Mehr Geld im Portemonnaie, weniger in der Kasse
Kaufkraftatlas 2015
Vom Gesamtplus der Region profitieren alle drei Landkreise. Die Bewohner im Landkreis Reutlingen können im Durchschnitt 6.736 Euro (+2,2 Prozent), im Landkreis Tübingen 6.610 Euro (+1,8 Prozent) und im Zollernalbkreis 6.571 Euro (+2,3 Prozent) im Einzelhandel ausgeben. Die einzelhandelsrelevante Kaufkraft gibt den Anteil der Kaufkraft an, die den Einzelnen tatsächlich für Ausgaben im Einzelhandel zur Verfügung steht. Die Zahl ist um andere Ausgaben wie beispielsweise Miete, Versicherungen oder Reisen bereinigt.
Im Feld der 66 Gemeinden liegen nach den von der IHK ausgewerteten Daten die Gemeinden Pliezhausen (7.353 Euro), Jungingen (7.235 Euro) und St. Johann (7.173 Euro) vorn. Sie verfügen in ihren Gemeindegrenzen über die höchste Kaufkraft pro Kopf. „Das regionale Plus ist ein gutes Zeichen für die Region“, bewertet IHK-Handelsexpertin Karin Goldstein. „Die drei Landkreise bewegen sich auf einem Wachstumspfad. Die Bewohner haben im Schnitt mehr Geld im Portemonnaie.“ Allerdings sagt die einzelhandelsrelevante Kaufkraft nichts darüber aus, wo das Geld ausgegeben wird.
Umsätze gehen zurück
Rückgänge weist der Kaufkraftatlas dagegen bei den Umsätzen des Einzelhandels pro Kopf aus. Sie sind in allen drei Landkreisen rückläufig, insgesamt um 0,9 Prozent. Mit diesem Verlust liegt die Region Neckar-Alb allerdings im Bundestrend. Im Landkreis Reutlingen liegen die Umsätze im Jahr 2015 bei 7.077 Euro (- 0,8 Prozent), im Zollernalbkreis sind es 6.156 Euro (- 0,1 Prozent) und im Landkreis Tübingen belaufen sie sich auf 4.495 Euro (- 3,3 Prozent). Bei den Einzelhandelsumsätzen liegt Metzingen mit 19.977 Euro klar auf Platz eins. Es folgen Balingen (9.835 Euro), Reutlingen (8.311 Euro) und Hechingen (7.561 Euro). Gründe für diesen Rückgang sind einerseits, dass Kunden häufiger online bestellen. Andererseits sind Kunden immer mobiler und bereit, weitere Strecken beim Einkauf zurückzulegen und damit außerhalb der Region einzukaufen.
Metzingen weit vorn
Als dritte wichtige Größe weist der Kaufkraftatlas die so genannte „Zentralität“ aus. Sie ergibt sich aus der Relation von Kaufkraft und Umsatz und zeigt an, ob eine Gemeinde Kaukraftzuflüsse von außen generieren kann oder ob mögliche Umsätze außerhalb der Gemeindegrenzen verbucht werden. Bei einem Wert von 100 ist das Verhältnis von Kaufkraft zu Umsatz ausgeglichen. Spitzenreiter ist hier ebenfalls Metzingen mit einem Wert von 322,3. Darin spiegeln sich vor allem die vielen auswärtigen Kunden der Outlet-City wider. Es folgen bei der Zentralität Balingen mit 160,5 und Reutlingen mit 138,2. Im Verhältnis zum Jahr 2013 können bei den zehn Gemeinden mit der höchsten Zentralität die Städte Bad Urach und Münsingen mit 15,9 Prozent sowie 9,4 Prozent am stärksten zulegen. Die Stadt Tübingen ist traditionell nicht unter den ersten zehn Gemeinden zu finden. Hier ist der Wert für die Zentralität im Vergleich von 2013 zu 2015 von 94,3 auf 87,7 zurückgegangen. Innenstadt steht weiter unter Druck
Aus Sicht der IHK belegt der neue Kaufkraftatlas, dass der innerstädtische Einzelhandel weiter unter Druck steht. Das zeigt sich auch an den in der Tendenz eher rückläufigen Frequenzzahlen in vielen Städten und Gemeinden. „Der stationäre Handel muss sich auf seine Stärken besinnen und zeigen, dass er etwa bei persönlicher und individueller Beratung viel besser ist“, sagt Karin Goldstein. Das Internet und die beliebter werdenden mobilen Anwendungen dürfen aus Sicht der Handelsexpertin von den Betrieben nicht als Gegner abgelehnt werden. „Der Handel muss sich auch dort zeigen und sich den Kunden über diesen Weg präsentieren.“ Zudem können Standorte gemeinsam die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen und beispielsweise mit entsprechenden Apps Kunden in die Geschäfte und Innenstädte locken.
Datengrundlage
Die hier verwendeten Daten beruhen auf Berechnungen der MB Research GmbH aus Nürnberg. Das gilt sowohl für die aktuellen 2015er Daten wie für die Vergleichswerte aus 2013. Der neue Kaufkraftatlas kann nicht mit vorangegangen Ausgaben verglichen werden. In diesen nutzte die IHK Reutlingen Daten von GfK Geomarketing aus Nürnberg. Die Datenquellen von MB Research und GfK unterscheiden sich in Teilen. So berücksichtigen die Daten von MB Research zum Beispiel die gesamten Ausgaben, die in Apotheken getätigt werden. Im Unterschied dazu wertet die GfK lediglich die rezeptfreien Ausgaben.