Freizeitwirtschaft am Fluss

Chance und Verpflichtung

Ob Campingplatz, Bootsverleih oder Gastronomiebetrieb: Freizeitangebote mit direkter Lage an einem Gewässer sind gefragt. Doch sie zu betreiben, bringt auch Herausforderungen mit sich.

Campingplatz Neckarcamping in TübingenNur wenige Schritte bis zum Wasser: Der Tübinger Campingplatz Neckarcamping hat von April bis Oktober geöffnet. Foto: Barbara Honner/Verkehrsverein Tübingen

Camping am Tübinger Neckar ist beliebt. Wiebke Wandel und Philipp Stütz betreiben seit vorigem Jahr unter dem Namen Neckarcamping einen Campingplatz direkt am Fluss, nicht weit von der Tübinger Altstadt entfernt. „Wer campen gehen will, bevorzugt Regionen mit Wasser und Bergen“, weiß Wiebke Wandel. Davon profitiert ihr Platz: Gerade im Sommer herrscht jeden Tag reger An- und Abreisebetrieb.

Mit dem Wohnmobil an den Neckar
Der Campingplatz zieht sich längs am Ufer des ruhig verlaufenden Neckars entlang. Diesen erreicht man aus erhöhter Lage über eine Treppe. „Die Böschung gibt den Abstand vor. Im Tagesgeschäft haben wir durch das Gewässer keine Einschränkungen oder besondere Auflagen.“

Manche Camper betreiben Stand-up-Paddling – die Boards können auf dem Platz ausgeliehen werden. Andere genießen es, einfach nur am Ufer zu stehen und auf das Wasser zu blicken. Die Anlage ist klein und idyllisch. Man kann sich mit Zelt, Wohnwagen und Wohnmobil gemütlich einrichten oder in zwei kleinen Holzhütten, sogenannten Pods, übernachten. Auch die Gaststätte Neckarstube mit schönem Biergarten gehört zum Betrieb. Die besondere Lage und das kulinarische Angebot ziehen Gäste aus nah und fern an. „Es hat sich herumgesprochen, dass es bei uns neben schwäbischen Spezialitäten auch gute Pizza gibt“, erzählt Wiebke Wandel.

„Es ist wirklich schwierig, genügend Personal zu finden“

Wiebke Wandel, Neckarcamping, Tübingen

Während der Saison von April bis Ende Oktober beschäftigt Neckarcamping insgesamt 17 Aushilfskräfte, hauptsächlich Minijobber wie Schüler und Studenten. Doch obwohl Wiebke Wandel ihren Arbeitsplatz als „eigenes Naherholungsgebiet“ bezeichnet, kämpfen auch sie und ihr Lebensgefährte Philipp Stütz mit der Personalnot in der Gastrobranche: „Derzeit ist es wirklich schwierig, genügend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, damit wir die Öffnungszeiten unseres Biergartens an sechs Tagen die Woche aufrechterhalten können.“

Veränderte Rahmenbedingungen
Ortswechsel. Als vor 45 Jahren der Bootsverleih in Münsingen-Bichishausen gegründet wurde, lag der Schwerpunkt des Unternehmens auf Kajaktouren auf der Großen Lauter. Naturschutzrechtliche Einschränkungen gab es Ende der 1970er-Jahre kaum und so war Betriebsgründer Volker Schmack damals einer von gleich drei Unternehmern im Lautertal, die in diesem touristischen Bereich Chancen sahen.

Blick auf das Bootshaus in Münsingen-BichishausenKanutouren im Wilden Süden: Neben den Bootsfahrten gehört längst auch ein Biergarten zum Betrieb. Foto: PR

1988 traten dann jedoch Verordnungen zum Schutz der Tierwelt in Kraft, die generelle Sperrzeiten der Lauter zwischen dem 15. März und dem 30. Juni sowie an den Wochenenden mit sich brachten. Um diese Zeiten zu überbrücken, nahm Volker Schmack zusätzlich Touren auf der Donau in sein Angebot auf. Der Betrieb wuchs rasant, auch die Nachfrage nach Kanutouren am Bichishausener Standort ist im Sommer bis heute groß.

Herausforderung Umweltschutz
Im Jahr 2001 kam dort ein weiteres Standbein hinzu: das direkt an der Lauter gelegene Bootshaus – ein Biergarten, der mit seiner Nähe zum Wasser und regionalen Speisen viele Gäste anlockt. Nach dem Tod ihres Mannes betreibt heute Gabriele Schmack mit Unterstützung ihrer Kinder beide Geschäftszweige der Kanutouren im Wilden Süden e. K.

