IHK schaltet sich beim Streit um die Outlet-City ein

Die Lösung liegt nicht vor Gericht

„Der Outlet-Streit zwischen Reutlingen und Metzingen schadet der gesamten Region“, kommentiert IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Epp und fordert beide Seiten auf, sich baldmöglichst zu einigen.

Die Lösung liegt nicht vor GerichtFoto: Outletcity Metzingen

„Wir müssen unsere Kräfte nutzen, alle Standorte in der Region zu entwickeln und uns nicht in langwierigen Gerichtsverfahren zu zerreiben.“ Aus Sicht des IHK-Hauptgeschäftsführers muss Metzingen die Entscheidung des Raumordnungsverfahrens umsetzen und sich auf den Erweiterungsflächen auf Luxus- und Premium-Marken konzentrieren, die in den heimischen Innenstädten nicht vorhanden sind. Reutlingen und Tübingen sollten stärker ihr Potenzial als Einkaufsstandort entwickeln. „Metzingen muss bei der jetzt vorgesehenen Erweiterung Kompromissbereitschaft zeigen und eine Ausweitung der Outlet-City in Zukunft begrenzen.“

Sorgen und Ängste ernst nehmen
Das Vorgehen des Regierungspräsidiums als zuständiger Stelle für das Raumordnungsverfahren ist aus Sicht der IHK nicht zu kritisieren. Die vom beauftragten Gutachter hoch gerechneten Umsatzverschiebungen liegen bei 5,6 Prozent in Reutlingen und bei 3,9 Prozent in Tübingen und damit unter dem vom baden-württembergischen Einzelhandelserlass vorgegebenen Wert von zehn Prozent. Erst ab dieser Schwelle sind städtebauliche Beeinträchtigungen in den Nachbarstädten zu erwarten.

Die Sorgen und Ängste des Einzelhandels in Reutlingen und Tübingen wegen der Outlet-Erweiterung nimmt die IHK sehr ernst. In den Gremien der IHK wurde das Metzinger Vorhaben im Vorfeld durchaus kontrovers diskutiert. „Die Lösung liegt nicht vor Gericht“, sagt Dr. Wolfgang Epp. „Reutlingen und Tübingen haben ihre Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft.“ Die IHK kritisiert vor allem den Vorgang „K8“. Hier wurde eine Chance für die Reutlinger Innenstadt vertan – mit langfristig negativen Folgen, sagt Epp. „So etwas darf nicht wieder passieren.“ Zudem wurden in beiden Städten Parkgebührenerhöhung durchgesetzt und trotz massiver Kritik der Händlerschaft nicht mehr korrigiert. Dabei zeigt eine IHK-Untersuchung, dass Dreiviertel der Händler in Reutlingen und Tübingen nach den Gebührenerhöhungen Frequenzrückgänge feststellen mussten. Gleichwohl gibt es eine engagierte Händlerschaft und Werbegemeinschaften wie RTaktiv und der HGV Tübingen, die immer wieder große und attraktive Aktionen auf die Beine stellen.

Mehr Mut im Wettbewerb
In Tübingen müssen insbesondere Parken und Erreichbarkeit stärker gewichtet werden. Die Umsetzung des vom Gemeinderat verabschiedeten Parkleitsystems steht noch aus. Ein Fußgängerleitsystem für die Innen- und Altstadt, damit sich Kunden besser orientieren können, wäre eine sinnvolle Ergänzung. „Tübingen hat eine Vielfalt von inhabergeführten Fachgeschäften. Diese Klasse könnte als eigene Marke weit über die Region strahlen“, so Wolfgang Epp. Eine von der IHK schon 2011 vorgelegte Studie über die Bedeutung des Tourismus für den Einzelhandel belegt das eindrucksvoll. „Tübingen könnte noch stärker davon profitieren, dass jedes Jahr 3,5 Millionen ausländische Besucher nach Metzingen kommen.“

Insgesamt plädiert der IHK-Hauptgeschäftsführer dafür, mehr Mut im Standortwettbewerb zu zeigen. In Stuttgart und anderen Nachbarregionen ist bereits viel investiert worden und weitere Schritte werden kommen. „Wir müssen keine Angst vor Konkurrenz haben. Die Städte unserer Region bieten unglaublich viel. Wir müssen das aber noch stärker zeigen.“

Hintergrund
Die Outlet-City Metzingen will auf dem so genannten Gänsslen & Völter-Areal, einer innerstädtischen Brachfläche, neue Fabrikverkäufe entwickeln. Den Schwerpunkt bildet ein neues Outlet der Marke Hugo Boss. Zur Abrundung sind weitere fünf Kuben mit Anbietern ausschließlich aus dem Luxussegment vorgesehen. Der Gesamtflächenzuwachs beträgt inklusive der Nachnutzung des derzeitigen Boss-Standortes rund 10.000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Die Auswirkungen des geplanten Vorhabens wurden im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens vom Regierungspräsidium Tübingen intensiv geprüft. Eine Auswirkungsanalyse wurde vom Gutachterbüro Junker und Kruse aus Dortmund erstellt und kommt unter anderem zum Ergebnis, dass die Umsatzverschiebungen bei maximal 5,6 Prozent in Reutlingen und 3,9 Prozent in Tübingen liegen werden. Dieser Wert liegt unter den zehn Prozent, die im Beeinträchtigungsgebot des baden-württembergischen Einzelhandelserlasses als Grenze genannt sind. Die IHK Reutlingen ist in einem solchen Verfahren Trägerin öffentlicher Belange und muss das Vorhaben ausgleichend und abwägend beurteilen.

Dr. Wolfgang Epp

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