Befristete Mehrwertsteuersenkung
Das Wichtigste im Überblick
Alle Informationen auf dieser Seite basieren auf dem Entwurf eines Begleitschreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 11. Juni 2020, das sich derzeit noch in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder befindet. Die genaue Ausgestaltung der Reform steht noch nicht fest, Abweichungen von den hier angegebenen Informationen sind also möglich. Wir informieren Sie auf dieser Seite, sobald eine genaue Ausgestaltung der Reform durch den Gesetzgeber vorgenommen wurde.
Das ändert sich
Die Mehrwertsteuer wird befristet für ein halbes Jahr gesenkt. Der Regelsteuersatz sinkt von 19 auf 16 Prozent, der ermäßigte Steuersatz von 7 auf 5 Prozent. Diese Regelung gilt vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020. Danach sollen wieder die bisher bekannten Mehrwertsteuersätze gelten.
Das müssen Unternehmen tun
Unternehmen müssen vor allem drei Dinge tun: Sie müssen ihre Rechnungen auf die neuen Steuersätze anpassen, neue Steuerkennzeichen implementieren und die Einstellungen in den jeweiligen Abrechnungs- und ERP-Systemen ändern. Mit Schreiben vom 10. Juni 2020 hat das Bundesministerium der Finanzen die zuständigen Preisbehörden der Länder darüber informiert, dass Händler und Anbieter von Dienstleistungen von der bestehenden Ausnahmemöglichkeit des § 9 Absatz 2 Preisangabenverordnung (PAngV) Gebrauch machen können: Damit können pauschale Rabatte an der Kasse gewährt werden, ohne dass die Preisauszeichnung zum Beispiel sämtlicher Regale in der Nacht zum 1. Juli 2020 geändert werden muss. Lediglich für preisgebundene Artikel – wie Bücher, Zeitschriften, Zeitungen und rezeptpflichtige Arzneimittel – kann die Ausnahmeregelung keine Anwendung finden, da für diese andere rechtliche Regelungen gelten. Bei diesen Artikeln sind Preisreduktionen durch die Einzelhandelsstufe entweder nicht möglich oder abweichend von der PAngV geregelt. Detaillierte Informationen können dem Schreiben entnommen werden.
Leistungszeitpunkt entscheidend
Bei der Frage, welcher Steuersatz anzuwenden ist, ist ausschließlich der Zeitpunkt der Ausführung der Leistung maßgebend. Dementsprechend gilt: Nur wenn eine Lieferung oder Leistung im Zeitraum zwischen 1. Juli und 31. Dezember 2020 ausgeführt wird, gilt der abgesenkte Steuersatz von 16 beziehungsweise 5 Prozent. Der Tag des Vertragsabschlusses, der Rechnungserteilung oder der Vereinnahmung des Entgelts sind unerheblich. Werden Rechnungen über bis zum 30. Juni 2020 erbrachte Leistungen erst nach diesem Zeitpunkt erteilt, ist der zum damaligen Zeitpunkt gültige Steuersatz von 19 beziehungsweise 7 Prozent anzuwenden. Entsprechende Grundsätze sind dann auch bei der vorgesehenen Rückumstellung (Wiederanhebung der Mehrwertsteuersätze) zum 1. Januar 2021 zu beachten.
Zu unterscheiden sind (Waren-)Lieferungen, Werklieferungen und sonstige Leistungen:
- Bei physischen Warenlieferungen entsteht die Mehrwertsteuerpflicht zum Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht. Die Übergabe der Ware sollte also nach Möglichkeit im Zeitraum zwischen 1. Juli und 31. Dezember 2020 erfolgen, um von der Umsatzsteuersenkung zu profitieren. Als Zeitpunkt der Lieferung gilt jedoch im Falle der Versendung deren Aufgabe bei der Post, Bahn, Spedition usw. Werden Waren noch vor dem 1. Juli 2020 versendet, aber erst danach zugestellt, greift noch der bis zum 30. Juni 2020 gültige Umsatzsteuersatz.
- Bei Werklieferungen – etwa Einbauen eines neuen Autormotors in einer Autowerkstatt –, kommt es auf die Übergabe und Abnahme des vereinbarten Werks an.
- Sonstige Leistungen (etwa Beratungs- oder Montageleistungen) werden grundsätzlich erst dann ausgeführt, wenn der Empfänger den wirtschaftlichen Vorteil erhält, das heißt bei Vollendung des Werks samt Abnahme.
Soweit Leistungen an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer ausgeführt werden, ist es egal, on die Leistungen vor oder nach den jeweiligen Steuersatzänderungen ausgeführt werden, da die Steuer beim Leistungsempfänger nicht kostenwirksam ist. Es ist in diesen Fällen nur auf die richtige Ausstellung der Rechnungen zu achten.
Vermeidung von unrichtig ausgewiesener Steuer
Führt ein Unternehmen eine Leistung im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 aus, stellt hierbei aber noch eine Rechnung mit dem „alten“ Steuersatz von 19 beziehungsweise 7 Prozent aus, führt dies zu einem unrichtig ausgewiesenen, zu hohen Umsatzsteuerbetrag. Diese Steuer wird vom leistenden Unternehmer geschuldet. Aber auch der Leistungsempfänger hat ein Problem: Der zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuerbetrag kann nicht als Vorsteuer abgezogen werden.
Anpassung bei Dauerleistungen
Bei Dauerleistungen, die im Rahmen von Teilleistungen erbracht werden (etwa Miet-/Leasingverträge), müssen die Verträge bzw. Dauerrechnungen im Absekungszeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 abgesenkt werden. Auch hier gilt, dass ohne korrekte Abrechnungen die überhöhte Umsatzsteuer vom Unternehmen geschuldet wird.
Umtausch von Gegenständen
Beim Umtausch eines Gegenstandes wird die ursprüngliche Lieferung rückgängig gemacht. An ihre Stelle tritt eine neue Lieferung. Wird ein vor dem Änderungsstichtag (1. Juli 2020 beziehungsweise 1. Januar 2021) gelieferter Gegenstand nach diesem Stichtag umgetauscht, ist auf die Lieferung des Ersatzgegenstandes der zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Steuersatz anzuwenden.
Einlösung von Gutscheinen
Gutscheine, die ausgegeben und eingelöst werden, sind dahingehend zu unterscheiden, ob es sich um Einzweck- oder Mehrzweckgutscheine handelt. Für Einzweckgutscheine ist der Zeitpunkt der Ausgabe für den Steuersatz maßgeblich. Bei Mehrzweckgutscheinen kommt es hingegen darauf an, wann die Leistung ausgeführt wird, für welche der Gutschein eingelöst wird.
Hinweis für Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen
Besondere Herausforderungen ergeben sich für Betriebe, die Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen erbringen, da dort wegen der vom 1. Juli 2020 bis 30. Juni 2021 befristeten Mehrwertsteuersenkung auf Speisen und der bis Ende 2020 befristeten allgemeinen Mehrwertsteuersenkung innerhalb kurzer Zeit verschiedene Steuersätze gelten sollen: Vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020: 5 Prozent, vom 1. Januar bis 30. Juni 2021: 7 Prozent, ab 1. Juli 2021: 19 Prozent.
(Quellen: Niederrheinische IHK, IHK Köln)
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