Bepper sind fossil
IHK-Sommerempfang mit Ministerpräsident Kretschmann
Zehn Milliarden kosten die jüngsten Beschlüsse der "Großen Koalition", rechnete der baden-württembergische Ministerpräsident vor fast 300 Gästen im IHK-Forum vor. Dem gegenüber stünden lediglich zusätzliche zwei Milliarden, die in Bildung und Forschung fließen sollen. "Das ist ein krasses Missverhältnis", sagte Kretschmann. Und: "Wir müssen die Weichen nicht für die Vergangenheit stellen, sondern für die Zukunft."
Zweigliedriges Schulsystem
Der Gast aus Stuttgart verteidigte im IHK-Forum die Bildungspolitik des Landes. Die Regierung wolle auf Dauer ein zweigliedriges Schulsystem mit Gemeinschaftsschule und Gymnasium etablieren. Dies solle vor allem dem ländlichen Raum helfen, der mit zurückgehenden Schülerzahlen zu kämpfen habe. Mit auf der Agenda stehe auch der Ausbau der Ganztagesbetreuung. "Da strecken wir uns finanziell gehörig zur Decke", so Kretschmann. Die Berufsschulen dürfen ebenfalls auf Besserung hoffen. "Wir haben den Unterrichtsausfall schon halbieren können und wir wollen, dass das noch weniger wird." Seine Regierung wisse, was man an der dualen Ausbildung habe. "Wo ich in der Welt auch hinkomme, alle wollen uns nachmachen." Die einst im grün-roten Koalitionsvertrag verankerte Quote von 50 Prozent Studenten nannte er in diesem Zusammenhang einen Fehler. "Das würden wir heute nicht nochmal so schreiben."
Ja zu Verkehrswegen
Kretschmann bekannte sich dazu, dass das Land gute Verkehrswege brauche. "Die Projekte, die sie genannt haben", sagte er an die Adresse von IHK-Präsident Christian O. Erbe, der unter anderem den Ausbau von B 27, B 28 und des Albaufstiegs gefordert hatte, "sind sinnvoll. Aber uns fehlt das Geld." Seine Priorität liege auf Erhalt und Sanierung. "Wir können das existierende Straßennetz nicht verrotten lassen." Den Maut-Plänen von Bundesverkehrsminister Dobrindt erteilte er eine Absage. "In Zeiten der digitalen Revolution mit Beppern zu arbeiten, ist fossil."
Wirtschaftspolitik von unten
Ein klares Bekenntnis legte Kretschmann zur gesetzlichen Mitgliedschaft der gewerblichen Wirtschaft in den IHKs ab. "Sie sind Wirtschaftspolitik von unten", so der Ministerpräsident. "In ihnen kommt das Moment des Gemeinwohls zum Tragen." Der Staat müsse eben nicht alles selber erledigen.