Wo liegen die Grenzen?

Krankheit als Kündigungsgrund

Fachanwältinnen und -anwälte aus der Region beantworten an dieser Stelle Fragen zum Arbeitsrecht. Diesmal: Mein Mitarbeiter ist ständig krank. Darf ich ihm kündigen?

Krankheit als KündigungsgrundClipareacom - Fotolia.com

Vielfach herrscht der Irrglaube vor, dass Krankheit vor einer Kündigung schützt. Das stimmt aber nicht. Bestimmte Konstellationen erlauben es dem Arbeitgeber, ein Arbeitsverhältnis krankheitsbedingt zu kündigen. Die Kündigung erfolgt dann nicht, weil der Arbeitnehmer krank ist, sondern weil das Arbeitsverhältnis aufgrund der Fehlzeiten dauerhaft gestört ist.

3-Stufen-Modell

Vereinfacht gesprochen muss der Arbeitgeber bei der Prüfung einer solchen Kündigung nach dem sogenannten 3-Stufen-Modell der Rechtsprechung vorgehen: Auf der 1. Stufe muss er prüfen, ob auch künftig mit weiteren Fehlzeiten zu rechnen ist (sogenannte negative Gesundheitsprognose). Bei häufigen Kurzerkrankungen ist dies regelmäßig erfüllt, wenn jährliche Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen aufgelaufen sind und der Arbeitgeber für alle Fehlzeiten Entgeltfortzahlung leisten musste. Bei einer Langzeiterkrankung kann man in der Regel ab einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit von mehr als einem Jahr von einer negativen Prognose ausgehen; dies kann im Einzelfall aber auch ein deutlich längerer oder auch kürzerer Zeitraum sein.

Mildere Mittel?

Auf der 2. Stufe müssen die Fehlzeiten die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigen (etwa jährliche Entgeltfortzahlungskosten von mehr als sechs Wochen oder ständige Änderungen der Schichtplanung). Auf der 3. Stufe muss der Arbeitgeber eine umfassende Interessenabwägung vornehmen und prüfen, ob es mildere Mittel als die Kündigung gibt, wie etwa eine Um- oder Versetzung. Hier spielt auch regelmäßig die Frage eine Rolle, ob der Arbeitgeber ein ordnungsgemäßes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchgeführt hat.

Diese Frage beantwortete für Sie Achim Wurster, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Dr. Kroll & Partner Rechtsanwälte mbB in Balingen.

Dr. Jens Jasper

Dr. Jens Jasper

Recht und Steuern,
IHK-Zentrale
Position: Bereichsleiter
Schwerpunkte: Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht, außergerichtliche Streitbeilegung, Sachverständigenwesen, Steuern, IHK-Gremium Kreis Tübingen: Geschäftsführung, Koordination Hoheitliche Aufgaben
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