Empfang von IHK und Handwerk
„Echte Integration ist nur im Alltag möglich“
Können wir in zehn Jahren sagen: Wir sind stolz, das geschafft zu haben? „Die Antwort darf nur ein Ja sein“, sagte IHK-Präsident Christian O. Erbe in der Diskussionsrunde mit Handwerkskammer-Präsident Harald Herrmann, Landrat Günther-Martin Pauli und Moderator Nikos Andreadis vor über 400 Vertretern aus Wirtschaft und Politik. Erbe verwies auf 600 nicht besetzte Ausbildungsplätze im letzten Jahr und rund 20.000 fehlende Fachkräfte bis 2030. Gerade deshalb müsse dagegen angearbeitet werden, dass Geflüchtete keine Jobs als Hilfskräfte annehmen, sondern in Ausbildung gebracht würden. So betonte auch Harald mit Hinweis auf die Erfahrungen mit spanischen Azubis, wie wichtig Sprachkenntnisse für die Berufsschule seien. Hier sei einige Anstrengung vonnöten. „Realistisch geschätzt braucht es fünf bis acht Jahre, bis aus einem Flüchtling eine qualifizierte Fachkraft werden kann.“
Talente fördern
Landrat Pauli berichtete aus seiner Praxis. „Ein Dach über dem Kopf und ein Taschengeld reicht nicht“, so der Landtagsabgeordnete aus dem Zollernalbkreis. Seiner Meinung müsse noch pragmatischer und unbürokratischer gehandelt werden: „Man muss nicht alles perfekt machen.“ Viel wichtiger sei, mit Fantasie und Kreativität „die vielen Talente zu fördern.“ Das war auch das Thema in einer zweiten Diskussionsrunde mit Schulleiter der Kerschensteiner Schule Reutlingen Hans-Joachim Stark, Gastronom Rainer Autenrieth und Claudia Sander vom Freundeskreis Asyl, Ammerbuch. „Man muss jungen Leuten eine Chance geben, egal, wo sie herkommen“, sagte Rainer Autenrieth, der in seinem Hotel in Münsingen drei Zuwanderer ausbildet. Problematisch seien lediglich mangelnde Sprachkenntnisse.
Mehrzahl wird Arbeit finden
Innerhalb von drei Jahren, so Schulleiter Stark, können die jungen Leute fit gemacht werden für eine Ausbildung. Der Pädagoge ist zuversichtlich, dass die Mehrzahl aus den beiden Flüchtlingsklassen seiner Schule einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz findet. Sprachkurse und Ausbildung – dem stimmte auch Claudia Sander zu. Die ehrenamtlich Tätige, die viele Biografien von Geflüchteten kennt, gibt jedoch zu bedenken, dass ein Punkteprogramm für die Integration nicht einfach so abgearbeitet werden kann – das sei eine sehr deutsche Vorstellung. Zudem seien nicht wenige zu alt für eine Ausbildung, trotzdem müsse an die gedacht werden. „Viele wollen in ihre Heimatländer zurück und haben hier keine sichere Zukunftsperspektive“, so Sander. Sie appellierte an die Unternehmerschaft, ohne Scheu vor dem Ausbeuter-Vorurteil Geflüchteten einfach Jobs anzubieten. „Jede Arbeitsstelle ist besser als keine. Echte Integration ist nur im Alltag möglich.“
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