Pflichten für Unternehmen

Entwaldungsfreie Lieferketten

Eigentlich hätte die Entwaldungsverordnung Ende 2024 in Kraft treten sollen. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission von Anfang Oktober sollen die Unternehmen jedoch noch zwölf Monate Aufschub erhalten. Das Europäische Parlament und der Rat müssen dem Vorschlag noch zustimmen.

Entwaldungsfreie LieferkettenFoto: Billion Photos/shutterstock.com

Mit Blick auf die Vielzahl von Sorgfalts- und Dokumentationspflichten, mit denen die Betriebe in den letzten Jahren auf nationaler und EU-Ebene belegt worden seien, stellt die Entwaldungsverordnung eine weitere bürokratische Belastung für die Lieferketten deutscher Unternehmen dar. Die IHK-Organisation setzt sich daher statt einer Verschiebung um zwölf Monate für eine Aussetzung für mindestens zwei Jahre ein. Unabhängig davon, wann das Gesetz eingahlten werden muss, sollten sich Unternehmen auf folgende Pflichten einstellen:

Die Verordnung enthält Vorschriften für das Inverkehrbringen und die Bereitstellung auf dem Unionsmarkt sowie für die Ausfuhr von Waren aus der Union, die relevante Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren Verwendung hergestellt wurde.

Sicherzustellen ist, dass diese aus – seit 2020 – entwaldungsfreien Gebieten stammen und, dass die vor Ort geltenden Rechtsvorschriften eingehalten wurden.

Hierunter fallen gemäß Anhang I der Verordnung die folgenden Warengruppen:

  • Rinder
  • Kakao
  • Kaffee
  • Ölpalme
  • Kautschuk
  • Soja
  • Holz

Die Europäische Union behält sich hierbei das Recht vor, im Rahmen einer Folgenabschätzung die Liste der relevanten Erzeugnisse auch um weitere Waren zu erweitern.

Relevante Rohstoffe und Erzeugnisse daraus dürfen gemäß Artikel 3 nur dann in Verkehr gebracht oder auf dem Unionsmarkt bereitgestellt oder ausgeführt werden, wenn folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sind:

  • Ware ist entwaldungsfrei
  • Ware wurde gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt
  • Für die Ware liegt eine Sorgfaltserklärung vor

Sorgfaltspflichten
Die Verordnung fordert umfangreiche Sorgfalts- und entsprechende Nachforschungspflichten, deren Umsetzung gänzlich dokumentiert und in einem Sorgfaltsbericht dargelegt werden muss. Diese Pflichten umfassen nachstehende -und aufgrund der Fülle nicht abschließend dargestellten- Punkte:

Informationsanforderungen gemäß Artikel 9

  • Beschreibung des Erzeugnisses inklusive. einer Liste der relevanten Rohstoffe, die das Erzeugnis enthält oder unter Verwendung es hergestellt wurde
  • Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe, die das Erzeugnis enthält oder unter dessen Verwendung es hergestellt wurde sowie den Zeitpunkt der Herstellung
  • Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass das Erzeugnis entwaldungsfrei ist
  • Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass das Erzeugnis im Einklang mit den Rechtsvorschriften des Herstellungslandes erfolgt ist

Risikobewertung gemäß Artikel 10

  • Risikobewertung eines Erzeugerlandes resp. seiner Landesteile und -regionen
  • Präsenz von Wäldern und indigenen Völkern im Erzeugerland
  • Prüfung von Ansprüchen indigener Völker auf die Nutzung des Herstellungsgebietes oder dessen Eigentumsverhältnisse
  • Verbreitung der Entwaldung oder Waldschädigung im Erzeugergebiet
  • Ausmaß der Korruption, mangelnde Strafverfolgung, Verstöße gegen Menschenrechte

Maßnahmen zur Risikominimierung gemäß Artikel 11
Sofern die Bewertung nach Artikel 10 kein vernachlässigbares Risiko ergeben hat, sind vom Marktteilnehmer vor dem Inverkehrbringen geeignete Maßnahmen zur Risikominderung zu fordern.

  • Anforderung weiterer Informationen, Daten oder Unterlagen
  • Durchführung unabhängiger Erhebungen oder Audits

Zudem müssen Marktteilnehmer angemessene Strategien, Kontrollen und Verfahren implementieren, um das Risiko der Nichtkonformität der relevanten Erzeugnisse zu mindern. Genannt ist Folgendes:

  • Modellverfahren für das Risikomanagement, Berichterstattung, Aufzeichnungen, interne Kontrolle und Compliance-Management sowie die Benennung eines Compliance-Beauftragten (nicht für KMU).
  • Eine unabhängige Prüfstelle zur Überprüfung der vorausgegangenen Punkte

Dieser Prozess muss dokumentiert und mit einer an die – noch zu bestimmende – Behörden zu übermittelnden Sorgfaltserklärung ergänzt werden.

Diese Informationen sind laut Verordnung innerhalb der Lieferkette weiterzugeben. Die Dokumentationskette reicht dabei bis zum Betrieb, der das Produkt an den Endkunden abgibt. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die nicht Erst-Inverkehrbringer sind, müssen Aufzeichnungen über Lieferanten und Kunden sammeln und diese Informationen für mindestens fünf Jahre aufbewahren. Sie dürfen Rohstoffe und Erzeugnisse nur bei Erhalt der notwendigen Referenznummer der Sorgfaltserklärung auf dem Markt bringen.  

Verstöße gegen die neue EU-Verordnung können mit hohen Bußgeldern, bei Kapitalgesellschaften vier Prozent des Jahresumsatzes, bestraft werden. Außerdem müssen Produkte, die den Vorgaben der Verordnung nicht entsprechen, gegebenenfalls öffentlich zurückgerufen, gespendet oder verwertet werden.

Im Rahmen der Umsetzung richtet die Kommission ein Register für die Erfassung von Marktteilnehmern und Händlern sowie ihren Bevollmächtigten ein. Außerdem werden dort die Sorgfaltserklärungen registriert, und es dient der Übermittlung einer Referenznummer für jede Sorgfaltserklärung an den betreffenden Marktteilnehmer oder Händler vor dem Inverkehrbringen auf dem Binnenmarkt. Um die Unternehmen bei der Umsetzung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten im Handel mit Soja, Ölpalmen, Rindern, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz sowie daraus hergestellten Erzeugnissen zu unterstützen, hat die Kommission einen FAQ-Katalog online gestellt, der laufend aktualisiert wird.

Martin Fahling

Martin Fahling

International und internationale Fachkräfte,
IHK-Zentrale
Position: Bereichsleiter
Schwerpunkte: Grundsatzfragen, Außenwirtschaftspolitik, Beratungen
Telefon: 07121 201-186
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