt).

Insgesamt sprechen sich 70 Prozent der Befragten gegen eine Stadtkreisgründung aus. 13 Prozent sind dafür. Aus der Stadt Reutlingen sind 58 Prozent gegen die Auskreisung. 22 Prozent sind dafür. Im Landkreis Reutlingen (ohne Stadt) stehen knapp 80 Prozent der Befragten der Stadtkreisidee negativ gegenüber. Sechs Prozent sind positiv gestimmt. Die Folgen einer Stadtkreisgründung schätzen etwa 41 Prozent der Unternehmen negativ ein, knapp acht Prozent sehen es positiv. Etwa die Hälfte der Unternehmer aus der Stadt Reutlingen (55 Prozent) als auch aus dem Landkreis Reutlingen (ohne Stadt, 50 Prozent) schätzen die Folgen einer Stadtkreisgründung als neutral für ihr Unternehmen ein.

Die Mehrheit der Unternehmerinnen und Unternehmer (54 Prozent) gehen von einer steigenden Bürokratie durch die Stadtkreisgründung aus, 30 Prozent von einer gleichbleibenden Bürokratie. Ein geringer Anteil der Unternehmen, nämlich sechs Prozent, erwartet, dass die Bürokratie zurückgehen wird. Vor allem die Unternehmen aus dem Landkreis Reutlingen (ohne Stadt) gehen von einem Anstieg der Bürokratie aus (61 Prozent). Der Anteil der Unternehmer aus der Stadt Reutlingen, die von einem Anstieg ausgehen, liegt bei 44 Prozent. Eine knappe Mehrheit der Unternehmer (55 Prozent) vermutet, dass die Stadtkreisgründung weder positive noch negative Folgen für das Image des Unternehmensstandorts hat. 62 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer erwarten, dass sich die Anziehungskraft für Fachkräfte durch die Stadtkreisgründung weder positiv noch negativ verändert.

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Dr. Wolfgang Epp

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