Statements

„Die Zahl der Bewerbungen sinkt“

Wie erleben Unternehmen derzeit die Suche nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern? WNA hat in der Region nachgefragt.

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„Wir würden gern mehr selbst ausbilden“

Ingo Hänel, Geschäftsführer der Schuh-Beck GmbH, Römerstein-Böhringen

Früher hat man eine Anzeige in der Zeitung geschaltet und schon gingen Bewerbungen ein. Das funktioniert heute nicht mehr. Wir sind stärker digital unterwegs denn je, arbeiten mit Flyern, kooperieren mit der Agentur für Arbeit – und beobachten trotzdem, dass die Zahl der Bewerbungen sinkt. Da gibt es natürlich standortabhängige Unterschiede, aber mit Blick auf das nicht ganz junge Durchschnittsalter der Fachkräfte im Schuhhandel gibt uns das zu denken, denn schon während der Corona-Pandemie sind viele Schuhfachverkäuferinnen in Rente gegangen.

Wir würden gern mehr ausbilden, um diesem Trend gegenzusteuern, aber das ist leider nicht so einfach. Idealerweise soll eine Vollzeitkraft die Auszubildenden betreuen, doch die meisten unserer altgedienten Verkäuferinnen arbeiten in Teilzeit. Wir sind daher umso glücklicher über motivierte Quereinsteiger: Wer Freude an der Arbeit mit unseren Kunden und Produkten mitbringt, kann sich das nötige Fachwissen bei uns unkompliziert intern aneignen. /

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„Gute Fahrer sind heiß umkämpft“

Sven Hess, Geschäftsführer der Betz International GmbH, Sonnenbühl

Als Frachtführer trifft uns der Fachkräftemangel gleich doppelt. Da die meisten Logistiker diese Leistungen großteils über Subunternehmen zukaufen, haben auch erfahrene Fachkräfte oft nur wenig Erfahrung in unserem Bereich. In der Administration setzen wir daher vermehrt auf Ausbildung, zeigen in den sozialen Medien Präsenz, machen auf Messen und mit Trikotwerbung bei Sportvereinen auf uns aufmerksam. Bei den Fahrern geht diese Strategie aber nur bedingt auf. Kein Wunder: Gute Fahrer sind heiß umkämpft.

Erschwerend kommt hinzu, dass wir feste Linien betreiben. Wenn die wechseln, ist das mit einem festen Lebensmittelpunkt schwer zu vereinen. Viele unserer Fahrer kommen daher inzwischen aus dem Ausland. Wir stellen ihnen den festen Wohnsitz, aber der kann eben heute in Düsseldorf und in ein paar Wochen in Hamburg sein. Aktuell können wir unseren Arbeitskräftebedarf so zwar gut decken, aber wir sehen auch, dass wir unser Einzugsgebiet immer wieder ausweiten müssen, um neue Fahrer zu finden. /

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„Als Familienbetrieb legen wir großen Wert aufs Betriebsklima“

Peter Joneitis, Geschäftsführer der Otto Bitzer GmbH, Albstadt

Wenn ich höre, wie viele Betriebe derzeit händeringend nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern suchen, habe ich manchmal fast ein schlechtes Gewissen: Wir sind in der charmanten Lage, dass wir offene Stellen problemlos besetzen können. Gerade bei den technischen Beschäftigten kommt uns da aber auch die besondere Konstellation zugute, die wir als Handelshaus haben. Wir sind spezialisiert auf Zerspanungsbetriebe mit eigener Produktion und bieten daher Fachkräften aus diesem Bereich die Möglichkeit, sich neu zu orientieren, etwa von der Maschine ins Büro oder in den Vertrieb.

Außerdem haben wir eine sehr geringe Fluktuation. Ich glaube, das liegt vor allem daran, dass wir als Familienbetrieb großen Wert aufs Arbeitsklima legen. Bei uns gibt es nicht nur viele gemeinsame Events, sondern zum Beispiel auch weiterhin Homeoffice ohne Pflichttage. Solange die Position es zulässt, kann man bei uns in Absprache mit den Vorgesetzten von fast überall aus arbeiten – so wie es der eigenen Lebensplanung gerade entspricht. /

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„Die Human Resources sind unser wertvollstes Gut“

Alexandra Mollenkopf, Geschäftsführerin der Flink + Fleißig GmbH, Reutlingen

Wir sind im Bereich soziale Dienstleistungen tätig – und vorrangig für die öffentliche Hand, für Krankenkassen, Pflegekassen und Jugendämter. Aus diesem Grund geben uns Fachkräftekataloge vor, welche Mitarbeiter wir in welchen Hilfemaßnahmen einsetzen dürfen. Da das dieselben Fachkräfte sind, die auch an vielen anderen Stellen gebraucht werden – zum Beispiel Pflegefachkräfte, Erzieher, Sonder- und Sozialpädagogen –, ist es nicht immer leicht, offene Stellen zu besetzen.

Aber ich muss auch ganz ehrlich sagen: Im Moment ist unser Bewerbungseingang wirklich gut. Ich glaube, das liegt unter anderem daran, dass wir uns ganz bewusst fragen, wie wir Arbeitsplätze attraktiv gestalten können. Deshalb haben wir inzwischen nicht nur ein Prämiensystem, sondern auch eine betriebliche Zusatzkrankenversicherung und flexible Arbeitszeitmodelle eingeführt. Außerdem ist uns der Umgang auf Augenhöhe extrem wichtig: Die Human Resources sind unser wertvollstes Gut und so müssen wir auch mit ihnen umgehen. /

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„Ein guter Ruf als Arbeitgeber ist das stärkste Argument“

Selina Taut, Geschäftsführerin des Gasthofs Linde, Albstadt

In der Gastronomie ist der Fachkräftemangel schlimmer denn je. Wir haben schon viel Geld in Werbung investiert, in den sozialen Medien und in der Zeitung, aber eine Restaurantleitung oder ein stellvertretender Küchenchef sind so nicht aufzutreiben. Was uns da am meisten hilft, ist Mund-zu-Mund-Propaganda. Ein guter Ruf als Arbeitgeber ist das stärkste Argument.

In unserer Branche geht es dabei nicht nur um die faire Bezahlung, sondern auch um die Arbeitszeiten. In der Gastronomie gibt es ja den Teildienst, bei dem man von morgens bis etwa 14 Uhr arbeitet und dann bis 17 Uhr Pause hat, bevor es weitergeht. Damit sich das niemand mehr antun muss, haben wir mehr Köche eingestellt. Und wir haben den Sonntag zum Ruhetag erklärt. Noch vor wenigen Jahren wäre das für ein Gasthaus wie unseres undenkbar gewesen – und die Entscheidung ist uns auch nicht leichtgefallen. Gelohnt hat sie sich aber definitiv, denn so konnten wir zwei Familienväter für unsere Küche gewinnen. /

(Diese Statements erschienen in der WNA-Ausgabe 12/2023+1/2024.)