Das Bootfahren auf der Lauter ist dabei jedoch mit immer mehr für den Betrieb problematischen Einschränkungen verbunden. Bereits während der Corona-Zeit musste die Fahrtstrecke auf dem Wasser deutlich verkürzt werden, da Bootsfahrer nicht mehr mit dem Omnibus ins rund fünf Kilometer entfernte Buttenhausen zum Einstieg transportiert werden konnten. Bis heute ist der Einstieg nur noch im zwei Kilometer entfernten Hundersingen möglich. Zu Fuß ist man in 20 Minuten an der Einsetzstelle. Gefahren werden kann bis nach Gundelfingen oder nach Indelhausen.

„Wir müssen unseren Betrieb für die nächste Saison umstellen“

Gabriele Schmack, Kanutouren im Wilden Süden e. K., Münsingen

Leider, so berichtet Gabriele Schmack, ist dies aber nur noch in dieser Saison möglich. „Ab dem kommenden Jahr können wir keine Kanutouren mehr anbieten“, teilt die Unternehmerin mit. „Deshalb müssen wir unseren Betrieb für die nächste Saison umstellen.“

Grund hierfür sind weiter verschärfte Naturschutzauflagen und der immer niedrigere Wasserstand der Lauter. „Es ist für uns eine große Herausforderung, dem Naturschutz gerecht zu werden“, sagt Gabriele Schmack. Sie will ihren Fokus künftig voll auf das Bootshaus legen. Den Biergarten mit seinem Schwerpunkt auf regionalen Erzeugnissen und veganen Speisen möchte sie weiterführen.

Liegestühle am Reutlinger StattstrandEntspannen am Wasser: Der #Stattstrand an der Echaz liegt nur ein paar Meter von der Reutlinger Stadthalle entfernt. Foto: PR

Urlaubsfeeling mitten in der Stadt
Erneuter Ortswechsel. Reutlingen hat mit dem #Stattstrand seit drei Jahren eine besondere Pop-up-Location in der Innenstadt, direkt an der Echaz. Besucherinnen und Besucher können hier die Sommertage entspannt ausklingen lassen: bei Wasserrauschen, in bequemen Liegestühlen, mit Drinks und Snacks sowie chilliger Lounge-Musik. „Unsere Location hat sich mittlerweile als ein Ort der Begegnung etabliert, der Urlaubsflair in die Stadt bringt“, sagt Betreiber Uwe Grauer.

„Die Resonanz war überwältigend“

Uwe Grauer, #Stattstrand, Reutlingen

Entstanden ist der #Stattstrand während der Corona-Zeit. Als das Reisen nur eingeschränkt möglich war, bot er den Gästen eine Möglichkeit, den Sommer vor der Haustür zu genießen. „Die Resonanz war überwältigend“, so Grauer. Sehr schnell wurde der #Stattstrand zu einem beliebten Treffpunkt für Einheimische und Auswärtige. In den Sommermonaten richten sich die Öffnungszeiten nach dem Wetter und den Temperaturen. Sobald die Sonne scheint und die Bedingungen stimmen, werden die Gäste unter der Woche ab 17 Uhr, am Wochenende ab 15 Uhr willkommen geheißen. Dabei begeistert die besondere Atmosphäre am Echaz-Ufer nicht nur die Gäste, sondern auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort.

Auflagen und Genehmigungen
Diese jedoch sehen sich bei der Arbeit am Wasser auch mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. So müssen Geschäftsführer Uwe Grauer und sein Team bestimmte Rahmenbedingungen einhalten, die die Stadt Reutlingen vorgibt. Insbesondere in Bezug auf den Hochwasserschutz sind Genehmigungen erforderlich. Festverbaute Objekte müssen auf Stelzen stehen, um im Falle eines Hochwassers den Wassermassen Platz zu bieten. Bewegliche Objekte wie Liegestühle müssen außerhalb der Öffnungszeiten sicher verstaut werden, Tag für Tag. Müll darf auf keinen Fall in der Echaz landen.

Auch die Logistik erfordert besonderen Einfallsreichtum, weil Lagerräume und Spülmöglichkeiten vor Ort nur in sehr begrenztem Umfang vorhanden sind. Für beide Fälle wird auf das in der Nähe gelegene Restaurant Alexandre zurückgegriffen, das ebenfalls von Uwe Grauer und seiner Firma, der UG-Gastro-Holding GmbH, betrieben wird. Speisen und Getränke müssen akribisch im Voraus geplant werden, sodass der #Stattstrand eine Art Just-in-time-Bewirtung anbietet. /

(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 8+9/2023.)